Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Streit zwischen Scholz und Baerbock? Ein Sturm zieht auf

Olaf Scholz und Annalena Baerbock ringen um die Leitplanken der deutschen Außenpolitik. Wie groß ist der Streit und was steckt hinter den Alleingängen der Außenministerin?

Es ist vorerst wieder Ruhe eingekehrt. Nach vielen Wochen Panzerstreit bemühen sich die Bundesregierung und die Ampelkoalition derzeit um Einigkeit. Die Zusammenarbeit sei eng und vertrauensvoll, heißt es von allen Seiten. Das aktuelle Ziel der Ampelkoalition ist Schadensbegrenzung, denn besonders in der Debatte um Waffenlieferungen wirkte die Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) oft uneinig. Die Grabenkämpfe haben Spuren hinterlassen.

Vor allem Scholz und seine Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sind teilweise nicht auf dem gleichen Kurs im Ukraine-Krieg. In der Leopard-2-Debatte sorgte der Kanzler bei seinen Koalitionspartnern mit seinem langen Zögern für Ärger, Baerbock sorgte dagegen mit einem Panzer-Alleingang für Unmut im Kanzleramt.

Aber hinter dem Streit steckt viel mehr: In der Bundesregierung gibt es noch immer keine Einigkeit über die eigenen politischen Ziele in der Ukraine-Krise und allgemein über den Stellenwert einer wertebasierten Außenpolitik. Scholz und Baerbock streiten auch über die Leitplanken der deutschen Außenpolitik. Das wird zunehmend zum Stolperstein für die Bundesregierung. Doch woher kommt plötzlich diese Uneinigkeit?

Ärger in Paris

Der Konflikt zwischen Scholz und Baerbock spitzte sich zum Jahreswechsel weiter zu. Exemplarisch dafür stand der Festakt zum 60. Jahrestag des Élysée-Vertrages am 22. Januar in Paris. Es war die große außenpolitische Bühne, ein Feiertag für die deutsch-französische Freundschaft.

Im Mittelpunkt standen Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Baerbock hatte eher eine Nebenrolle. Es wurden viele Fotos geschossen, Hände geschüttelt, die Stimmung war ausgelassen. Besonders in der gegenwärtigen Krise war die Feier eine Atempause, auch für die Bundesregierung.

Doch das Bild der Einigkeit war trügerisch, hinter den Kulissen tobte der Kampfpanzer-Streit. Scholz wurde als Bremser wahrgenommen, auch in seinem Kabinett. Seine Zögerlichkeit sorgte für immer größeres Unverständnis, auch unter seinen Ministerinnen und Ministern. Wer hätte vor Putins Krieg erwartet, dass sich die Grünen und die FDP so einig sein könnten, in einer Forderung nach mehr schweren Waffen und schnelleren Entscheidungen? Die SPD dagegen war genervt – von der Unruhe, die unter anderem Agnes Strack-Zimmermann (FDP) oder Anton Hofreiter (Grüne) mit ihren Waffenforderungen verbreiteten.

Mitten in dieser Lage entschied sich Baerbock an jenem Sonntagabend in Paris, im französischen Fernsehen eine Bombe platzen zu lassen. In einem Interview mit dem französischen TV-Sender LCI verkündete die Außenministerin, dass Deutschland Leopard-Lieferungen von Bündnispartnern "nicht blockieren" werde. Das war ein bewusster Alleingang, der für Missmut im Kanzleramt sorgte.

Scholz und Baerbock verfolgen unterschiedliche Ziele

Zu diesem Zeitpunkt wartete Scholz noch auf eine Entscheidung der Amerikaner, die ihrerseits Abrams-Panzer liefern sollten. Aber der Druck auf den Kanzler wurde immer größer. Nachdem die Bundesregierung bei der Unterstützerkonferenz für die Ukraine in Ramstein nicht nur die Bündnispartner enttäuscht, sondern auch die USA verärgert hatte, kam Bewegung in die Debatte.

Trotzdem war die Panzerankündigung der Außenministerin in Paris nicht abgestimmt und entgegen der Linie des Regierungschefs. Das wird aus einem Kommuniqué deutlich, das das Auswärtige Amt zwei Tage später – am 24. Januar – an deutsche Vertretungen im Ausland verschickte. Aus dem Dokument wird ersichtlich: Scholz hatte noch nicht entschieden, ob Leopard-Panzer abgegeben werden sollen. Mehr dazu erfahren Sie hier.

Baerbock hat als Außenministerin keine Exekutivmacht, sie vertritt die Politik der Bundesregierung im Ausland. Unter Scholz' Vorgängerin Angela Merkel (CDU) wurde die deutsche Außenpolitik im Zuge der zahlreichen Krisen immer mehr im Kanzleramt gemacht. Das möchte Scholz so beibehalten.