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So verfängt die Kreml-Propaganda bei US-Republikanern

Angriff aus dem Süden

Die Trump nahe, einflussreiche "Conservative Political Action Conference" (CPAC) legte mit einem anderen drängenden Thema, ebenfalls per Twitter, nach. Die rechtskonservative Organisation forderte angesichts von Putins jüngsten Annexionen die Demokraten auf, endlich "die Geschenke an die Ukraine zu stoppen". Wann die Demokraten endlich "America First", also Amerika an die erste Stell setzen würden, sei die entscheidende Frage.

Verwiesen wurde unverhohlen darauf, die USA würden an ihrer Südgrenze selbst "angegriffen". Eine Anspielung auf die in der Tat ungelösten Probleme mit der Massenmigration aus Mittel- und Südamerika. Schnell wurde der Tweet zwar gelöscht. Die Begründung dafür aber erschien hanebüchen: Man habe aufgrund verschiedener Zeitzonen den Inhalt vor dem Absetzen nicht überprüfen können, hieß es lapidar.

Auch die Gruppierung "Heritage Action", der politische Arm der konservativen "Heritage Foundation", hat sich mit anderen konservativen Gruppen zusammengeschlossen, um gegen Hilfen für Ukraine zu agitieren. Schon im Mai dieses Jahres veröffentlichte man unter der Überschrift "Ukraine-Hilfspaket setzt Amerika an die letzte Stelle" einen Aufruf an die Republikaner im Kongress, dagegen zu stimmen.

Wie groß der Widerhall solcher Ansichten aus den Medien und der Politik auch in der Wählerschaft der Republikaner ist, zeigte jüngst eine repräsentative Umfrage des Gallup-Instituts. Demnach ist die Anzahl der Amerikaner bei den Republikanern am größten, wenn es darum geht, den Russland-Ukraine-Konflikt so schnell wie möglich zu beende. Selbst wenn dies bedeuten würde, es Russland zu erlauben, ukrainisches Territorium zu behalten. Während nur 19 Prozent der Demokraten so ein Szenario befürworten würden, ist es bei den Anhängern der Republikaner mit 46 Prozent fast jeder Zweite.

Eine Gebietsabtretung an Russland propagierte jüngst auch der reichste Mann der Welt. Der populäre Elon Musk gilt als Anhänger der Republikaner und will eine künftige Präsidentschaftskandidatur von Floridas Gouverneur Ron DeSantis unterstützen. Bis heute verunglimpft auch der Trump-Konkurrent als Nachwuchshoffnung der Republikaner lieber die amtierende US-Regierung als autoritäres Regime, anstatt die russische Invasion der Ukraine.

Folgen für Deutschland und Europa

Es gehört darum vielleicht zu den eher waghalsigen Annahmen der deutschen Außenpolitik, an eine gleichbleibende Außenpolitik der USA zu glauben, egal welche Partei in Washington an der Macht sein wird.

Dieser Glaube und die damit verbundene Hoffnung sind angesichts des andauernden russischen Angriffskrieges auf europäischem Boden nachvollziehbar. Es gibt auch gute Gründe, die dafür sprechen.

Trotz und wegen der eigenen und wachsenden Ambitionen im Pazifik, wollen weder Demokraten noch Republikaner einen russischen Erfolg und damit einen Präzedenzfall zulassen, der China oder andere aufstrebende Mächte ermutigen könnte.

Doch die Stimmen außenpolitischer Berater in Washington, Europa müsse noch viel mehr in die eigene Sicherheit investieren, werden lauter. In der deutschen Regierung rechnet man darum nicht ohne Grund mit einer bald beginnenden Diskussion, nicht nur zwei, sondern womöglich sogar drei Prozent des Haushalts in Militärausgaben zu stecken.

Ähnliches gilt auch für die Finanzierung des großen Wiederaufbauplans für die Ukraine. Am 25. Oktober will Deutschland dafür bei einer Expertenkonferenz in Berlin unter dem eigenen G7-Vorsitzes, gemeinsam mit der EU-Kommission ein erstes Zeichen setzen.

Warten auf den neuen Kongress

Die Angst vor einer großen republikanischen Kehrtwende hält sich aber noch in Grenzen. Wenn Parteipolitiker oder Regierungsmitglieder aus Berlin in Washington zu Besuch sind, wenn deutsche Diplomaten über ihre Einschätzungen zu den Republikanern reden, dann sprechen sie gerne darüber, wie stabil sie deren Haltung bezüglich der Ukraine und der deutschen Rolle einschätzen.

Die propagierte "Zeitenwende", deren politische Umsetzung und das Ende von Nord Stream 2, all dies habe das Ansehen von Deutschland in den USA nur gesteigert – und zwar im ganzen Kongress, parteiübergreifend. So zumindest die Erzählung bei fast allen Gesprächen mit deutschen Vertretern vor Ort. Vielen Republikanern können die Ukraine-Hilfen der Biden-Regierung in der Tat auch gar nicht umfassend genug sein. Kampfpanzer und Kampfjets hätten nach deren Ansicht längst bereitgestellt werden sollen.

