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Stadion huldigt "Tausendfüßler": Magier Messi exorziert australischen "Voodoo"

Der Magier mit den 1000 Füßen liefert in seinem 1000. Spiel eine besondere Show ab: Lionel Messi zaubert Argentinien ins WM-Viertelfinale und blockt dabei sogar den Voodoo-Puppen-Zauber Australiens ab. Die Socceroos schrammen an der Sensation vorbei, das Stadion verneigt sich vor dem Magier.

Tausend. Wollte man als Kind zum Ausdruck bringen, dass da ganz viele Leute waren. Oder dass man von etwas so viel wie nur irgend möglich haben wollte, dann nutzte man diese Zahl. Verzweifelt versuchte man sich die tausend kleinen Füße und Beine eines Tausendfüßlers vorzustellen. Tausend. So eine unvorstellbare Ziffer damals. Heute eigentlich auch noch. Was haben Sie, liebe Leserin und lieber Leser, schon Tausendmal gemacht. Zähneputzen zählt nicht. Lionel Messi schafft an diesem warmen Samstagabend in Doha etwas nicht nur für Kinder Unvorstellbares. Bei umkämpften 2:1-Sieg gegen Australien, im WM-Achtelfinale, absolviert er sein Profi-Spiel Nummer 1000.

Mal wieder strahlen in die Ballkinder mit ehrfürchtigen Augen im Spielertunnel an. Mal wieder sind alle Augen der Welt auf den 169 Zentimeter großen Argentinier aus der Industriestadt Rosario gerichtet, als er mit konzentriertem Blick den Rasen betritt. Wie wahrscheinlich in mindestens 900 seiner bisherigen 999 Spiele mit 788 Toren und 54 Hattricks. "La Pulga" (der Floh) ist schon als Teenager, bei seinem Debüt von 18 Jahren und 49 Tagen, einfach unglaublich gut. Als hätte er selbst tausende Beine und Füße.

Zeitung beschafft sich Messi-Voodoo-Puppe

Der Rest ist Geschichte. Aber wer weiß, vielleicht hat diese unglaublich ruhmreiche Karriere ihren Höhepunkt noch nicht erreicht. Vielleicht sind die Champions-League-Titel, die Ballon d'Or Trophäen, der Sieg in der Copa América alle nur das Vorspiel zu seinem größten Coup. Alles wird davon abhängen, ob Messi sein Land gegen Australien auf den weiteren Weg zum WM-Titel schicken kann. Die nächsten zwei Wochen könnten seine Karriere auf eine nie dagewesen Art und Weise definieren.

Auf den Großbildschirmen im Ahmad Bin Ali Stadion - benannt nach gleichnamigen Ex-Emir und Heimat des Al Rayyan FC, eines der beliebtesten Fußballvereine des Emirats, für den bis vor kurzem auch der Ex-Bayer James Rodríguez kickte - werden die Aufgebote bekannt gegeben. Das Stadion explodiert, als Lionel Messi genannt wird. Der zweitlauteste Jubel? Gibt's für Enzo Fernández, den neue Liebling der Argentinier.

Dass Australien im WM-Viertelfinale steht, ist nicht minder beeindruckend als all die Messi-Rekorde. Die Socceroos versuchen natürlich mit allen Mitteln den Superstar in seinem Spiel Nummer 1000 irgendwie aufzuhalten. Für die Menschen Down Under beginnt das Spiel um 6 Uhr am Morgen, trotzdem versammeln sich Tumbalong Park in Sydney tausende (da ist sie wieder, diese Zahl) Fußballverrückte. Die Zeitung "The West Australian" beschaffte sich vor dem Duell sogar extra eine Messi-Voodoo-Puppe, die sie mit Nadel durchbohrte.

Australien kämpft sich frei

Für den Fall, dass die schwarze Magie nichts nützt, attackieren die Socceroos La Pulga von Beginn an hart. Das Spiel wird von vielen Fouls bestimmt, St. Paulis Jackson Irvine holt sich schnell Gelb ab, und beginnt ohne viele Torraumszenen. Australische lange Bälle fängt die Defensive der Albiceleste locker ab, es wird das erwartbare "Handball"-Spiel um den Sechszehner der Australier, die mit einem 4-4-2 tief stehen.

Doch ein Lionel Messi kennt dieses Spiel natürlich. Man möchte fast behaupten: 1000 Mal hat er das schon erlebt. In altbekannter Manier lässt der Spielmacher sich immer wieder fallen, holt sich die Bälle hinten ab, bleibt geduldig. Hektik findet sich nicht wieder im Wortschatz des Altmeisters, die erste Chance durch Gomez aus 25 Meter leitet er mit einem Pass aus dem Fußgelenk ein.

Mitte der ersten Hälfte kämpft sich Australien dann frei, holt die erste Ecke des Spiels heraus und sammelt Selbstvertrauen. Doch bisher bedeutet das keine Gefahr für die argentinische Defensive, die nach dem 1:2 gegen Saudi-Arabien kein weiteres Gegentor mehr hinnehmen musste. Dennoch: Die Socceroos spielen hier jetzt munter mit und wagen sich immer öfter vor.

