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„Preisschild ohne Instrument“ – Merz kritisiert Pläne der Bundesregierung

Die Unionsfraktion im Bundestag hat die Pläne der Bundesregierung für eine Gaspreisbremse grundsätzlich begrüßt, vermisst aber Klarheit bei den Plänen. Es bleibe „völlig offen“, wie die Gas- und die schon länger geplante Strompreisbremse gestaltet werden sollen, sagte Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) am Donnerstag in Berlin. Mit der Ankündigung eines über Schulden finanzierten, 200 Milliarden Euro schweren Abwehrschirms in der Energiekrise gebe es nun „ein Preisschild ohne Instrument“.

Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kritisierte fehlende Details in den Plänen der Bundesregierung. Anders als von Kanzler Olaf Scholz (SPD) gesagt, sehe er „überhaupt keinen Doppel-Wumms, sondern diese Entscheidung hinterlässt doppelte Fragezeichen“. Es sei zudem „befremdlich“, dass die Opposition erst nach der Pressekonferenz mit Scholz über die Pläne informiert worden sei.

Merz erwartete einen „ziemlich langen“ Gesetzgebungsprozess, bis die Pläne der Bundesregierung umgesetzt seien. Die Union werde sich einer Zusammenarbeit nicht verschließen, ihre Zustimmung oder Ablehnung aber von den konkreten Gesetzentwürfen abhängig machen, sagte der CDU-Chef.

Die Bundesregierung hatte zuvor die umstrittene Umlage für alle Gaskunden gekippt und sich auf die Einführung einer Gaspreisbremse geeinigt. Die Maßnahmen bezeichnete Scholz als „Abwehrschirm“. Dieser solle ein Volumen von bis 200 Milliarden Euro erhalten. Die Finanzierung soll über den bestehenden Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds (WSF) sichergestellt werden, über den die Summe wiederum als Kredit aufgenommen werde. Scholz stellte den Beschluss am Donnerstag zusammen mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) vor.

Der Kanzler betonte, die Preisentwicklung am Energiemarkt sei Folge des Vorgehens Russlands, das „seine Energielieferungen als Waffe“ einsetze. Spätestens mit den Zerstörungen an den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 sei klar, dass auf „absehbare Zeit“ kein Gas mehr aus Russland geliefert werden könne. „Die Preise müssen runter“, stellte Scholz mit Blick auf die gestiegenen Gaspreise fest. Mit der Gaspreisbremse würden die Preise für die Verbraucher, aber auch für die Unternehmen sinken. Die Pläne versetzten die Regierung in die Lage, auf die vorgesehene Gasumlage zu verzichten, sagte Scholz. „Sie wird nicht mehr gebraucht“. Habeck ergänzte, die Gasumlage werde nun in die „Annalen der Geschichte eingehen“.

Scholz bezeichnete die geplante staatliche Stützung der Energieversorgung und die vorgesehenen Preisbremsen als „Doppelwumms“. Damit erinnerte er an seinen Ausspruch zu staatlichen Hilfen in der Corona-Krise, als es darum ging, mit „Wumms“ aus der Krise zu kommen. „Man kann sagen, das ist hier ein Doppelwumms“, sagte Scholz. Es gehe darum, zügig und für alle schnell feststellbar, die Preise für die Energie zu senken.

Über die deutsche Unterstützung für die von Russland angegriffenen Ukraine sagte Scholz: „Wir werden unsere Solidarität fortsetzen.“ Aber Deutschland könne dabei die Krise auch so bewältigen, dass sie auch für die Bürger bewältigbar bleibe.

Habeck: Im privaten Bereich müsse der Verbrauch zurückgehen

Wirtschaftsminister Habeck sagte, es gehe um einen „Angriff von Russland“ und des „Regimes“ von Präsident Wladimir Putin „auf unsere Volkswirtschaft“. Hier ergreife die Bundesregierung mit dem Abwehrschirm nun Gegenwehr.

