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Taucher machen Jagd auf wertvolle Mammut-Stoßzähne - Die vielleicht irrste Schatzsuche aller Zeiten

Es ist die vielleicht irrste Schatzsuche aller Zeiten:

Denn statt nach Gold- oder Schmuckkisten wird nach Stoßzähnen und Knochen prähistorischer Mammuts gesucht.

Die Örtlichkeit immerhin ist weltbekannt: der New Yorker East River entlang Manhattan.

▶︎ Ein richtiges Jagdfieber ist ausgebrochen, fast erinnert die Aufregung an den „Goldrausch“ vor Jahrhunderten im West der USA. Wahre Knochenberge sollen am felsigen Flussboden zu finden sein.

Gigantisch: ein Mammut Skelett im American Museum of Natural History. Viele dieser riesigen Stoßzähne sollen im New Yorker East River liegen

Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Das sagt zumindest der Goldminen-Betreiber und Mammut-Enthusiast John Reeves. Er zitierte jüngst in einem Podcast die Aussagen eines ehemaligen Mitarbeiters des „American Museum of Natural History“, der Erstaunliches behauptete: Im Jahr 1940 wären Tonnen an Mammut-Stoßzähnen und Knochen von einem Fundort in Alaska nach New York geschippert worden. Das Museum jedoch hätte keine Lagerkapazitäten gehabt und deshalb die Sendung kurzerhand in den East River gekippt.

Solche Gerüchte kursierten seit langem – doch Reeves ließ die Katze aus dem Sack: Die Knochenfracht wäre auf der Höhe der 65. Straße zu finden! „Ich starte hier wahrscheinlich gerade eine Knochenjagd“, sagte er.

Seither kurven an der Upper East Side Boote über den Fluss, Taucher versinken in den Fluten. Denn enorme Anziehungskraft hat auch der geschätzte Wert der angeblichen Überreste der vor 4000 Jahren ausgestorbenen Tierart: bis zu einer Milliarde Dollar.

Berufstaucher Don Gann auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz: den New Yorker East River

Foto: Herbert Bauernebel

BILD war jetzt unterwegs mit den Mammut-Jägern!

Don Gann (35) ist Berufstaucher, wie auch seine beiden Helfer Legend Santiago (38) und Stephen Cortes (31). Gann hat sich bereits als Star einer „Discovery“-Sendung über das Tauchen von Kloaken in Abwasserkanälen einen Namen gemacht. Konkret: „Dirty Water Don“ (Schmutzwasser-Don).

Don Gann (35, links,) und seine beiden Helfer Legend Santiago (38, rechts) und Stephen Cortes (31, Mitte)

Foto: Herbert Bauernebel

Von einem Hafen in Jersey City geht es Sonntagmorgen noch fast bei Dunkelheit los. Der Kahn ist voll geräumt mit speziellem Equipment, das Tauchgänge auch bei widrigsten Verhältnissen ermöglicht: Ein Gerät wärmt Wasser auf bis zu 50 C auf, das in den Tauchanzug gepumpt wird. Ein weiterer Generator produziert Luft zum Atmen.

▶︎ Am Taucherhelm sind Funkgerät, Taschenlampe und GoPro-Videokamera montiert. 14.000 Dollar ist das Boot und Equipment wert, rechnet er vor.

High-Tech-Schatzsuche: Am Taucherhelm sind Funkgerät, Taschenlampe und GoPro-Videokamera montiert

Foto: Herbert Bauernebel

Nach rasanter Fahrt mit Ausblick auf die spektakuläre Skyline New Yorks geht es zum vermeintlichen Unterwasser-Knochenfriedhof. Während sich Don für den Tauchgang bereit macht, rauscht an der Uferautobahn „FDR Drive“ der Wochenendverkehr, auf einem Gehweg passieren Spaziergänger mit Hunden und Jogger. Einige zücken verwirrt ihre Smartphones, um die Tauchtruppe festzuhalten. Andere Anwohner kennen den Spuk bereits und rufen freundlich zu: „Schon Glück gehabt heute?“

Gann versinkt in den fünf Grad kalten Fluten, Kumpel Cortes reicht die verwundene Lebensader aus Sauerstoff- und Warmwasser-Schläuchen, sowie Kommunikationskabeln nach, Santiago überwacht das Funkgerät. Einige Luftblasen deuten darauf hin, wo der Profi-Taucher gerade den Boden abtastet. Aus dem Funkgerät dringen schwere Atemgeräusche.

