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Russland 2024 in Paris dabei?: Ukraine denkt über Olympia-Boykott nach

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Wird es im kommenden Jahr in Paris diese Bilder nicht geben? Ukrainische Athletinnen und Athleten bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Tokio.

(Foto: picture alliance/dpa)

Das IOC möchte russische Athleten wieder zu internationalen Wettkämpfen zulassen, darunter fallen auch die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Die Idee sorgt nicht nur in der Ukraine für Befremden. Das vom Kreml überfallene Land überlegt, an dem Großereignis nicht teilzunehmen.

Für das Internationale Olympische Komitee ist die angestrebte Rückkehr der russischen Sportler zu internationalen Wettkämpfen und den Sommerspielen 2024 in Paris eine brisante und riskante Mission. Bereits am Freitag will das Nationale Olympische Komitee der Ukraine als Reaktion auf das Vorhaben bei einer außerordentlichen Generalversammlung über einen möglichen Boykott der Paris-Spiele beraten. Zum letzten Mal waren die Spiele 1980 in Moskau und 1984 in Los Angeles von Boykotten betroffen - als Folge der russischen Invasion in Afghanistan.

"Die olympischen Prinzipien und Krieg stehen in einem fundamentalen Gegensatz zueinander", teilte der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj in Kiew mit. Er veröffentlichte dazu in den sozialen Netzwerken eine Bildstrecke mit Fotos von durch den Krieg zerstörten Sportstätten der Ukraine. "Russland muss die Aggression und den Terror stoppen, und erst dann wird es möglich sein, über Russlands Teilnahme im Kontext der olympischen Bewegung zu sprechen." Selenskyj lud den deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach in die aktuell besonders umkämpfte ostukrainische Stadt Bachmut ein, um sich ein Bild von der Zerstörung zu machen. "Damit er mit eigenen Augen sieht, dass Neutralität nicht existiert."

Ukrainische Sportler müssten heute das Leben ihrer Angehörigen retten vor der russischen Aggression. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer seien durch russische Angriffe getötet worden. Bach verteidigte ungeachtet der scharfen Kritik - nicht nur aus der Ukraine - das Vorhaben. "Diese Überlegungen werden getragen - weltweit, durch eine riesengroße Mehrheit", sagte er dem ZDF. Es gebe ein Bekenntnis zur Mission der Olympischen Spiele zu vereinigen, "die letzte Brücke" zwischen Ländern aufrechtzuerhalten und "nicht noch einer weiteren Spaltung Vorschub zu leisten", sagte der 69 Jahre alte Fecht-Olympiasieger von 1976.

Eine "heikle Angelegenheit"

Zwei Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrats haben laut Bach Bedenken mit Blick auf einen weiteren Ausschluss von Russen und Belarussen geäußert. "Es geht um Menschen, die nach diesen beiden Berichterstattern die Menschenrechte genießen", sagte er. Ein Ausschluss "wegen eines Passes oder des Geburtsorts" verstoße gegen das Diskriminierungsverbot. Das IOC hat unter seiner Führung den russischen Athleten mehrfach mit ähnlichen Argumenten die Olympia-Rückkehr - ohne Fahne und Hymne - ermöglicht. Das Land war nach dem Dopingskandal bei den Winterspielen 2014 im russischen Sotschi von den nachfolgenden vier Spielen ausgeschlossen worden. Der Olympia-Bann von Russland wegen Manipulation von Dopingdaten im Moskauer Labor war am 16. Dezember 2022 ausgelaufen. Schon diese Zulassung von russischen Athleten hatte die olympische Welt gespalten.

Was wird sein, wenn der Ukraine-Krieg bis zur Eröffnung der Paris-Spiele am 26. Juli 2024 andauert? Die Interessengruppe Athleten Deutschland gab eine klare Antwort: "Mit diesem Krieg verletzt Russland die völkerrechtlichen Normen der internationalen Gemeinschaft ebenso wie fundamentale Werte der olympischen Bewegung. Ein Ausschluss Russlands aus dem Weltsport sei und bleibe deshalb folgerichtig."

Die Vereinigung der Nationalen Olympischen Komitees (ANOC) unterstützt dagegen "voll und ganz den einigenden Auftrag der olympischen Bewegung", der "insbesondere in diesen Zeiten der Spaltung, der Konfrontation und des Krieges erfüllt" werden müsse, hieß es in einer ANOC-Mitteilung. Es solle geprüft werden, wie ein Weg für russische und belarussische Athleten für eine Rückkehr in den Wettkampfbetrieb unter strengen Bedingungen gefunden werden könnte. Allerdings verhehlte die Vereinigung der 32 Sommersportarten nicht: "Es ist uns bewusst, dass es eine heikle Angelegenheit ist."

In Russland wurden Bachs Äußerungen erwartungsgemäß begrüßt - aber auch mit großer Skepsis bedacht. "Das sind sehr gute Neuigkeiten", meinte etwa Eiskunstlauf-Legende Tatjana Tarassowa. "Für unseren Sport sind Bachs Worte sehr wichtig. Endlich hat er begonnen, richtig zu denken." Zuvor hatte der Vizepräsident des russischen NOK, Igor Lewitin, gemeint: "Die olympische Bewegung hat erkannt, dass die Olympischen Spiele nicht ohne Russlands Teilnahme stattfinden können."