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Russlands brutale Milizengruppe: Wagner-Söldner töten für 10.000 Dollar Kopfgeld

Niemand geht in der Ukraine so brutal vor wie die Kämpfer der Wagner-Gruppe. Die Söldner machen die blutige Drecksarbeit für den Kreml. Die Motivation sind Geld, Haftentlassung, Macht und Einfluss.

Der "Fleischwolf" von Bachmut hat Tausende Opfer gefordert. Massenweise haben die Russen Soldaten an der Front rund um die ukrainische Stadt in der Region Donezk als Kanonenfutter geopfert. Hinter der brutalen Kriegsstrategie stecken die Kämpfer der Söldnertruppe Wagner. Sie verrichten die besonders blutige Drecksarbeit für den Kreml, um die Ukraine zu überfordern. Mehr als 4100 Tote und 10.000 Verwundete hat Wagner laut eines anonymen US-Beamten zu beklagen. Darunter alleine über 1000 Tote zwischen Ende November und Anfang Dezember an der Bachmut-Front.

Bis vor einigen Monaten hat der Kreml die Existenz der Gruppe Wagner noch geleugnet. Mittlerweile kämpfen die Söldner an vorderster Front in der Ukraine. Sie sind offiziell kein Teil der russischen Armee. "Im Grunde kann man sagen, dass Wagner eine Art Waffen-SS der russischen Armee geworden ist. Eine Truppe, die einfach zackiger ist als die schlaffe Wehrmacht, um im Bild von damals zu bleiben", vergleicht Sicherheitsexperte Joachim Weber bei ntv.

Vor allem in Afrika im Einsatz

Das erste Mal ist die Miliz 2014 in Erscheinung getreten, als Russland völkerrechtswidrig die Krim annektiert hat. In den Jahren danach waren Wagner-Kämpfer auch im Osten der Ukraine im Einsatz.

Seitdem hat sich das Einsatzgebiet auf weitere Länder ausgebreitet. Die Söldner wurden bereits in Armenien und Belarus gesichtet, auch in Venezuela, und vor allem auf dem afrikanischen Kontinent: im Sudan und Südsudan, in Libyen, Mali, Tschad, Angola, Simbabwe und Mosambik, in der Zentralafrikanischen Republik, Guinea, Guinea-Bissau, Kongo und Madagaskar.

Fast überall dort, wo Russland seine geopolitischen Interessen durchsetzen will oder aktiv Krieg führt, sind auch Kämpfer von Wagner im Einsatz. Wie in Syrien. Das reguläre russische Militär hat den IS in den vergangenen Jahren aus der Luft bekämpft, die Söldner wurden als Bodentruppen eingesetzt.

10.000 Dollar Kopfprämie

Unklar ist, wie viele Kämpfer Wagner in seinen Reihen hat. Dazu gibt es unterschiedliche Schätzungen. Die USA gehen von Zehntausenden Söldnern alleine in der Ukraine aus. Darunter sollen sich auch nicht-russische Staatsbürger befinden: Der Berliner "Tagesspiegel" hatte berichtet, dass bei den Gefechten in Bachmut zwei Deutsche verhaftet wurden, die anscheinend gut verdient haben. Einer von ihnen berichtete, dass er mit Zulagen pro Monat bis zu 7000 US-Dollar Gehalt von Wagner bekam. Für jeden getöteten Ausländer bekommt ein Söldner demnach 10.000 Dollar extra, aber nur, wenn er den Pass des Getöteten als Beweis vorlegen kann.

Auch ein US-amerikanischer, ein französischer, ein britischer und ein syrischer Söldner sollen bei Bachmut festgenommen worden sein. Das sind eindeutige Hinweise darauf, dass Wagner keine rein russische Truppe ist, wenngleich die allermeisten Söldner natürlich Russen sind.