Es hängt viel davon ab, wie viele Trump-Unterstützer es bei den Zwischenwahlen Anfang November in den US-Kongress schaffen werden. Das Ergebnis wird auch darüber Aufschluss geben, ob sich die auf Russland bezogene Haltung der Amerikaner absehbar ändern könnte. Die Chancen dafür sind zumindest im Senat nicht allzu wahrscheinlich.

Ob ein 2025 wieder republikanisch besetztes Weißes Haus seine großzügige Unterstützung der Ukraine ab 2024 zumindest zurückfahren wird? Zumindest steigt die Wahrscheinlichkeit, wenn der nächste Präsident wieder Donald Trump oder vielleicht Ron DeSantis heißen wird.

Für den Kreml war das ein willkommener vermeintlicher Beleg dafür, den Amerikanern die mutmaßlichen Sabotage-Akte in der Ostsee implizit zuzuschieben. Die Ursachenforschung dauert zwar noch an. Aber ausgerechnet ein Amerikaner übernahm bereitwillig das Raunen aus Russland. Tucker Carlson verbreitete in seiner Sendung und über zahlreiche Social-Media-Kanäle das Narrativ einer angeblichen geheimen Sabotage-Aktion durch die USA.

Das Letzte, was Putin, der ja nicht dumm sei, tun würde, wäre es, die eigene Pipeline in die Luft zu jagen, schwadronierte Carlson. "Die Sprengung der Pipeline hilft Putin nicht." Das sei vollkommen offensichtlich, da der Kremlchef ja weiterhin Geld verdienen und Druck auf Europa ausüben wolle. Andere Belege als diese Vermutung hat Carlson nicht. Aber eben das Indiz des Kremls. "Andere Länder" hingegen würden eine Sabotage in Betracht ziehen. Ein ganz bestimmtes Land hätte das sogar öffentlich gesagt. Und dann zeigte Carlson genau jenen Videoausschnitt des US-Präsidenten, den auch der Kreml verbreitet hatte.

Dass Joe Biden diese unterstellte Aktion einfach ausplaudern würde, dürfte die Zuschauer wenig wundern. Zu gut passt das in ein bei Carlson stets mit Vorliebe gezeichnetes Bild eines senilen Präsidenten.

Wahlkampf auf Kosten der Ukraine

Was der Fox-News-Moderator für die US-Medien ist, sind diverse Republikaner für die US-Politik. Mitten in der Schlussphase des Wahlkampfs für die Zwischenwahlen scheinen sie den Ukraine-Krieg als Mittel zum Zweck zu entdecken. Ob Hurrikan oder Migration, innenpolitische Themen werden in Stellung gegen die umfassende US-Unterstützung der Ukraine gebracht. Der Tenor: Joe Biden kümmere sich mehr um jenes fremde Land am Rande Europas als um die eigene Nation.

Ganz vorne in der Phalanx Putins ist Donald Trump. Noch nach dem Beginn der russischen Invasion am 24. Februar 2022 bezeichnete er Wladimir Putin als "genial" und "gewitzt". Trumps Bewunderung für Putin ist lange bekannt. Seither verbreitet der Ex-Präsident immer wieder seine Lieblingserzählung: Es ist die Behauptung, mit ihm im Amt hätte sich Putin das alles niemals getraut. Biden, der Schwächling, könne es einfach nicht. Belegen lässt sich das logischerweise nicht, Politik lässt sich damit aber stets machen. Bei fast jedem seiner vielen Wahlkampfauftritte und in jedem Interview gehört das zu Trumps Standardrepertoire.

Überraschend ist es daher kaum, dass sein Sohn, Donald Trump Jr., ebenfalls eine spezielle Sicht auf die Ukraine-Politik der Biden-Administration hat. Im Angesicht der Hurrikan-Katastrophe in FloridaUS-Dollar, die in den letzten Monaten in die Ukraine geschickt wurden, wird den Hunderttausenden amerikanischen Steuerzahlern in Florida helfen, von denen viele in den vergangenen Tagen alles verloren haben?" Was da mitschwingt: Geld für die Ukraine ist quasi Vaterlandsverrat.

Flankiert wird dieses Narrativ unter anderem vom republikanischen Kommunikator Matt Whitlock. Der schreibt: "Biden hat Regierungsausgaben – ob für die Ukraine oder ein liberales Lieblingsprojekt – ziemlich konsequent so behandelt, als würde er Bargeld aus seiner eigenen Brieftasche verteilen." Die rechtsextreme Verschwörungsideologin und Kongressabgeordnete Marjorie Taylor Greene verharmloste den Krieg in der Ukraine schon früh als nicht gefährlich und beschwerte sich mehrfach über die hohen Ausgaben der USA.