Germany
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Schluss nach der Vorrunde – das deutsche Debakel ist besiegelt

Um 23.55 Uhr Ortszeit in Katar war es amtlich. Schlusspfiff im Al-Bait-Stadion. Entsetzte Gesichter bei den Spielern. Der viermalige Weltmeister muss die Heimreise antreten. Zwar gewann die DFB-Elf in einem Nervenspiel gegen Costa Rica mit 4:2 (1:0) – doch da Spanien im Parallelspiel überraschend mit 1:2 gegen Japan unterlag, endet das Team von Hansi Flick auf dem dritten Tabellenplatz.

Hansi Flick hatte vor dem Anpfiff durchaus überrascht. Zwar nahm er nur zwei nominelle Änderung vor - Leroy Sané rückte in die Mannschaft, Thilo Kehrer rotierte auf die Bank – doch er besetzte innerhalb seines 4-2-3-1-System gleich vier Positionen neu. Überraschung Nummer eins: Joshua Kimmich rückte auf die rechte Abwehrseite. „Mit ihm haben wir mehr Option auf der Außenbahn, Joshua hat offensiv sehr gute Lösungen“, sagte Flick. Es gelte schließlich, gegen die defensiv erwarteten Mittelamerikaner Druck über die Flügel zu machen.

Ilkay Gündogan wurde auf die durch die Kimmich-Verschiebung frei gewordene Position im defensiven Mittelfeld geschoben. Jamal Musiala rückte von der offensiven linken Seite auf die Spielmacher-Position, die Gündogan gegen Spanien ausgefüllt hatte. Sané spielte dort, wo Musiala gegen Spanien gespielt hatte.

Nur die Änderung, auf die viele gehofft und mit der Oliver Bierhoff sogar öffentlich gerechnet hatte, nahm Flick nicht vor – was durchaus ebenfalls überraschte. In der Spitze erhielt erneut Thomas Müller eine Chance. Niclas Füllkrug, der die Mannschaft mit seinem Tor gegen Spanien vor einer Niederlage bewahrt hatte, blieb erneut auf der Bank.

Es wurde nur in Costa Ricas Hälfte gespielt

Deutschland versuchte es also erneut ohne echten Mittelstürmer. Das sei aber keine Entscheidung gegen den Bremer gewesen, als mehr eine für Müller. „Wir haben uns für Thomas entschieden, weil er mit seiner großen Erfahrung sehr wichtig ist. Er nimmt die anderen mit, das braucht die Mannschaft“, so der Bundestrainer. Den Einwand, dass der Routinier bislang nahezu komplett torungefährlich war, wischte er im ARD-Interview vom Tisch: „Ich habe ihm gesagt: Heute ist genau der Zeitpunkt, um damit anzufangen.“

Es dauerte aber nicht lange, bis Musiala, einer von sieben Bayern-Spielern in der Startelf, Torgefahr entwickelte. Der 19-Jährige zog von links nach innen und prüfte Ricas Keylor Navas mit einem Fernschuss. Die 35-jährige Torwartlegende konnte zur Ecke lenken.

Es entwickelte sich schnell ein Spiel, das fast ausnahmslos in der Hälfte der Costa Ricaner stattfand. Fünf Minuten darauf dribbelte sich Musiala dann quer durch den Strafraum, verpasste es aber, zum Abschluss zu kommen. Dann trat erstmals Müller in Erscheinung – doch er setzte einen Flugkopfball nach einer Kimmich-Flanke neben das Tor.

Serge Gnabry machte es besser. Nach zehn Minuten brachte er die zu diesem Zeitpunkt bereits drückend überlegenen Deutschen mit 1:0 in Führung. Vorausgegangen war einer jener Spielzüge, die Flick seiner Mannschaft mit auf den Weg gegeben hatte: Musiala macht das Spiel auf der linken Seite schnell, nimmt David Raum mit – der dann maßgerecht auf den ersten Pfosten flankte. Gnabry stand richtig und setzte den Ball per Kopf gegen die Laufrichtung von Navas in die Maschen.