Rekrutiert wurden 2014 zunächst Männer mit Erfahrung beim russischen Militär oder Geheimdienst. Mittlerweile kämpfen für Wagner aber auch Verbrecher und Straftäter, die mit der Aussicht gelockt werden, dass sie vorzeitig aus dem Gefängnis kommen - wenn sie denn den Einsatz überhaupt überleben. "Aus russischer Sicht ist das Kanonenfutter. Das klingt menschenverachtend und das ist es auch. Man lässt sie quasi ins Feuer laufen, um mehr ukrainische Kräfte heranzuführen und diese dann mit der eigenen Artillerie zu beschießen", erklärt Oberst Markus Reisner vom Österreichischen Bundesheer die Strategie der Russen.

Wagner als Aktiengesellschaft registriert

Nach russischem Gesetz sind private Söldner eigentlich verboten. Die Realität sieht aber anders aus: Russlands Präsident Wladimir Putin gewährt ihnen in der Ukraine offenbar freie Hand. Dadurch tritt Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin mittlerweile deutlich offener und selbstbewusster auf. Im Herbst hatte er das erste Mal öffentlich die Gründung der Gruppe zugegeben. Inzwischen haben die Söldner auch ein offizielles Hauptquartier. Das prunkvolle Wagner Technology Center steht in St. Petersburg.

Wer möchte, kann bald womöglich sogar in die brutale russische Schattenarmee investieren: Wie die BBC herausgefunden hat, wurde Wagner im Dezember als AG für "Unternehmens- und Managementberatung, Verlagswesen, Medien, wissenschaftliche Entwicklung und Leasing von Schiffen und Flugzeugen" registriert.

"Wir sehen ganz klar, dass Wagner eine immer größere Rolle spielt. Prigoschin fordert seinen Platz am Tisch ein, weil er aus seiner Sicht ganz wesentlich dazu beiträgt, dass Russland diesen Krieg weiterführen kann", analysiert Reisner die Rolle des Wagner-Chefs.

Schon seit einigen Monaten kritisiert der immer einflussreichere Söldnerchef die russische Militärführung in Moskau, gleichzeitig lobt er seine Kämpfer meist überschwänglich. Sauer war Jewgeni Prigoschin, als die russische Führung verkündet hatte, dass die Kleinstadt Soledar eingenommen wurde, die Wagner-Söldner aber nicht erwähnte. Es werde "ständig versucht, die Siege" seiner Gruppe zu stehlen, beschwerte sich Prigoschin bei Telegram. Das russische Verteidigungsministerium kuschte und veröffentlichte eine Erklärung, in der es den "Mut" der Wagner-Kämpfer in Soledar lobte.

"Prigoschin kein Konkurrent für Putin"

Mittlerweile wird sogar bereits gemutmaßt, dass Prigoschin den Einsatz in der Ukraine nutzen könnte, um sich in Stellung für höhere Aufgaben in Russland zu bringen. Angeblich sogar als Nachfolger von Wladimir Putin im Kreml.

Noch sieht ntv-Russland-Korrespondent Rainer Munz im Söldnerchef aber keinen Konkurrenten für den russischen Präsidenten. "Wagner ist finanziert von Prigoschin, aber das alles funktioniert nur, weil der Kreml das erlaubt und die Waffen aus der russischen Armee kommen. Ich sehe nicht, dass er ein Konkurrent sein kann für Putin. Wenn Prigoschin es wirklich ernst meinen wurde, hätte Putin genug Möglichkeiten, ihn sofort kaltzustellen."

Womöglich hat im Kreml sogar schon eine Art Strategiewechsel begonnen: Zuletzt soll die russische Armee in der Ukraine jedenfalls wieder vermehrt Aufgaben der Wagner-Söldner übernommen haben. Militärbeobachter wie das Institute for the Study of War sprechen davon, dass reguläre russische Soldaten die geschwächten Söldner an der Bachmut-Front teilweise komplett ersetzen sollen.

Und auch die Rekrutierung neuer Kämpfer ist anscheinend ins Stocken geraten. Von den rund 50.000 Söldnern, die in russischen Gefängnissen angeworben wurden, sollen sich nach Angaben der Nichtregierungsorganisation "Russland hinter Gittern" nur noch 10.000 bei der Truppe befinden. Die rekrutierten Häftlinge seien "getötet, verletzt, verschollen, haben sich ergeben oder sind desertiert".

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