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Rechtsruck in Italien: Das Horrorkabinett greift nach der Macht

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

der Wahlerfolg der italienischen Neofaschisten ist ein Schock für alle demokratisch gesinnten Europäer. 24,6 Prozent der Stimmen haben die Fratelli d'Italia von Giorgia Meloni den Hochrechnungen zufolge bei der gestrigen Parlamentswahl bekommen: Die Partei der Frau, die Mussolini einst "einen guten Politiker nannte", die gegen Homosexuelle und Migranten hetzt und in den Wochen vor der Wahl gar nicht so viel Kreide fressen konnte, dass man ihre hässlichen Ausfälle hätte vergessen können. Zu ihren Lieblingsfeinden zählen die EU und Deutschland; zu Ungarns Regierungschef Viktor Orbán pflegt sie hingegen gute Kontakte. Und diese Frau soll nun die nächste Ministerpräsidentin Italiens werden, der drittgrößten Volkswirtschaft der EU? Jedem Demokraten muss es davor grausen.

Es kommt noch dicker: Der Maulheld Matteo Salvini hat mit seiner rechtsextremen Lega-Partei 8,5 Prozent erhalten. Millionen Wähler haben sich von seinen fremdenfeindlichen Sprüchen nicht abschrecken lassen. In einer rechtsgerichteten Regierung könnte er das Innenministerium übernehmen. Dass er in dem Amt schon mal krachend gescheitert ist, wäre für den hochmütigen Lautsprecher sicher kein Hinderungsgrund. Beim zweiten Anlauf würde er es womöglich nicht dabei belassen, in Not geratene Flüchtlingsboote abzuweisen. Salvini ist ein Putin-Bewunderer und macht sich dafür stark, die Sanktionen gegen Russland aufzuheben. Mit ihm an der Regierung könnte die westliche Einheit gegen den Kriegstreiber im Kreml bald bröckeln.

Doch auch damit ist das Maß des Schreckens noch nicht voll. Denn da ist ja auch noch der Cavaliere: Der Politgreis Silvio Berlusconi hat mit seiner rechtspopulistischen Partei Forza Italia immerhin 8 Prozent der Stimmen geholt und kann dem Extremistenbündnis damit wohl die Regierungsmehrheit bescheren. Auch er versteht sich blendend mit Putin, von dem er sich einst ein Bett für Schäferstündchen kredenzen ließ. Wie man im Graubereich zwischen Politik, Wirtschaft und Medien an den Strippen zieht und dabei glänzende Geschäfte macht, weiß er aus seiner Vergangenheit als Steuerbetrüger. Die Berichte über seine Nähe zur Mafia füllten Zeitungsseiten. Nach seiner Verurteilung vor neun Jahren verkündeten die Leitartikler Berlusconis politisches Ende. Doch der alte Mann belehrt sie eines Besseren: Er ist wieder da, wie Kai aus der Kiste. Einer ziemlich muffigen Kiste.

Meloni, Salvini, Berlusconi: Die Italiener haben ein politisches Horrorkabinett gewählt. Politikwissenschaftler, Ökonomen und Soziologen beeilen sich nun, das Ergebnis in wortreichen Analysen zu erklären. Mal verweisen sie auf fünf Millionen an der Armutsgrenze lebende Italiener. Dann auf den Frust über die gescheiterte Fünf-Sterne-Bewegung. Dann auf das Misstrauen gegen Politiker, die zu lange an der Macht sind. Dann auf die naive Neigung, einfach mal einer Person eine Chance zu geben, die noch nie regiert hat. Und dann auf die Neonazi-Bewegung, die den Hooligan-Gruppen in den Fußballstadien entwachsen ist, von Politikern wie Berlusconi und Salvini hofiert wurde und ein landesweites Netzwerk in Kommunalparlamenten, Behörden und Medien errichtet hat.

Doch viele dieser Erklärungsversuche werfen mehr Fragen auf als sie beantworten. Den harten Rechtsschwenk vollständig begründen kann keine dieser Deutungen, wenn man bedenkt, dass Italien dank des Milliardensegens aus dem Corona-Hilfsfonds der EU und den Reformen der Regierung von Mario Draghi ziemlich gut aus der Pandemie herausgekommen ist und die Wirtschaft immer noch wächst. So bleibt das Wahlergebnis zu einem gewissen Grad ein Mysterium.

Umso offensichtlicher sind seine Folgen. Binnen zwei Wochen haben in zwei EU-Ländern Rechtsextremisten Wahlerfolge errungen: Im Norden können die "Schwedendemokraten" die künftige Regierung vor sich hertreiben. In Italien werden die Radikalen wohl selbst die Macht übernehmen. Und dann sind da ja auch noch der mit Korruptionsvorwürfen kämpfende Populist Viktor Orbán in Ungarn und die nationalistische Regierungspartei PiS in Polen, die den Rechtsstaat schleifen. Fast bekommt man den Eindruck, Mitteleuropa würde von Extremisten eingekreist.

Darin kann man eine Gefahr für Demokratie, Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit sehen. Oder man erkennt darin eine Chance: Wenn so viele Krisen herrschen wie gegenwärtig und die Feinde der Freiheit erstarken, ist es umso wichtiger, dass Europas Demokraten zusammenstehen und ihre Werte entschlossen verteidigen. Das gelingt jedoch nur mit konsequentem Handeln: Wer Gesetze bricht, Menschenrechte missachtet oder Minderheiten diskriminiert, darf aus Brüssel keinen einzigen Cent mehr bekommen. So lange nicht, bis er sich dem Recht beugt, das unseren Kontinent nach all den Kriegskatastrophen der Vergangenheit friedlich zusammenhält. Oder bis er abgewählt ist, weil die Menschen eben doch erkennen, dass mit Extremisten kein Staat zu machen ist.

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