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Todesnachricht in Wagner-Chat: Briten sterben bei Rettungsaktion in Soledar

Sie begeben sich in Lebensgefahr, um Zivilisten aus den umkämpften Gebieten in der Ostukraine zu evakuieren: Chris Parry und Andrew Bagshaw haben mehr als 400 Menschen gerettet, als sie Anfang Januar zu einem Einsatz in Soledar aufbrechen. Tage später tauchen Bilder ihrer Pässe bei Telegram auf.

Am 3. Januar trifft der belgische Journalist Arnaud De Decker im ukrainischen Bachmut einen jungen Briten. Sein Name ist Christopher Parry, 28 Jahre alt, aus Truro - ein Kaff in Cornwall. Im Video, das De Decker später von der Begegnung veröffentlicht, trägt Parry einen Helm und eine kugelsichere Weste. Aber er kämpft nicht für die ukrainische Armee, sagt er. Der Brite evakuiert Zivilisten aus dem umkämpften Süden der Stadt. "Wir erhalten Anrufe von Menschen, die ihre Verwandten evakuieren lassen wollen", erklärt Parry vor der Kamera. Einige meldeten sich auch von selbst, sagt er, weil sie sich nicht mehr allein heraustrauten.

Parry berichtet von einer 51-jährigen Frau, die ihn und seinen Partner Andrew Bagshaw am Morgen gebeten habe, sie aus dem Süden der heftig umkämpften Stadt zu retten. Während er spricht, ist im Hintergrund der Einschlag einer Granate irgendwo in der Nähe zu hören. Es gebe nicht mehr viele Freiwillige, die sich in den südlichen Teil der Stadt wagten, sagt De Decker. "Ja, aber es gibt noch immer Menschen, die raus wollen", entgegnet Parry. "Also bin ich bereit, sie zu holen." Drei Tage später gelten Parry und Bagshaw in Soledar als vermisst. Seit dieser Woche ist klar: Sie haben ihren letzten Einsatz nicht überlebt.

"Mit großer Trauer müssen wir bekannt geben, dass unser geliebter Chrissy zusammen mit seinem Kollegen Andrew Bagshaw beim Versuch einer humanitären Evakuierung aus Soledar in der Ostukraine getötet wurde", heißt es in einer Erklärung von Parrys Familie, die das Auswärtige Amt in Großbritannien am Dienstag veröffentlichte. Ukrainische Medien berichten, die beiden Briten hätten versucht, "eine ältere Frau aus einem Gebiet intensiver militärischer Aktionen zu retten, als ihr Auto von einer Artilleriegranate getroffen wurde." Bis zur Einnahme der Stadt durch die russische Armee Mitte Januar war Soledar heftig umkämpft.

"Der gefährlichste Job im Moment"

Vor dem Krieg zählte die Kleinstadt rund 10.000 Einwohner, die meisten von ihnen waren längst geflüchtet. Doch einige konnten oder wollten ihre Heimat zunächst nicht verlassen. Ihnen wollten Parry und Bagshaw helfen. Mehr als 400 Menschen sollen die beiden Männer gerettet haben. Der BBC sagte der Journalist De Decker, sie hätten den "wohl gefährlichsten Job gemacht, den man im Moment machen kann", das sei "wirklich heldenhaft". Nach BBC-Informationen sollen sich insgesamt etwa ein Dutzend Freiwillige in der Region aufhalten, um Menschen zu evakuieren, die nicht mehr eigenständig flüchten können - viele werden nur durch Spenden finanziert.

Bekannt wurde ein Videomitschnitt der Evakuierung von "Grandma Galia" im Donbass, der vergangenen November vielfach in den sozialen Medien geteilt wurde - darunter von Anton Geraschtschenko, einem Berater des ukrainischen Innenministers. Auf den Bildern ist zu sehen, wie der Wagen der Retter während der Flucht von einem Geschoss getroffen wird und am Straßenrand liegen bleibt. Die alte Dame und ihre Retter müssen daraufhin unter dem Donnern des Artilleriefeuers zu Fuß in Sicherheit rennen. "Ich habe viele ähnliche Videos gesehen", schrieb Gerashchenko zu den Aufnahmen, "aber dieses habe ich mehrmals angeschaut."

Beerdigung von Bagshaw in Kiew

Dass Parry und Bagshaw den Einsatz in Soledar nicht überlebt haben, hatte laut BBC zuerst ein Telegram-Account gemeldet, der in Verbindung mit der Söldnergruppe Wagner stehen soll. Demnach hätten Wagner-Kämpfer die Leiche von Parry in Soledar entdeckt, dazu wurden die Bilder der Pässe von Parry und Bagshaw geteilt. Bei den wochenlangen Kämpfen um die Kleinstadt hatten Wagner-Söldner die Speerspitze der russischen Angriffe gebildet. Die Kampftruppe des russischen Oligarchen Jewgeni Prigoschin, der auch "Putins Koch" genannt wird, erlitt bei der Eroberung des Ortes schwerste Verluste.

Das Auswärtige Amt in London äußerte sich nicht dazu, von wem und wie die beiden Männer geborgen wurden. Ein Freund der Getöteten, der ebenfalls Evakuierungsmissionen in die umkämpften Gebiete fährt, berichtete auf Twitter, dass es an diesem Sonntag für Bagshaw eine Gedenkstunde in einer Kiewer Kirche geben soll, die Trauerzeremonie für Parry werde von dessen Familie organisiert. "Seine selbstlose Entschlossenheit, den Alten, Kindern und Schwachen in der Ukraine zu helfen, hat uns sehr stolz gemacht", hieß es in deren Mitteilung. "Wir hätten nie gedacht, dass wir ihm Lebewohl sagen müssen."