Zuschauer feiern Messi

Aber genau in diese Mini-Drangphase zeigt Messi, wie so oft, mit seiner ersten wirklichen Aktion des Spiels, warum er zu den größten aller Zeiten gehört. Nach einem tiefen, schnellen Pass von Alexis Mac Allister lässt Nicolas Otamendi den Ball kurz abtropfen und La Pulga benötigt nur eine winzige Ballberührung mit einem seiner 1000 Füße, um mit den anderen 999 so präzise wie immer, flach links unten neben dem Pfosten abzuziehen. Wie gegen Saudi-Arabien und Mexiko trifft er eiskalt zum 1:0.

Da ist sie wieder, diese Magie, die die Argentinier noch bis ins Finale tragen soll. Bis zu Spiel Nummer 1003 für ihre Nummer 10. Die Magie, die stärker ist als jeder Voodoo. Die Magie, in einem Spiel, in dem eigentlich nichts passiert, die in diesem Moment Millionen von Fans auf der ganzen Welt ausflippen lässt. Die Zuschauer im Stadion huldigen Messi, indem sie aufstehen und sich immer wieder verneigen. Verrückter und passenderweise ist es im 1000. Spiel sein erstes WM-Tor in der K.o.-Phase (Cristiano Ronaldo hat übrigens noch kein einziges).

Argentinien hält nach dem Führungstor lange in den eigenen Reihen und nimmt das Tempo raus. Alles unter Kontrolle, die Socceroos hecheln hinterher. Hätte sich die deutsche Nationalmannschaft diese für die Albiceleste typische Taktik, dieses Zurückziehen und einfach mal auf Ballbesitz in der eigenen Hälfte und Spielkontrolle setzen, abgeschaut, vielleicht wäre sie nach den Führungstreffern gegen Japan und Costa Rica nicht so zusammengebrochen. Spannend dürfte es im Viertelfinale werden, denn auf die Argentinier warten dort die Niederlande, die ähnlich abgeklärt spielen bisher.

Torhüter Ryan geht ins Dribbling

Weil Australien in der zweiten Hälfte weiter vorne presst, bieten sich Argentinien Räume. Messi leitet einen Konter selber ein und hat den ersten Abschluss nach der Pause, rutscht aber aus beim Schuss. Eine kurze Tempoverschärfung der Albiceleste führt dann dazu, dass Australien den Voodoo plötzlich gegen sich selbst spürt. Rodrigo de Paul und Julián Álvarez pressen Keeper Mathew Ryan. Als wäre er von 1000 guten Geistern verlassen worden, beginnt der Torhüter ein Dribbling gegen die beiden Argentinier, verliert den Ball und Álvarez, der Stürmerkollege von Erling Haaland bei Manchester City, schiebt zum 2:0 ein.

Eine Vorentscheidung? Wenige Minuten später ist es wieder Messi, der die Socceroos verhext - die Voodoo-Puppe sollte die australische Zeitung wirklich noch mal überprüfen. An der Mittellinie nimmt der Zehner den Ball unter Druck an, dreht sich um seine eigene Achse und nimmt allein mit dieser Bewegung schon einmal zwei Gegenspieler aus dem Spiel. Aus dem Nichts schaltet er seinen Turbo an und dribbelt sich tausendfüßlerisch durch die gegnerische Hälfte wie in seinen besten Barcelona-Tagen.

Martinez pariert in der Nachspielzeit

Der Ball klebt an seinen 1000 Füßen. Das gesamte Stadion erhebt sich. Nach einem Doppelpass kann Messi zwar nicht mehr richtig abschließen, grinsen muss er aber aufgrund der erneuten Magie dennoch. Dann sind es aber auf einmal die Socceroos, die aus dem Nichts treffen. Vielleicht hat der "West Australian" ja noch mal ein wenig nachgebohrt und Nadeln in der Puppe umgesteckt. Aziz Behichs Flanke ist eigentlich ungefährlich, aber Otamendi sie vor den Strafraum, wo der eingewechselte Craig Goodwin direkt abzieht. Weil sein Schuss von Enzo Fernandez unhaltbar abgefälscht wird, kann Torwart Emiliano Martinez kann nur verdutzt hinterherschauen.

Und damit nicht genug: Wenige Minuten später ist es wieder Behich, der nach einem tollen Sololauf den Ausgleich knapp verpasst. Auf einmal ist hier wieder Feuer im Spiel. Bahnt sich ein faustdicke - oder besser: tausendfußdicke - Überraschung an? Es geht jetzt teilweise wild hin und her. Messi legt wieder ein Solo voller Dribbling-Magie auf den Rasen und bedient im richtigen Moment den eingewechselten Lautaro Martinez, der aber frei vor dem Keeper vergibt.

Wenige Minuten später, tief in der Nachspielzeit, führt die Kopie dieses Spielzugs erneut nicht zur Entscheidung. Kurz darauf zirkelt der Superstar höchstpersönlich den Ball knapp am Dreiangel vorbei. Quasi mit dem Schlusspfiff hat der erst 18-jährige Garang Kuol hier die Sensation auf dem Fuß. Ein Aufschrei zuckt durch die Arena. Doch Martinez pariert den Drehschuss großartig. Dann pfeift der Schiedsrichter ab. Messis Magie hievt in seinem 1000. Spiel seine Nation in die Runde der letzten acht. Alles ist möglich. Der Traum vom 1003. Spiel, und der Krönung der Weltkarriere, überlebt auch den australischen Voodoo.