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"Sky Wiper" EDM4S: Das Gewehr, mit der die Ukraine Drohnen vom Himmel holt

Schon lange vor der russischen Invasion am 24. Februar erkennt das ukrainische Militär die Bedrohung durch Drohnen und bestellt in Litauen spezielle Stör-Gewehre zur Abwehr. Ein Video zeigt ein "Sky Wiper" EDM4S im Einsatz an der Front, dessen Beschaffung offenbar keine einfache Sache war.

Drohnen spielen in verschiedenen Varianten eine mitentscheidende Rolle im Ukraine-Krieg. Unter anderem werden handelsübliche Copter eingesetzt, um feindliche Stellungen auszuspähen, Artilleriefeuer zu korrigieren oder Sprengsätze abzuwerfen. Die ukrainische Armee hat die Bedeutung der UAVs (Unmanned Aereal Vehicles/unbemannte Luftfahrzeuge) schon früh erkannt und bereits 2020 in Litauen eine spezielle Abwehrwaffe bestellt, das EMP-Gewehr EDM4S (Electronic Drone Mitigation 4 - System/Elektronisches Drohnenabwehr-4 - System) auch "Sky Wiper" ("Himmelswischer") genannt.

Leicht und einfach zu bedienen

Alle Komponenten der Waffe sind auf einen Aluminiumrahmen montiert, dazu gehören vier Gehäuse mit Richtantennen und ein Reflexvisier. Der "Sky Wiper" wiegt lediglich 5,5 Kilo und ist nur rund einen Meter lang. Mit Schaft und Abzug versehen ähnelt es einem Gewehr und wird auch entsprechend gehandhabt.

Laut "Armed Conflicts" richtet man die Waffe einfach auf das Ziel und drückt ab. Das EDM4S verschießt aber keine Kugeln, sondern es handelt sich im Prinzip um einen tragbaren Störsender (Jammer), der Kommunikation und Navigation der Drohne unterbricht. Je nach Modell bleibt sie dann stehen, kehrt zum Ausgangsort zurück oder sinkt herab. Dabei handelt es sich um Sicherheitsfunktionen für Störfälle der für den zivilen Einsatz vorgesehenen Drohnen.

Gegen große Drohnen keine Chance

In einem unter anderem von Nexta geteilten Video holt ein "Sky Wiper" eine DJI Mavic Pro vom Himmel, die auf Bodennähe sinkt, um geborgen zu werden. Auf der Militär-Website "Funker 530" vermutet ein US-Veteran allerdings, dass die Aufnahme gestellt sei und wahrscheinlich aus dem Training stamme. Hätte es sich tatsächlich um eine russische Drohne gehandelt, hätten sich die Soldaten schnell aus dem Staub gemacht, schreibt er. Denn der Gegner hätte durch die Aktion deren Position erfahren, schreibt er.

Tatsächlich scheint der "Sky Wiper" aber mit einer Reichweite von drei bis fünf Kilometer recht wirksam zu sein. Es existieren Bilder, die belegen sollen, dass ein EDM4S auch eine Aufklärungsdrohne vom Typ Eleron-3 "abgeschossen" hat. Dabei handelt es sich um einen Deltaflügler des russischen Herstellers ENICS. Große Drohnen wie die iranische Shahed-136 kann ein EDM4S aber kaum gefährlich werden, es kann laut Beschreibung nur kleine bis mittlere UAVs bekämpfen.

Journalist spendet 110 "Sky Wiper"

Inzwischen scheinen die ukrainischen Truppen auch eine größere Anzahl der Anti-Drohnen-Gewehre zu haben, nachdem laut der ukrainischen Website "Defense Express" zunächst lediglich 36 Stück bestellt wurden. Im Oktober 2021 zeigte der ukrainische Sender TSN zum ersten Mal einen Einsatz der Waffe an der Donbas-Front. Der bekannte litauische Journalist Andrius Tapinas spendete im Sommer 1,5 Millionen Euro, um 110 "Sky Wiper" für das ukrainische Militär zu kaufen. Er habe sie "Orchrists" ("Ork-Töter") getauft, twitterte er.

In einem Interview mit der Website "Obozrevatel" sagte der damalige ukrainische Oberbefehlshaber Ruslan Boryssowytsch Chomtschak im Dezember 2020, die russische Armee habe schon zu Beginn des Krieges 2014 UAVs eingesetzt, während die eigenen Truppen noch nicht über Drohnen verfügt hätten. Die Verteidigung sei ein Problem, mit den üblichen Schusswaffen seien die UAVs kaum zu bekämpfen.

Einheimische Alternative "nicht kriegstauglich"

Die Ukraine versuchte laut Chomtschak zunächst, bis Ende 2020 ein Anti-Drohnen-Gewehr von einer einheimischen Firma herstellen zu lassen. Doch die entwickelten Systeme seien nicht kriegstauglich gewesen, das Geld dafür sei verschwendet worden.

Nachdem die inländische Beschaffung gescheitert war, bestellte Chomtschak in Litauen beim Unternehmen NT Service das EDM4S. Das Gewehr sei zuvor in der Kampfzone getestet worden, betonte der Militär, der jetzt erster stellvertretender Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine ist.

Über NATO-Plattform beschafft

Tatsächlich übergab im März 2021 der litauische Präsident Gitanas Nausėda persönlich das erste EDM4S an Vertreter der Ukraine. Doch zunächst sei nicht viel nachgekommen, beschwerte sich Chomtschak. Dies habe daran gelegen, dass die Waffen direkt vom Verteidigungsministerium ohne Zwischenhändler über die offizielle NATO-Plattform beschafft worden seien. Das habe viel Bürokratieaufwand bedeutet, sagte er.

"Army Today" zufolge lief der Kauf über die NATO Support and Supply Agency (NSPA). Das ist bemerkenswert, denn dabei handelt es sich um eine Organisation, über die NATO-Staaten gemeinsam Beschaffungen vornehmen, um Kosten und Aufwand zu sparen.

Eigentlich eine israelische Drohne?

Interessant ist auch, was die französisch-israelische Handelskammer unter Berufung auf "Intelligence Online" im Mai berichtete. Demnach ist das EDM4S gar keine litauische Entwicklung, sondern stammt vom Unternehmen Skylock, das zum israelischen Rüstungskonzern Avnon gehört. NT Service sei nur ein Partner, der zwischengeschaltet worden sei, um Israel nicht in Verlegenheit zu bringen, das zögere, Stellung für die Ukraine zu beziehen.

Weitere Belege dafür gibt es nicht, und NT Service betont in seinem PR-Video stolz, dass das EDM4S im NATO-Katalog der Referenzen und Statistiken gelistet sei. So ein Deal würde aber zu der bisherigen Haltung der israelischen Regierung passen. Systeme, die Drohnen abfangen und stören können, gelten in Israel als fortgeschrittene Verteidigungstechnologie, die nicht für den Verkauf in die Ukraine zugelassen ist.

Die hebräische Schwesterseite der Times of Israel, Zman Yisrael, berichtete im September, ein israelisches Rüstungsunternehmen liefere Drohnenabwehrsysteme über Polen an das ukrainische Militär. Die Firma habe dem Verteidigungsministerium mitgeteilt, nicht gewusst zu haben, dass Warschau als Vermittler für den Transfer fungierte.