Er bedankte sich bei Finanzminister Lindner, dass das „große Volumen“ des „Abwehrschirms“ erbracht werden könne. Er verteidigte die gekippte Gasumlage als „wichtiges Instrument für die Versorgungssicherheit“, jetzt gebe es andere Instrumente. Der Grünen-Politiker rief erneut zum Energiesparen auf, gerade im privaten Bereich gehe der Verbrauch nicht so zurück, wie es notwendig sei. „Die Notwendigkeit, Energie einzusparen, bleibt unvermindert.“

„Wir befinden uns in einem Energiekrieg um Wohlstand und Freiheit“, betonte Lindner. Der aktuelle Beschluss sei eine „glasklare Botschaft“ an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, aber auch eine Botschaft an die Menschen im Land, dass Deutschland wirtschaftlich stark sei. Er erklärte, das Paket der Bundesregierung sei auch ein Instrument, um die Inflation zu bremsen.

Er rechtfertigte die Summe für den neuen Fonds von bis zu 200 Milliarden Euro als angemessene Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands in Verbindung mit einem Energiekrieg gegen Deutschland, sagt Lindner. Deutschland zeige hier seine „wirtschaftliche Schlagkraft“, deutsche Staatsanleihen seien weiterhin der „Goldstandard in der Welt“. Anders als Großbritannien setze Deutschland nicht auf eine „expansive Fiskalpolitik“, der reguläre Bundeshaushalt 2023 werde weiterhin mit Instrumenten der Schuldenbremse geplant. Insofern erwarte er auch, dass CDU und CSU in einer solchen Situation diesem Vorgehen zustimmen würden.

Der Krisenfonds werde das Geld ausschließlich zweckgebunden einsetzen können. Es stehe nicht für weitere Forderungen aus den Bundesländern zur Verfügung.

Habeck: Laufzeit des aktuellen Programms womöglich bis April 2024

Der Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds wurde in der Corona-Pandemie aufgebaut, um Unternehmen zu helfen. Im Sommer war er eigentlich ausgelaufen. Der nun gefundene Kompromiss soll es ermöglichen, 2023 die Schuldenbremse wieder einzuhalten. Daran hatte Lindner bis zuletzt festgehalten.

Das jetzt beschlossene Programm könnte nach den Worten von Wirtschaftsminister Habeck eine Laufzeit bis Ende des übernächsten Winters, als bis März oder April 2024 haben. Lindner betont, je besser die beschlossenen Maßnahmen griffen, desto weniger Geld der bereitgestellten 200 Milliarden Euro werde am Ende benötigt.

Die Koalitionspartner waren wegen des Ausbleibens russischer Gaslieferungen nach Deutschland im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine in den letzten Tagen unter wachsenden Druck geraten. Mit einer Gasumlage sollten ursprünglich große Gasversorger vor der Insolvenz bewahrt werden. Befürchtet wurden unter anderem aber enorme Kosten durch eine Umlage, die auf Verbraucher zukommen würden. Durch die anstehende Verstaatlichung des größten deutschen Gasimporteurs Uniper war die Umlage zusätzlich in die Kritik geraten.

Söder sieht „richtiges Signal“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bewertet den Wegfall der Gasumlage und die Einführung einer Gaspreisbremse positiv. „Das grundsätzliche Signal ist richtig, das gibt Wirtschaft und Bürgern das Vertrauen, dass wir den Winter überstehen können“, sagte er.

Er habe immer einen großen Wurf gefordert, „dies scheint der Fall zu sein“, sagte der bayerische Ministerpräsident. Abschließend könne er die Ankündigung der Ampel-Regierung aber noch nicht bewerten.

Faktum sei aber, dass zur Finanzierung 200 Milliarden Euro weitere Schulden aufgenommen werden müssten, sagte Söder. Dies müsse den Bürgern ehrlich gesagt werden. Letztlich sei es nun wichtig, dass es nach der langen Zeit des Drängens eine große Lösung gebe.

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) dagegen beklagte die Kommunikation der Bundesregierung. Es sei ein bemerkenswerter Stil, von der geplanten Gaspreisbremse „über den Ticker“ zu erfahren, sagte er. „Wir sind ein föderales System und da geht man anders miteinander um.“

Die Länder hatten sich zuvor am Mittwoch in Berlin getroffen und gemeinsame Forderungen an den Bund für das dritte Entlastungspaket formuliert. Die Sonderkonferenz der Ministerpräsidenten sollte ursprünglich der Auftakt zu anschließenden Bund-Länder-Gesprächen sein. Wegen der Corona-Infektion von Kanzler Scholz wurde die gemeinsame Runde auf den kommenden Dienstag vertagt.