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Scharfe Kritik aus der Union: Faeser warnt vor Stimmungsmache beim Einwanderungsrecht

Scharfe Kritik aus der Union Faeser warnt vor Stimmungsmache beim Einwanderungsrecht

Die geplante Reform des Staatsbürgerschaftsrechts stößt in der Opposition auf scharfe Kritik. Für Innenministerin Faeser wird "Stimmungsmache" einem Einwanderungsland aber nicht gerecht. Die Grünen werfen CDU und CSU ein verstaubtes Weltbild vor.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnt in der Diskussion um das Staatsangehörigkeitsrecht in Deutschland vor Ressentiments. Es habe viele Menschen "tief verletzt", dass die Debatten in der Vergangenheit häufig von "Stimmungsmache" geprägt gewesen seien, schrieb die SPD-Politikerin in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel". Das werde einem modernen Einwanderungsland nicht gerecht. "Die Reform unseres Staatsangehörigkeitsrechts ist lange überfällig und eine große Chance, unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken."

Faeser plant unter anderem, dass Ausländerinnen und Ausländer künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland die Staatsbürgerschaft erhalten können anstatt wie bislang erst nach acht Jahren. Bei "besonderen Integrationsleistungen" soll dies sogar schon nach drei Jahren möglich werden. "Leistung soll sich lohnen", schrieb Faeser.

Die Innenministerin verteidigte ebenfalls den Plan, mehr Möglichkeiten für Mehrstaatigkeit zu schaffen. Die bisherige Praxis verhindere die Einbürgerung von vielen Menschen, die seit Jahrzehnten in Deutschland lebten und hier zuhause seien. "Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts leiten wir deshalb einen Paradigmenwechsel ein und werden Mehrstaatigkeit künftig akzeptieren", schrieb sie.

Scharfe Kritik aus der Union

Am Wochenende hatte bereits Bundeskanzler Olaf Scholz das im Koalitionsvertrag von SPD. Grünen und FDP vereinbarte Vorhaben verteidigt. In seinem wöchentlichen Internet-Format "Kanzler kompakt" sagte er, all die "tollen Frauen und Männer", die in den vergangenen Jahrzehnten nach Deutschland gekommen seien, hätten "sehr dazu beigetragen, dass unsere Wirtschaft so stark ist, wie sie heute ist". Manche dieser Menschen lebten schon "sehr, sehr lange" in Deutschland und hätten Kinder und Enkel. Deshalb sei es "sehr gut", wenn sie sich dafür entschieden, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben.

Aus der Union war in den vergangenen Tagen dagegen scharfe Kritik an Faesers Plänen laut geworden. So sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der "Bild"-Zeitung: "Die deutsche Staatsbürgerschaft zu verramschen, fördert nicht die Integration, sondern bezweckt geradezu das Gegenteil und wird zusätzliche Pulleffekte bei der illegalen Migration auslösen."

Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei von der CDU sagte der "Rheinischen Post": "Grundsätzlich sollte gelten: Der Pass steht am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses und nicht an dessen Anfang." Beim Staatsangehörigkeitsrecht gebe es überhaupt keine Handlungsnotwendigkeit. Es sei höchst problematisch, die doppelte Staatsbürgerschaft zum "Standardfall" zu erklären. "Das wäre kein Beitrag zum besseren Zusammenleben, sondern zur Spaltung der Gesellschaft."

Verbände loben Pläne der Koalition

Die Grünen warfen der Union ein verstaubtes Weltbild vor. Filiz Polat, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Deutschland ist ein Einwanderungsland, und es wird höchste Zeit, dem Rechnung zu tragen. Wir haben uns im Koalitionsvertrag vorgenommen, in Deutschland ein zeitgemäßes Staatsangehörigkeitsrecht einzuführen, und das setzen wir jetzt um." Was hier nach Jahren der Blockade durch die Union im Bund aufzuholen sei, sei massiv. "Das verstaubte Weltbild der Union hinkt der gesellschaftlichen Realität und einer modernen Gesellschaft hinterher. Mehr als 20 Jahre nach der unsäglichen "Doppelpass-Kampagne" der Union wird außerdem endlich die Einbürgerung für alle unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit möglich sein."

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stephan Thomae, sagte, die Union erkenne "bis heute" nicht die Tatsache an, dass Deutschland auf ausländische Einwanderer angewiesen sei. "Für uns ist es ein positives Signal, wenn jemand dauerhaft Teil unserer Gesellschaft werden will."

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, begrüßte die geplante Reform: "Das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht entspricht nicht mehr der Realität unserer Tage", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Zuspruch kam auch vom Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat. Die Eckpunkte des Plans, zum Beispiel die Hinnahme der Mehrstaatigkeit und Erleichterungen für Seniorinnen und Senioren, gehörten seit knapp einem Vierteljahrhundert zu seinen Forderungen, erklärte das Gremium. Die Integrationsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, betonte: "Einbürgerungen schaffen Rechtssicherheit und bieten mehr Schutz vor rechtlichen Diskriminierungen."

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, gab zu bedenken: "Deutschlands Fachkräfteproblem wird sich durch die Demografie und durch den zunehmenden Wettbewerb um die klügsten Köpfe massiv verschärfen, wenn die Politik nicht viel entschiedener als bisher handelt." Eine klare Perspektive auf Staatsangehörigkeit sei ein wichtiges Element, um Deutschland attraktiver für ausländische Fachkräfte zu machen, sagte er dem "Handelsblatt".