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Russlands hybride Kriegsführung – So soll Europa destabilisiert werden

Russland führt seinen Krieg nicht nur mit Soldaten – sondern auch geheimer, weniger offensichtlich. Und Europa bietet eine breite Angriffsfläche.

Hybride Bedrohungen aus Russland richten sich gegenwärtig in unterschiedlicher Form und in unterschiedlichem Umfang gegen viele Staaten in Europa. Katja Christina Plate, Leiterin des Auslandsbüros Rumänien der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und Dr. Brigitta Triebel, Leiterin des Auslandsbüros Republik Moldau der Konrad-Adenauer-Stiftung, erklären, warum wir auch in Deutschland aufmerksam sein sollten.

Die KAS ist eine der CDU ideell nahestehende Denkfabrik, die sich unter anderem für die europäische Verständigung einsetzt.

"Hybride Bedrohungen": Dieser Begriff kommt sperrig daher. Gemeint ist, dass politische, militärische, wirtschaftliche, informationstechnologische und propagandistische Taktiken eingesetzt werden, um einen Gegner zu schwächen. Werden diese Elemente genutzt, um gezielt den Zustand von Krieg und Frieden zu verwischen, spricht man von hybrider Kriegsführung.

Russland nutzt seit Jahren diese Taktiken, um seine Ziele gegenüber europäischen Ländern und der Europäischen Union durchzusetzen. Gegen die Ukraine führt Russland mindestens seit 2014 einen hybriden Krieg.

Kreativ und koordiniert

Das Besondere an der hybriden Kriegsführung ist die Verschleierungstaktik. Die Angreifer operieren entweder anonym oder bestreiten Beteiligungen an Vorfällen und Konflikten. Sie gehen dabei äußerst kreativ und koordiniert vor, ohne die Schwelle zu einem offiziellen Krieg zu überschreiten. Eine breitere Öffentlichkeit wurde 2014 auf das Phänomen und den Begriff der hybriden Kriegsführung aufmerksam, als Wladimir Putin zu Beginn der russischen Invasion auf der Krim und später auch in der Ostukraine russische Truppen ohne Hoheitszeichen im Nachbarland Ukraine einsetzte.

Dies ist selbstverständlich völkerrechtlich verboten. Auch die Ausgabe von Pässen an die Bevölkerung auf dem Territorium eines anderen Landes, wie von Russland auf der Krim, in der Ostukraine und seit 2008 auch in Georgien praktiziert, zählt quasi zum Standardinstrumentarium der russischen hybriden Kriegsführung.

(Quelle: Kathrin Weident)

Zur Person

Katja Christina Plate leitet seit 2022 das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bukarest, Rumänien. Bis 2023 war sie zudem für das Länderbüro der Republik Moldau zuständig.

Russlands Vorgehen zeigt sich derzeit in Moldau

Hybride Bedrohungen Russlands gegen seine Nachbarländer zielten und zielen oft zunächst darauf ab, politische Entscheidungsprozesse zu manipulieren oder zu beeinflussen, sei es durch Lobbying, Einflussnahme auf politische Akteure und die Unterstützung extremistischer oder krimineller Gruppen.

Ein solches Vorgehen ist gegenwärtig in der Republik Moldau zu beobachten. Hier nutzte die prorussisch orientierte Oppositionspartei um den Oligarchen Ilan Şor die Energie- und Wirtschaftskrise, herbeigeführt durch die russische Energieblockade, und organisierte beziehungsweise finanzierte mit Hilfe aus Moskau Proteste gegen die Regierung mit teilweise bis zu 6.500 Teilnehmern in Chişinău. Es ist davon auszugehen, dass Russland darüber hinaus weitere Parteien und Einzelpersonen in der Republik Moldau finanziert und für die eigenen Zwecke nutzt.

Dieses Vorgehen zielt darauf, dass auch bei freien Wahlen genehme Kandidaten politische Führungsämter erreichen werden und so der außen- und innenpolitische Kurs Moldaus wieder von Moskau beeinflusst werden kann. Wie weitreichend die hybride Kriegsführung Russlands in Moldau ist, machte Staatspräsidentin Maia Sandu erstmalig Mitte Februar 2023 öffentlich. Sie sprach von russischen Plänen eines gewaltvoll herbeigeführten Machtwechsels.

Auch Rumänien ist ein besorgniserregender Fall

Eine besonders große Rolle im Instrumentenkasten der hybriden Bedrohungen nimmt der gezielte Einsatz von Fehlinformationen und das Manipulieren sozialer Medien ein. Oft geht es dabei darum, die öffentliche Meinung zu beeinflussen oder Spannungen in der Gesellschaft zu schüren. Verschwörungstheorien jenseits jeder sachlichen Grundlage oder wissenschaftlicher Fakten werden über soziale Medien so massiv verbreitet, dass sich Öffentlichkeit, Medien, Politik und Institutionen damit in einem Ausmaß beschäftigen müssen, das die Handlungsfähigkeit in anderen Reformfeldern beeinträchtigt oder sogar zum Erliegen bringt.

Insbesondere Rumänien erwies sich in der Europäischen Union als besorgniserregend empfänglich für gesundheitsbezogene Desinformation. Es ist das einzige europäische Land, in dem eine Mehrheit der faktisch falschen Aussage zustimmt, dass eine Covid-19 Impfung das Risiko erhöhe, vorzeitig zu sterben.

Moskau steckt sicher nicht hinter allen Verschwörungstheorien, die in den sozialen Medien aufgeblasen und verbreitet werden. Allerdings lassen sich russische Finanzströme und persönliche Verbindungen zu den europäischen rechtsextremen Parteien nachweisen, die immer wieder gezielt Verschwörungstheorien in den politischen Raum tragen. Im Falle Rumäniens ist hier die rechtsextreme Partei AUR zu nennen, die insbesondere die gesundheitsbezogenen Desinformationen rund um die Covid-19-Pandemie aufgriff und verbreitete.

(Quelle: Konrad-Adenauer-Stiftung)

Zur Person

Brigitta Triebel leitet das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Chișinău (Republik Moldau). Zuvor war die promovierte Osteuropahistorikerin und Politikwissenschaftlerin für die Stiftung in der Ukraine tätig.

Falschmeldungen über geheime US-Militärbasis

Hybride Bedrohungen können auch darauf abzielen, direkt die Verteidigungsfähigkeiten eines Landes zu untergraben. In der Regel werden hierzu Desinformationen verbreitet, um das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Streitkräfte zu schwächen oder die öffentliche Unterstützung für militärische Maßnahmen zu verringern. Das rumänische Verteidigungsministerium betreibt die Webseite "inforadar.mapn.ro", um aktuell über verteidigungsrelevante Desinformation aufzuklären.