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News zum Russland-Ukraine-Krieg: Das geschah in der Nacht zu Sonntag (27. November)

Rettungskräfte an einem von einem russischen Raketenangriff schwer beschädigten Haus

Rettungskräfte an einem von einem russischen Raketenangriff schwer beschädigten Haus

Foto: STRINGER / REUTERS

Was in den vergangenen Stunden geschah

Bei erneuten russischen Raketenangriffen auf das Gebiet um die ukrainische Industriestadt Dnipro sind offenbar mindestens 13 Menschen verletzt worden. Das teilte der Militärgouverneur der Region Dnipropetrowsk, Walentyn Resnitschenko, am Samstag mit. Das Gebiet sein von fünf russischen Angriffen mit Mehrfachraketenwerfern und schwerer Artillerie getroffen worden.

Neben Dnipro traf es am Samstag auch die Kleinstadt Tschassiw Jar im ostukrainischen Gebiet Donezk. Auf der Gegenseite beklagten die moskautreuen Milizen einen Toten und einen Verletzten durch den ukrainischen Beschuss der Großstadt Donezk.

Derweil sind nach heftigen russischen Angriffen weiter Millionen Menschen in und um Kiew ohne Elektrizität – und am Sonntag werden in der ukrainischen Hauptstadt heftige Schneefälle erwartet, die Temperaturen sinken unter den Gefrierpunkt. Der Netzbetreiber Ukrenergo erklärte, die Stromerzeuger seien nur in der Lage, drei Viertel des Bedarfs zu decken, weswegen es im ganzen Land zu Einschränkungen und Stromausfällen komme.

Bereits zum dritten Mal binnen einer Woche tauschten Russland und die Ukraine unterdessen Kriegsgefangene aus. »Uns ist es gelungen, zwölf unserer Leute zu befreien«, teilte der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, am Samstag mit. Moskau bestätigte den Austausch von neun Soldaten mit russischer Staatsangehörigkeit.

Das sagt Kiew

Russland und die Ukraine ringen nicht nur auf dem Schlachtfeld miteinander. Es geht auch darum, die eigene Lesart des Konflikts international durchzusetzen. Das zeigt sich auch beim Blick auf die globale Lebensmittelkrise. Hierbei zielen beide Länder verstärkt auf die armen Länder in Afrika und Asien ab, die sich noch nicht eindeutig positioniert haben.

Die Ukraine will nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj mithilfe der westlichen Industriestaaten Getreide für 150 Millionen Dollar an jene Länder liefern. »Ernährungssicherheit ist eines der Schlüsselelemente globaler Stabilität«, sagte der 44-Jährige am Samstagabend in seiner täglichen Videoansprache. Das Programm »Getreide aus der Ukraine« – englisch unter dem Namen »Grain from Ukraine« vermarktet – präsentierte er als wichtigen Schritt zur Bekämpfung der weltweiten Lebensmittelkrise.

Nach dem Ende der russischen Seeblockade habe die Ukraine über ihre Schwarzmeerhäfen bereits zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel in 40 Länder verschifft. Laut Selenskyj bereitet das Land 60 Getreideschiffe für arme Länder vor. Finanziell unterstützt mit 150 Millionen Dollar werde Kiew dabei von mehr als 20 Ländern.

Das sagt Moskau

Russland hatte zuletzt dem Westen die Schuld an der weltweiten Lebensmittelkrise gegeben. Seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine stellte Kremlchef Wladimir Putin als Abwehr westlicher Hegemonieansprüche dar. Russland versucht nach Experteneinschätzungen so, sich an die Spitze der Antikolonialbewegung zu setzen und die Sympathien der ärmeren Länder zu gewinnen.

Internationale Reaktionen

Estlands Verteidigungsminister Hanno Pevkur sieht Russland auch nach neun Monaten Krieg nicht entscheidend geschwächt. »Wir müssen ehrlich und klar sein: Die russische Marine und die russische Luftwaffe sind mehr oder weniger so groß wie vor dem Krieg«, sagte Pevkur der Nachrichtenagentur dpa. Zwar hätten die russischen Landstreitkräfte deutlich an Kraft verloren, würden aber »eher früher als später« den Umfang vor dem 24. Februar haben oder sogar größer sein.

Er erwarte zudem, dass Russland aus dem Kriegsverlauf lernen werden. »Das bedeutet, sie werden in den kommenden Jahren mehr in die Fähigkeiten investieren, die aus ihrer Perspektive in der Ukraine erfolgreich waren«, sagte Pevkur. »Wir haben keinen Grund zur Annahme, dass die Gefahr durch Russland irgendwie geringer oder die Bedrohung für die Nato reduziert ist.«

Pevkur warnte vor »Kriegsmüdigkeit« westlicher Staaten. »Genau das will Russland erreichen, und darum sagen wir, dass sie es nicht eilig haben. Definitiv ist Russland bereit, länger zu leiden.« Er gehe davon aus, dass Russland »von der Mentalität her zu einem langen Krieg bereit ist«. Allerdings wolle die Führung in Moskau angesichts schwerer Verluste bei den Landstreitkräften – womöglich inzwischen 50 Prozent – »eine Art Pause«, um Kräfte neu zu sammeln. Erst im Frühling werde erkennbarer, wie lange der Krieg dauern könne. Pevkur: »Werden es Jahre? Schwer zu sagen.«

Die Nato lobte derweil ausdrücklich Deutschlands bisherige Rolle bei der Unterstützung der Ukraine. »Deutschlands starke Unterstützung macht einen entscheidenden Unterschied«, sagt Nato-Chef Jens Stoltenberg der »Welt am Sonntag«. »Die Waffenlieferungen aus Deutschland retten Leben. Wir alle müssen unsere Unterstützung für die Ukraine aufrechterhalten und verstärken.« Falls Putin den Krieg gewinnen würde, so würden er und andere Despoten auch weiterhin Gewalt einsetzen, um ihre Ziele zu erreichen, sagt Stoltenberg weiter. »Das kann mehr Krieg und mehr Leid bedeuten. Das würde unsere Welt noch gefährlicher machen. Es ist in unserem eigenen Interesse, dass die Ukraine sich durchsetzt.« Der beste Weg, den Frieden zu unterstützen sei, die Ukraine zu unterstützen.

Der Chef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, fordert angesichts der vermehrten russischen Angriffe auf die lebenserhaltenende Infrastruktur der Ukraine mehr europäische Solidarität bei der Unterbringung ukrainischer Geflüchteter. »Wenn jetzt über den Winter hinweg weitere Ukrainer durch die russischen Bombardements und Angriffe gezwungen werden zu fliehen, dann muss das westliche Europa mehr Verantwortung übernehmen«, sagte der CSU-Chef der »Bild am Sonntag«. »Diese beispiellose Herausforderung muss von allen EU-Staaten solidarisch getragen werden.«

Dem UNHCR zufolge haben bislang rund 7,9 Millionen Menschen (Stand 22. November) aus der Ukraine wegen des Kriegs seit dem 24. Februar im Ausland Schutz gesucht. Davon sind laut Innenministerium 1.027.789 Menschen in Deutschland registriert. In Frankreich (rund 119.000), Italien (rund 173.000) oder Spanien (rund 154.000) sind laut UNHCR zufolge deutlich weniger gezählt worden, Polen hat mit mehr als 1,5 Millionen ukrainischen Geflüchteten die meisten aufgenommen.