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Schweden-Politikerin kämpft in Ukraine - „Ich würde den Tod der Gefangenschaft vorziehen“

Es ist immer diese eine Frage: Was bewegt jemanden, sein gut geordnetes Leben in Sicherheit aufzugeben, um für ein anderes Land zu kämpfen und dafür im schlimmsten Fall auch den Tod in Kauf zu nehmen?

Bei Caroline Nordengrip (43) war es ein Treffen mit dem ukrainischen Botschafter in Schweden, der zwei Tage nach Russlands brutalem Überfall auf die Ukraine erzählte, was passiert ist. „Ich schaute mich an, sah meine High Heels und meinen schicken Anzug und fragte mich, was zur Hölle ich hier noch mache“, erzählt Nordengrip im Interview mit BILD. Die Berichte des Botschafters bewegten sie so sehr, dass sie ihr Business-Outfit gegen einen Anzug in Camouflage tauschte und sich bei der ukrainischen Armee bewarb.

„Von diesem Zeitpunkt an setzte ich alles daran, auf offiziellem und organisiertem Weg in die Ukraine zu kommen und dort in eine Einheit versetzt zu werden.“

Bei allen Härten im Krieg ist so ein Hund eine wundervolle Ablenkung

Foto: Instagram/nordengrip

Caroline Nordengrip war in Schweden Politikerin. Sie war im Komitee des Verteidigungsministeriums. „Ich hatte einen guten Job und ein gutes Leben“, sagt sie im Interview. Und privat? Hat sie Familie? „Ich bin verheiratet, habe also einen Ehemann zu Hause, der auf mich wartet.“ Wie hat der auf ihr Vorhaben reagiert?

„Er arbeitete zu diesem Zeitpunkt im Ausland und als ich den Entschluss fasste zu gehen, wusste ich, dass er vorher noch für zwei Tage nach Hause kommt. Da wollte ich ihm alles sagen und dann gehen. Aber daraus wurde nichts mehr, weil ich einen Anruf bekam und mir gesagt wurde, dass ich in drei Tagen losmuss. Also rief ich meinen Mann an und sagte ihm: ‚Bevor du nach Hause kommst, werde ich weg sein. Ich gehe in die Ukraine.‘ Er sagte nur: ‚Okay … Ich wundere mich, dass du noch nicht weg bist.‘“

„Er ist okay damit. Aber nun gut, ich bin jetzt schon eine Weile weg, und er vermisst mich. Er versteht es, aber er macht sich natürlich auch Sorgen, weil ich jetzt an der Offensive teilnehme. Er versucht sein Bestes, ruhig zu bleiben.“

Caroline Nordengrip wurde im schwedischen Militär ausgebildet. „Ich startete als Volontärin bei der Luftwaffe als ich 15 Jahre alt war. Dann machte ich meine Ausbildung und war in Teilzeit dabei, weil ich immer auch andere Jobs hatte.“ In der Ukraine trainierte sie erst die dortigen Soldaten, seit mehr als zwei Wochen ist sie an der Front – zum ersten Mal in ihrem Leben. „Wir wurden beschossen, hatten Kämpfe, aber alles ist in Ordnung, ich bin nicht verletzt worden.“

Den Beschuss nahm ihre Helmkamera auf, sie postete es später auf Instagram. „Zum Glück zielen die Russen schlechter als meine Mutter“, schrieb sie dazu.

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Als Soldatin ist sie trainiert und auf alles Mögliche vorbereitet. Gibt es trotzdem etwas, wovor sie Angst hat? Nordengrip atmet durch, überlegt kurz: „Am meisten habe ich Angst vor Missverständnissen mit den anderen Soldaten, dass ich etwas nicht verstehe, weil ich die Sprache noch nicht gut kann. Es gibt grundlegende Wörter und Befehle, klar, aber Mist kann immer passieren. Ich habe Angst davor, einen Befehl nicht zu verstehen, um ehrlich zu sein. Aber ich lerne die Sprache, so gut ich kann.“

Was ist mit Gefangenschaft, Tod oder Verletzungen? Nordengrip: „Ich würde den Tod der Gefangenschaft vorziehen. Ich möchte nicht in deren Hände fallen, aber die Möglichkeit besteht natürlich und das muss ich akzeptieren. Es wird immer Momente geben, in denen man Angst hat. Wäre es nicht so, wäre im Kopf etwas nicht richtig.“

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Das erste Mal an einer Front – wie bereitet man sich mental darauf vor? „Das Erste, was man akzeptieren muss, ist, dass Mist passieren kann. Ansonsten hilft Wissen. Je mehr du weißt, je mehr du trainierst, desto besser kommst du zurecht. Aber wenn du Pech hast, dann ist das so. Das kannst du nicht trainieren.“

Gibt es für eine Frau spezielle Probleme? „Generell ist es absolut kein Problem, als Frau in der Ukraine in der Armee zu sein. Witzig ist allerdings: Ich trainiere die Soldaten, erteile ihnen Befehle – aber sobald ich etwas Schweres aufheben und tragen will, kommen sie an und helfen. Sie passen auf die Frauen ganz besonders auf. Es dauert eine Weile, bevor man alles allein machen darf“, erzählt sie und lächelt.

Am 31. Mai hatte sie Geburtstag, feierte ihren 43. „Die Leute hier haben alles getan, dass mein Geburtstag schön war.“ Es gab Kuchen und es wurde gegrillt.

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Wird die Ukraine siegen? „Ja! Das sehe ich an der Einstellung der Soldaten und der Bevölkerung, die alle sagen, dass das der einzige Weg ist. Sie müssen gewinnen, eine andere Möglichkeit gibt es nicht.“

Und wie lange wird Nordengrip selbst bleiben? Bis zum Ende? „Es kommt darauf an, wie sich der Krieg entwickelt. Bis zum Ende? Hm, ich denke nicht, dass der Krieg dieses Jahr noch beendet werden kann, das ist meine persönliche Meinung. Es hängt auch sehr von der Unterstützung (aus dem Ausland, Anm. d. Red.) ab. Die Frage ist also schwierig zu beantworten.“