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Rentenreform in Frankreich: Anspannung zwischen Bürgern und Polizei wächst

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Krawalle im Zentrum von Paris, die Polizei nimmt zahlreiche Menschen fest.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Bevor das Pariser Parlament am Montag über zwei Misstrauensanträge gegen die Regierung Macron abstimmt, tragen die Franzosen ihren Ärger über die Rentenreform noch einmal auf die Straße. Erstmals wird auch eine Raffinerie komplett heruntergefahren.

Mit neuen Demonstrationen und der verstärkten Blockade von Raffinerien haben Kritiker der umstrittenen Rentenreform in Frankreich ihrem Ärger erneut Luft gemacht. Aus Angst vor einer Radikalisierung der Proteste verbot die Pariser Präfektur jegliche Demonstrationen auf und um die Place de la Concorde sowie auf dem Boulevard Champs Elysées. Zur Begründung verwies sie auf "ernsthafte Risiken einer Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit".

Die Gewerkschaft CGT teilte mit, die größte Raffinerie des Landes in der Normandie werde langsam heruntergefahren. Damit wurde eine Schwelle überschritten: Seit dem Beginn der Proteste gegen die Rentenreform waren die Treibstofflieferanten blockiert worden, keine der sieben Raffinerien war jedoch komplett zum Stillstand gebracht worden. Der technisch aufwändige Schritt dauert mehrere Tage und dürfte zunächst nicht zu Benzinengpässen führen. CGT drohte damit, spätestens Montag zwei weitere Raffinerien im südöstlichen Lavéra und in Gonfreville-l'Orcher im Nordwesten herunterzufahren.

Mehrere Gewerkschaften hatten für das Wochenende zu Demonstrationen aufgerufen - auch aus Wut über das Vorgehen der Regierung von Präsident Emmanuel Macron, welche die Reform ohne Abstimmung in der Nationalversammlung durchsetzen will. Demonstrationen waren unter anderem in Paris, der Hafenstadt Marseille, Toulon und Montpellier geplant. In Nantes und Brest im Westen gingen tausende Menschen auf die Straße, dort war die Atmosphäre zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften angespannt.

Atmosphäre aufgeheizt

Am Freitagabend hatten sich den zweiten Abend in Folge tausende Menschen auf der Place de la Concorde in Paris versammelt, nur wenige hundert Meter von der Nationalversammlung und dem Elysée-Palast des Präsidenten entfernt. Die Atmosphäre war zunehmend aufgeheizt, nachdem sie tagsüber überwiegend friedlich gewesen war. Mehrere hundert zumeist jüngere Demonstranten bewarfen Polizisten mit Flaschen und Feuerwerkskörpern. Die Polizei setzte Tränengas ein, um den Platz zu räumen. Laut Polizeipräsidium wurden 61 Menschen festgenommen.

Auch in Lyon, Straßburg und Lille kam es am Freitag erneut zu Demonstrationen. In Lyon drangen Demonstranten in ein Rathaus ein und "versuchten, Feuer zu legen". Der Brand sei schnell gelöscht und 36 Menschen seien festgenommen worden, teilte die Präfektur mit. Andere Demonstrationen wie im nordfranzösischen Lille verliefen friedlich.

Verabschiedung per Verfassungsartikel

Die Regierung hatte am Donnerstag einen Verfassungsartikel geltend gemacht, der die Verabschiedung der Rentenreform ohne Abstimmung in der Nationalversammlung ermöglicht, wenn die Regierung anschließend eingebrachte Misstrauensanträge übersteht. Die Opposition reichte seitdem zwei Misstrauensanträge ein, über welche die Nationalversammlung nach Angaben aus Parlamentskreisen am Montag ab 16.00 Uhr beraten wird. Falls eine absolute Mehrheit der Abgeordneten dafür stimmt, ist die Rentenreform abgelehnt und die Regierung muss zurücktreten. Dann könnte Präsident Emmanuel Macron einen neuen Premierminister oder eine neue Premierministerin ernennen oder Neuwahlen ausrufen.

Eine Mehrheit für die Misstrauensanträge gilt als eher unwahrscheinlich, da die konservativen Republikaner voraussichtlich die Regierung unterstützen werden. Sollte keine absolute Mehrheit für einen Misstrauensantrag zustande kommen, ist die Rentenreform endgültig verabschiedet.

Die Rentenreform sieht vor, das Renteneintrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre zu erhöhen. Zudem soll die Mindestrente bei voller Beitragszeit auf 1200 Euro angehoben und die Beschäftigung von Senioren gefördert werden. Umfragen zufolge lehnen rund zwei Drittel der Franzosen die Reform ab.