Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Nobelpreis für Klick-Chemie: Die Molekül-Bastler

Es ist noch eine junge Technologie, doch bereits weit verbreitet: die Klick-Chemie. Ihre drei Entdecker und Entwickler werden mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet. Ihre bahnbrechende Arbeit könnte auch in Zukunft zu neuen Behandlungsmethoden bei Krankheiten führen.

Hört sich wie ein Modellbaukasten für Kinder an: Klick-Chemie. Einfach zusammenstecken, fertig. Und so ähnlich ist auch das, wofür drei Forscher nun den Chemie-Nobelpreis erhalten haben. Sie entwickelten Wege, wie man möglichst einfach Biomoleküle nach Wunsch zusammenbauen kann.

Der 68 Jahre alte Morten Meldal aus Dänemark und der 81-jährige Barry Sharpless aus den USA gelten als Vordenker der sogenannten Klick-Chemie. Für Sharpless ist es schon der zweite Nobelpreis, womit er nur einer von fünf Menschen ist, dem dies gelang. Die 56 Jahre alte US-Amerikanerin Carolyn Bertozzi von der US-Universität Stanford entwickelte schließlich die Klick-Chemie entscheidend weiter und wendete sie in lebenden Organismen an. Sie ist erst die achte Frau, die einen Nobelpreis erhält.

Biomoleküle zusammenbauen können Chemiker schon länger - doch oft sind dafür viele Schritte notwendig. Und jeder Schritt kann den Vorgang ineffizienter machen. "Chemiker erreichen oft ihre herausfordernden Ziele, aber der Weg kann sowohl zeitaufwendig als auch teuer sein", schreibt das Nobelkomitee. Die Arbeit der Forscher habe "zu einer Revolution in der Art und Weise geführt hat, wie Chemiker über die Verknüpfung von Molekülen denken".

"Fast so, wie es klingt"

imago0170464604h.jpg
imago0170464604h.jpg

Klick-Chemie "hat die Art und Weise revolutioniert, wie wir Moleküle im lebenden Körper analysieren oder sehen können", sagte Olof Ramström, Mitglied des Nobelkomitees.

(Foto: IMAGO/TT)

Bei der Klick-Chemie werden bestehende Gerüste aus Kohlenstoff genutzt. "Klick-Chemie ist fast so, wie es klingt", sagte Johan Åqvist, Vorsitzender des Nobelkomitees für Chemie, bei der Bekanntgabe der Entscheidung. "Stellen Sie sich vor, Sie könnten kleine chemische Schnallen an verschiedene Arten von Bausteinen anbringen. Dann könnten Sie diese Schnallen miteinander verbinden, um Moleküle von größerer Komplexität und Variation zu erzeugen." Es ist wie bei einer Rucksack-Schnalle, bei der ein Teil genau in das andere Teil passt. "Klickt" es einmal, ist die Verbindung fest. Den drei Forschern gelang es, diese Schnallen zu erschaffen.

Die Idee zu den zusammensteckbaren Molekülen hatte zuerst Sharpless. Fast zeitgleich, aber unabhängig von ihm stellte der Däne Meldal im Jahr 2002 die erste Klick-Reaktion vor, welche die Idee in die Realität umsetzte. "Als diese Reaktion entdeckt wurde, war es, als würden sich die Schleusen öffnen", sagte Olof Ramström, Mitglied des Nobelkomitees für Chemie, in einem Briefing nach der Bekanntgabe der Preisträger. "Wir haben sie überall eingesetzt, um alles zu bauen."

Bei dem Prinzip von Meldal und Sharpless wird jedoch Kupfer verwendet, das im menschlichen Körper schädlich ist. Bertozzi verbesserte die Klick-Technik und verzichtete auf die giftigen Kupferionen. Das Praktische daran: Dank ihrer Weiterentwicklung konnten bestimmte Vorgänge im Körper sichtbar gemacht werden, welche Forschern zuvor verborgen waren. Denn dank der Klick-Technik konnte Bertozzi Farbstoffe an Zuckerketten anheften, die auf der Oberfläche von Zellen sitzen. Ihre Arbeit "hat die Art und Weise revolutioniert, wie wir Moleküle im lebenden Körper analysieren oder sehen können", so Ramström.

"Klick-Chemie noch in der Anfangsphase"

Die von Bertozzi entwickelte bioorthogonale Markierung wird heute etwa bei Krebstherapien genutzt. In der Krebsmedizin findet dabei ein spezifischer Antikörper eine Tumorzelle. In einem zweiten Schritt bindet per Klick-Reaktion ein Molekül an den Antikörper, das beispielsweise die Krebszelle zerstören kann.

"Das Feld der Klick-Chemie befindet sich noch in der Anfangsphase", sagte Bertozzi nach der Nobelpreis-Bekanntgabe gegenüber der "New York Times". Sie fügte hinzu, dass es "viele neue Reaktionen zu entdecken und zu erfinden" gäbe. Nobelkomitee-Vorsitzender Aqvist merkte an, dass die Klick-Chemie mittlerweile "für den Aufbau von Arzneimittelmolekülen, Polymeren, neuen Materialien und vielen anderen Dingen" verwendet wird.

Die beiden prämierten Methoden hätten "längst einen festen Platz im Instrumentarium der biomedizinisch und pharmazeutisch arbeitenden Unternehmen und Institute errungen", teilte auch der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) mit. In vielen Forschungslaboren gehört Klick-Chemie mittlerweile zum Standard. Aubry Miller, Leiter der Arbeitsgruppe Wirkstoffforschung am Deutschen Krebsforschungszentrum, drückt es so aus: "Auf Konferenzen zu chemischer Biologie hat jeder Vortrag etwas mit Klick-Chemie zu tun."