Alles entspannt – vielleicht zu entspannt

Die Flick-Elf ließ auch anschließend nicht nach. Die Deutschen setzten den zunächst sogar phasenweise überfordert wirkenden Gegner, der sich nach der 0:7-Auftaktniederlage gegen Spanien beim 0:1 gegen Japan zumindest defensiv ein wenig zu stabilisieren schien, weiter unter Druck. Es gab weitere Chancen. Goretzka scheiterte mit einem Kopfball aus aussichtsreicher Position (14. Minute). In der 35. Minute musste Navas selbst bei ein wenig platzierten Schuss von Kimmich nachfassen. Eine halbe Minute darauf schloss Musiala zu überhastet ab. Gnabry verfehlte das Tor nur knapp (40.).

Trotzdem: Auch ohne das zweite Tor wirkte zu diesem Zeitpunkt alles entspannt – vielleicht zu entspannt. Kurz vor Pause verschätzten sich Antonio Rüdiger und Raum nach einer verunglückten Flanke – plötzlich tauchte Keysher Fuller frei vor Neuer auf, der den folgenden Schuss noch so gerade mit einer Hand über die Latte lenken konnte. Anschließend schlug Niklas Süle bei einem Klärungsversuch über den Ball. Gefährlicher Leichtsinn hatte sich eingeschlichen – Erinnerungen an das 1:2 gegen Japan wurden wach. Deutschland zitterte sich in die Pause.

Sollte es erneut ein Nervenspiel werden? Kurz nach Wiederanpfiff sickerte dann durch, dass die Japaner gegen Spanien ausgeglichen hatten. Bliebe es dabei – Deutschland wäre ausgeschieden. Die Fehler nahmen zu, Costa Rica wurde stärker, kam zu weiteren Abschlüssen. Auf der deutschen Bank wurde es hektisch. Japan war sogar in Führung gegangen. Nun müsste höher als 7:0 gewonnen werden, um ins Achtelfinale zu kommen. Flick reagierte, er brachte Füllkrug – endlich ein Stürmer.

Doch das Nervenkostüm der Mannschaft kollabierte. In der 58. Minute passierte es: Raum spielte einen Fehlpass, dann ging es ganz schnell. Joel Campbell bedient Fuller, der flankt auf Kendall Waston – beim dessen Versuch kann Neuer noch parieren, der Abpraller landet bei Yeltsin Tejeda, dessen Schuss dann im Tor. 1:1. Schockstarre bei den Spielern, entsetzte Gesichter bei den deutschen Fans.

Die Deutschen kämpften, rannten an

Es folgen wütende deutsche Angriffe: Musiala setzt einen Aufsetzer an den Innenpfosten. Alles wurde nach vorn geworfen. Doch die Angst spielte nun mit: Es fehlte an Genauigkeit, Ballverluste häuften sich. Trotzdem gab es weitere Möglichkeiten: Musiala traf erneut den Pfosten. Und die Zeit lief davon.

Was dann passierte, bündelte das ganze lähmende Entsetzen der deutschen Mannschaft in einer Szene: Ein langer Freistoßball segelte durch den deutschen Fünf-Meter-Raum, es folgte eine costa-ricanische Kopfballstafette, Beine gehen hoch, Neuer kommt aus dem Tor – und der Ball liegt im Netz. Juan Pablo Vagas war als Letzter dran. 1:2 (70. Minute). Der Treffer wurde überprüft – und gegeben. Nun schien die Doppelsensation möglich: dass Deutschland und Spanien ausscheiden – und Costa Rica sowie Japan weiterkommen.

Es blieb dramatisch: Die Deutschen kämpften, rannten an – und wurden belohnt. Kai Havertz traf auf Vorarbeit von Füllkrug zum 2:2 (73.) - nun wären Spanien und Japan weiter. Die DFB-Elf müsste gewinnen, um noch Chancen zu haben – und zumindest auf den Ausgleich der Spanier hoffen.

In der 85. Minute wurde das Bemühen dann belohnt: Erneut war es Havertz – diesmal drückte er eine Flanke von Gnabry über die Linie. Vier Minuten erhöhte Füllkrug sogar auf 4:2 – doch das nützte nichts mehr. Denn es blieb beim Sieg der Japaner. Deutschland ist ausgeschieden.