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Nicht mit Beitragsgeld zocken: Grüne und DGB kritisieren Lindners Aktienrente scharf

Nicht mit Beitragsgeld zocken Grüne und DGB kritisieren Lindners Aktienrente scharf

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Mitte Januar erklärt Finanzminister Lindner sein Konzept des Generationenkapitals vor Studierenden.

(Foto: picture alliance / photothek)

Nur langsam wird klar, wie die von Finanzminister Lindner geplante Aktienrente aussehen soll. Kritik gibt es aber bereits jetzt massiv. Die Grünen-Fraktion verweist auf das Schicksal eines norwegischen Aktienfonds, der Deutsche Gewerkschaftsbund stört sich an der Idee, Rentenbeiträge zu investieren.

Je mehr Details über die geplante Aktienrente bekannt werden, desto hitziger wird die Debatte über das Projekt. Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte, der geplante Investitionsfonds für die Aktienrente solle zunächst 15 Jahre lang befüllt werden und könne dann Ende der 2030er-Jahre erstmals einen Effekt im gesetzlichen Rentensystem haben. Der DGB äußerte in drastischen Worten Kritik an dem Vorhaben.

Die Aktienrente soll zur Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen. Geplant ist ein Fonds, dessen Mittel eine öffentlich-rechtliche Stiftung verwaltet und möglichst gewinnbringend anlegt. Viele Details des Projekts sind noch unklar; einen Gesetzentwurf hat die Regierung bisher nicht beschlossen.

Dieses Jahr stellt der Bund zehn Milliarden Euro für den Kapitalstock des Fonds zu Verfügung. Der FDP-Politiker Lindner bekräftigte seine Auffassung, dass weitaus mehr Geld nötig sei: "Einmalig zehn Milliarden bringt nichts. Sondern es muss dauerhaft laufen", sagte er in einer Diskussion mit Studierenden der Privathochschule Frankfurt School of Finance and Management. Lindner sprach von einer "Ansparphase" von 15 Jahren, in denen der Fonds mit mindestens zehn Milliarden Euro jährlich befüllt werden solle. In dieser Zeit werde kein Geld entnommen. So lasse sich "mehr als drei, vier Prozent Rendite" erzielen und am Ende stehe der Fonds mit einem "signifikanten dreistelligen Milliarden-Euro-Betrag" da. Ende der 2030er-Jahre könne der Fonds dann durch seine Anlagestrategie so hohe Erträge erzielen, dass dies einem Prozentpunkt des Rentenbeitragssatzes entspreche.

Grünen-Fraktion gegen Renten-Experimente

Die Grünen-Fraktion äußerte sich skeptisch. Der Plan, "die Rente in Deutschland schon in 10 bis 15 Jahren durch Anlagen auf dem Kapitalmarkt zu stabilisieren", berge im aktuell schwierigen wirtschaftlichen Umfeld "hohe Risiken", warnte Fraktionsvize Andreas Audretsch. Er verwies ausdrücklich auf den Verlust von mehr als 150 Milliarden Euro, den der norwegische Staatsfonds für 2022 vermeldete. Dies sei "ein Warnsignal auch für die Debatte um die Aktienrente", erklärte Audretsch. "Wir stehen zum Koalitionsvertrag, aber sind für Experimente bei der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu haben."

Deutlich kritischer äußerte sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Dass überhaupt Aktien nötig seien, um die gesetzliche Rente zukunftsfest zu machen, sei "realitätsferne Schwarzmalerei", sagte Vorstandsmitglied Anja Piel der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Lindner wolle Beschäftigte in die Arme der privaten Versicherungswirtschaft treiben. Piel kritisierte zudem Äußerungen Lindners, wonach mittelfristig auch Geld aus den Rentenbeiträgen in den Fonds der Aktienrente gesteckt werden könnten. "Sollte der Finanzminister weiter davon träumen, für sein Projekt der Aktienrente mit dem Geld der Beitragszahler zu zocken, kann er sich warm anziehen", sagte sie und drohte mit dem "erbitterten Widerstand aller Gewerkschaften". Lindner sagte in Frankfurt, ihm gehe es um eine freiwillige Lösung. Er könne sich vorstellen, dass sich die Beitragszahlerinnen und -zahler an dem Fonds "individuell beteiligen".

FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer warf der Gewerkschafterin eine fehlerhafte Argumentation vor. "Positionen wie die des DGB zeigen deutlich, dass irrationales, unsachliches Agieren das Armutsrisiko Nummer eins für die deutsche Gesellschaft ist", erklärte er. Die Aktienrente solle von "der etablierten und vertrauenswürdigen Kenfo" gemanagt werden, dem Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung. Damit würden auch entsprechende Anlagerichtlinien gelten.

"Wer daher im Zuge der Aktienrente von 'Spekulation' oder 'Zocken' spricht, offenbart nicht nur seine Ahnungslosigkeit, sondern auch einen fehlenden Weitblick für notwendige Reformen", urteilte Meyer.