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Terrorgruppe in Kenia: Das Mysterium der Sekte, die Menschen köpft

Trotz wirtschaftlichen Aufschwungs lebt ein großer Teil der Kenianer in bitterer Armut. Davon profitiert vor allem eine Terrorgruppe.

Traumstrände am Indischen Ozean und Wildtiersafaris, dafür ist Kenia bei vielen europäischen Touristen bekannt. Außerdem ist es aus westlicher Perspektive eine afrikanische Demokratie, die zumindest halbwegs funktioniert. Die Korruption ist zwar weit verbreitet, aber es gibt in dem westafrikanischen Land freie Wahlen und eine funktionierende Verfassung.

In diesem gesellschaftlichen Klima ist in den vergangenen Jahrzehnten eine Gruppe entstanden, die eine Mischung aus religiöser Sekte und radikaler Terrororganisation ist: die Mungiki, die selbst für Einheimische ein Mysterium bleibt. Ihre Mitglieder kontrollieren die Armenviertel und sollen dabei höchst brutal vorgehen. Grausames Markenzeichen der Mungiki sei es, ihren Gegnern auf offener Straße den Kopf abzuschlagen, heißt es. Doch was steckt wirklich hinter dem brutalen Ruf der Sekte?

Mord, Folter, Erpressung

Dass sie entstehen konnte, liegt an der britischen Kolonialzeit, unter deren Folgen Kenia bis heute leidet. Mehr als 40 verschiedene Volksgruppen leben in dem Land, die mehr als 50 verschiedene Sprachen und Dialekte sprechen. Sie alle sind gefangen in einem künstlichen Staatsgebilde, das von Stämmen dominiert wird, die um die politische Vorherrschaft kämpfen. Trotz wirtschaftlichen Fortschritts lebt mehr als ein Drittel der kenianischen Bevölkerung in extremer Armut, die Kluft zwischen vielen armen und wenigen reichen Menschen ist extrem groß.

Genau das ist der perfekte Nährboden für Gruppen wie die Mungiki.

Die Mungiki-Sekte entwickelte sich aus einer spirituellen und sozialen Bewegung der 1980er Jahre, die vor allem junge Menschen in Kenia anzog. Sie versprach mehr Sicherheit, wollte gegen Korruption kämpfen und der ärmeren Bevölkerung auf dem Land helfen. Was davon Fiktion und was Realität ist, lässt sich für Außenstehende nur schwer unterscheiden, denn es kursieren viele verschiedene Erzählungen über die Mungiki und ihre Ursprünge.

Fest steht: Die Mitglieder der Mungiki gehören zum Kikuyus-Stamm – der größten Volksgruppe Kenias mit knapp 48 Millionen Einwohnern. Geistlich berufen sie sich auf die Traditionen und Werte der Kikuyu, das Christentum lehnen sie ab.

"Die Kikuyus-Führer verließen sich auf die Mungiki, um ihre Drecksarbeit zu erledigen und die Bevölkerung zu kontrollieren", schreibt die Kriegsreporterin Maria Ferreira nach einer Recherche über die Sekte für die spanische Zeitung "El Confidencial". "So ist die Sekte zu einer terroristischen und mörderischen Gruppe geworden, die viele Gebiete in Kenia kontrolliert."

Bis zu vier Millionen Mitglieder

Mungiki bedeutet "Vielzahl". Nach eigener Aussage hatte die Gruppierung nach der Jahrtausendwende bereits vier Millionen Mitglieder. Gemeinsam haben sie in den vergangenen Jahren viele der Ghettos und Slums unter ihre Kontrolle gebracht.

Sie verbreitete dabei Angst und Terror: Mord, Schutzgelderpressung, Folter – die Mungiki-Anhänger sind dafür berüchtigt, die Leichen ihrer Gegner zu zerstückeln und zu häuten. Das Kalkül: Wenn zehn Menschen auf so brutale Weise sterben, leben die restlichen Bewohner eines Viertels in Angst.

Durch ihre bloße Mitgliedermasse gewannen die Mungiki auch an politischer Schlagkraft. Nach der Jahrtausendwende gerieten sie ins Fadenkreuz des kenianischen Staates und wurden als kriminelle Vereinigung bezeichnet. Daraufhin zog sich die Sekte in den Untergrund zurück und fing an, die Slums zu kontrollieren.

Nach Ungereimtheiten bei der Präsidentschaftswahl 2007 stand Kenia kurz vor einem Bürgerkrieg und es gab extreme Gewalt auf den Straßen – Schätzungen zufolge starben nach dieser Wahl über 1.500 Menschen. Die Mungiki versuchten, das Machtvakuum für sich und den Kikuyus-Stamm zu nutzen.