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Panzertalk bei Anne Will: "Die Ukraine wird am Tropf gehalten"

Die Bitten und Forderungen der Ukraine wurden erhört: Das angegriffene Land bekommt Kampfpanzer aus Deutschland und anderen Ländern, das steht seit letzter Woche fest. Anne Will möchte von ihren Gästen wissen, ob die Lieferung zu spät kommt - und was danach kommen könnte.

Es hat sehr lange gedauert, bis Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch vergangener Woche im Bundestag die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern an die Ukraine begründete: Man habe gemeinsam mit den Verbündeten gehandelt. Auch die USA hatten Panzerlieferungen an die Ukraine versprochen.

Scholz war in den letzten Tagen für seine Entscheidung heftig kritisiert worden. Er habe zu lange gezögert, Deutschlands Ruf bei den westlichen Partnern habe gelitten, hieß es.

Diese Kritik kann Georg Mascolo, Autor bei der Süddeutschen Zeitung, so nicht nachvollziehen. Bei Anne Will in der ARD sagt der Journalist am Sonntagabend, der Ansatz des Kanzlers sei gewesen, Waffen zu liefern, aber nicht ohne die Amerikaner. Doch auch US-Präsident Joe Biden habe mit einer entsprechenden Entscheidung gezögert. "Dann tut Scholz etwas Ungewöhnliches: Er setzt die Amerikaner unter Druck - und erreicht, dass die ihre Entscheidung revidieren." Letztendlich sei so die Lieferung zustande gekommen. Allerdings glaubt Mascolo, durch die Diskussion sei zu viel Zeit vergeudet worden.

Militärexperte Carlo Masala kritisiert den Schaden, der durch das Zögern des Kanzlers angerichtet worden sei, vor allem mit Blick auf Polen und die baltischen Staaten. Zudem sei es falsch gewesen, dass der Kanzler Lieferungen von Leopard-2-Panzern durch andere Staaten nicht erlaubt habe.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert verteidigt den Bundeskanzler. Das ist auch seine Aufgabe. Scholz habe in den letzten Monaten immer klar gesagt, was die Parameter seien, an denen er seine Entscheidungen orientiere: "Er hat immer wieder Bezug darauf genommen, dass die NATO und auch Deutschland nicht Kriegspartei werden dürfen, dass wir unsere eigene Verteidigungsbereitschaft bewahren müssen und dass wir uns im Kreise unserer Partner nicht isolieren, sondern immer abgestimmt vorgehen." In diesem Rahmen seien die Waffenlieferungen an die Ukraine weiterentwickelt worden. Nun werde gefordert, "der Kanzler soll immer zwischendurch Wasserstandsmeldungen abgeben, weil man sonst nicht in seinen Kopf hineinschauen kann. Aber sorgt das für mehr Entscheidungsfreudigkeit?" Die anzumahnen, sei ohnehin unnötig, weil Deutschland Material im Wert von mehr als drei Milliarden Euro an die Ukraine geliefert habe und damit zusammen mit Großbritannien und hinter den USA auf Platz zwei liege.

"Die Ukraine hängt am Tropf"

Eine sehr weitgehende Kritik an deutschen Waffenlieferungen hat die deutsch-ukrainische Publizistin Marina Weisband: Sie kämen meist zu spät. Die jetzt versprochenen Lieferungen von 80 Kampfpanzern seien ein Tropfen auf den heißen Stein. "Die Ukraine wird am Tropf gehalten. Sie bekommt zu viel zum Sterben, aber zu wenig zum Leben." Wichtig sei aber, den Krieg in der Ukraine so schnell wie möglich zu beenden. Und das ist ihrer Meinung nach nicht, was die USA und Deutschland wollen. "Ich möchte sogar sagen, das Ziel ist, dass die Ukraine nicht verliert, aber dass der Krieg noch möglichst lange dauert, vielleicht um Russland zu schwächen." Sollte Deutschland jedoch ein schnelles Ende des Krieges wollen, müssten so schnell wie möglich so viele Waffen wie nötig geliefert werden.

Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler wünscht sich auch ein schnelles Ende des Krieges, aber nicht durch weitere Waffenlieferungen. Sie setzt auf Verhandlungen, auch mit Drittstaaten wie China oder Indien. Außerdem möchte sie Gespräche zu Einzelpunkten wie einem Getreideabkommen, um damit Friedensverhandlungen vorzubereiten.

Das sieht auch Mascolo so, zumindest in der Theorie. "Aber ich wüsste überhaupt nicht, worüber im Augenblick zu verhandeln wäre", sagt er. Dennoch müsse man feststellen, dass der russische Präsident Putin schon wieder gescheitert sei. Putin habe auf einen Wutwinter gehofft und darauf, dass die westliche Allianz bröckeln werde, und das sei nicht passiert. "Jetzt ist die Hoffnung, dass Putin irgendwann erkennt, dass er einen Sieg auf diesem Schlachtfeld nicht davontragen kann. Ich fürchte aber, dass er bereit ist, noch sehr lange so weiterzumachen."

Das glaubt auch Militärexperte Masala. Darum weist er auf einen entscheidenden Punkt bei den Waffenlieferungen hin: Es reiche nicht, lediglich die Systeme zu liefern, man müsse auch an die Munition denken.

Keine Flugzeuge an die Ukraine

Da gibt ihm Kevin Kühnert recht: "Wir müssen auch an die Soldaten denken, die sich fragen, womit sie ihren Job noch machen können. Es ist ja nicht so, dass wir hier über volle Lager sprechen. Und wenn wir jetzt über Flugzeuge reden, dann reden wir über Schimären, weil die Situation der Munition hier noch prekärer ist als an anderen Stellen."