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Scholz in Prag unter Druck: Immer Ärger mit dem Wumms

Der "Doppelwumms" soll für die Deutschen endlich die große Entlastung bringen. Für Bundeskanzler Scholz bringt der 200-Milliarden-Abwehrschirm beim EU-Gipfel vor allem eines: Ärger. Deutschland muss sich den Vorwurf gefallen lassen ein Energie-Egoist zu sein.

Olaf Scholz läuft am Morgen etwas verknittert beim ersten Termin auf. Es ist kurz vor 9 Uhr, für den Bundeskanzler war es eine kurze Nacht. Jetzt also Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte. Die drei treffen sich auf einer Dachterrasse mit wunderschönem Blick über Prag. Händeschütteln, lächeln, Foto. Es geht viel um Symbolik bei diesem EU-Gipfel in der tschechischen Hauptstadt, vor allem um ein Bild der Geschlossenheit. Alles ein Signal an den Aggressor aus Moskau, an Wladimir Putin.

Aber um Geschlossenheit geht es auch bei einem anderen Thema: Energie. Und da ist das Bild ein anderes - hier stehen viele EU-Staaten geschlossen gegen Scholz. Der Bundeskanzler hat Ärger mit seinen europäischen Kolleginnen und Kollegen, auch mit Macron. Da kann alles Lächeln, Händeschütteln und Schulterklopfen auch nicht drüber hinwegtäuschen.

Doppelmoral des reichen Deutschland

Es geht um den deutschen Doppelwumms. Bis zu 200 Milliarden schwer soll der "wirtschaftliche Abwehrschirm" Haushalte und Unternehmen in Deutschland vor den Folgen der hohen Energiepreise schützen. Eine ganze Reihe von EU-Staaten findet das egoistisch: Das reiche Deutschland verschaffe sich so einen wirtschaftlichen Vorteil, den sich andere Länder in Europa nicht leisten können. Obendrein haben die Deutschen auf EU-Ebene genau das verhindert, was sie jetzt selbst einführen wollen: einen Gaspreisdeckel. Doppelmoral kommt also auch noch dazu. Und dann wäre da noch der Vorwurf, dass Deutschland mehr Geld ausgeben kann für knappes Gas als andere.

Von dem Ärger, der sich da gegenüber Deutschland entlädt, lässt Scholz sich freilich nichts anmerken. In seiner üblichen unemotionalen Art rechtfertigt er den deutschen Abwehrschirm und spielt die Kritik herunter. Er verweist darauf, dass andere Länder auch nationale Hilfsprogramme aufgelegt hätten - Frankeich und Spanien zum Beispiel. Und er betont, dass es schließlich nicht nur "um einen kurzen Zeitraum in diesem Jahr" gehe. Der Abwehrschirm solle vielmehr langfristig bis 2024 wirken. Außerdem seien es ja "bis zu" 200 Milliarden - auch das muss Scholz in diesen Tagen häufiger sagen.

Die Preise müssen runter - nur wie?

Isoliert ist er in Prag trotzdem nicht, zumindest öffentlich lässt man den Bundeskanzler den Ärger nicht spüren. Beim Familienfoto ist die Stimmung fröhlich, Scholz schnackt erst mit seinem Amtskollegen aus Norwegen, dann mit der Schwedin. Hinter den Kulissen könnte es durchaus ruppiger zur Sache gehen. Erst recht dann, wenn es beim EU-Gipfel um die drängende Frage geht, wie die Energiepreise sinken können. Zumindest im Ziel ist man sich einig. "Die Preise müssen runter", sagt auch Scholz. Ergebnisse wird der Gipfel nicht liefern. Es ist ein informelles Treffen in der Prager Burg, ohne Beschlüsse. In zwei Wochen wird es dann ernst, beim Gipfel in Brüssel. Scholz hat also noch ein bisschen Zeit, um die Wogen zu glätten.

In Prag geht es weniger um Handfestes, sondern um Symbolik. Und so gehen am Morgen auch Scholz, Macron und Rutte gemeinsam von ihrem Morgentermin zum Gipfel. Spaziergang durch die Stadt, vorbei an einer Demo, Touristen machen Fotos, Scholz winkt. Keine Spur von schlechter Laune.

Am Abend fliegt der Kanzler zurück nach Berlin. Die Gaspreisbremse ist auch hier Thema. Allerdings weniger wegen der Kosten, sondern weil sich erstmal alle fragen, wie das Konzept überhaupt aussehen soll. Am Montag will die Expertenkommission einen Vorschlag präsentieren. Der Ärger mit dem Wumms dürfte dann nicht zu Ende sein.