Die Lebensader: Sauerstoff-, Warmwasser-Schläuche und die Kommunikationskabel

Foto: Herbert Bauernebel

„Die Bedingungen dort unten könnten kaum schwieriger sein“, hatte Gann bereits vor dem ersten Tauchgang erklärt: „Die Strömung ist stark, sie ändert sich ständig, es ist schwer, die Position zu halten, die Sicht ist meist kaum mehr als einen Fuß!“ Die Knochen, sollten sie wirklich dort sein, wären – überwachsen und von Schlamm und Geröll bedeckt – nur schwer auszumachen.

Der Taucher: „Es ist wie die Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen!“

In der Mitte des Flusses wäre das Wasser 25 Meter tief, oft kommt hier die Strömung von mehreren Seiten. Wie ein „Whirlpool“ wäre das. Viel könne schiefgehen, sagte er: Ein Kappen der Sauerstoffzufuhr führe rasch zur Bewusstlosigkeit, ohne Wärmeversorgung kommt es zur Unterkühlung.

Mutig steigt der Berufstaucher in das fünf Grad kalte Wasser

Foto: Herbert Bauernebel

Wegen der extrem schwierigen Umstände und Bedingungen bleiben Gann und seine Crew die einzigen professionellen Mammut-Schatzsucher im East River. Sie machen sich bereits Sorgen um Hobbyisten, die – angetrieben vom Social Media-Hype auf eigene Faust ihr Glück versuchen.

„Wir haben einen YouTuber gesehen, der mit einer leichten Ausrüstung nach nur wenigen Minuten auftauchte, da seine Hände blau vor Kälte waren“, sagt Santiago. Gann fürchtet: „Jemand könnte hier sterben!“

Insgesamt zählten sie bisher 14 „Expeditionen“, die am East River herumkurvten. Einige suchten den Boden sogar mit Tauchdrohnen ab.

BILD-Reporter Herbert Bauernebel in der Schatzsucher-Nussschale

Foto: Herbert Bauernebel

Und es gibt Scharlatane: Gerade postete ein Sucher Fotos mit einem angeblichen aufgetauchten Mammut-Stoßzahn, den er in Wahrheit vorher in Florida gekauft hatte, wie Santiago den Kopf schüttelt.

Diese drei möglichen Mammut-Stoßzähne zog der Taucher aus dem Boden

Foto: Herbert Bauernebel

▶︎ Gann ist in der Zwischenzeit bereits zweimal mit möglichen Funden zum Boot zurückgekehrt: Ein Stück passt zu Beschreibungen von Fachleuten, wie Knochen nach mehr als 80 Jahren am Flussboden aussehen können. „Wie eine Rippe“, inspiziert dann Santiago einen zweiten Fund. Beim drittem Treffer scheint jedoch rasch klar, dass es ein Fehlalarm ist: Beim Abklopfen mit einem Schraubenschlüssel ist metallischer Klang ist hören.

Das Trio knipst gleich Fotos und mailt sie zu Experten. Später sollen sie genauer untersucht werden. Gann wirkt vorerst zufrieden: „So viel haben wir noch nie an einem Tag gefunden…“

Das Trio und ihr möglicher Schatz

Foto: Herbert Bauernebel

Wie gefährlich die Suche werden kann, müssen BILD und die Taucher-Crew selbst erleben: Bei einem Positionswechsel steckt plötzlich der Motor im Leerlauf fest, das Boot ist antriebslos und manövrierunfähig, ein Spielball in den Gezeiten. Der Kahn treibt auf eine schwimmende Bauplattform zu. Versuche einen Anker gegen das Geländer am Ufer zu schleudern, scheitern. Im letzten Moment springt der Schalthebel um, das Boot hat wieder Antrieb.

Das American Museum of Natural History hat die jüngsten Behauptungen über die Knochenversenkung als mammut-mäßigen Unfug dementiert. Abgehalten hat das noch kaum wen: „Wir stehen bei unserer Suche erst am Anfang“, sagt Gann: „Wir werden nicht so schnell aufgeben – und sollte es letztendlich scheitern, haben wir wenigstens alles gegeben.“