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Toursieger: „Ich war fast tot“: Aufstieg und Fall des deutschen Helden Jan Ullrich

Toursieger: "Ich war fast tot"Aufstieg und Fall des deutschen Helden Jan Ullrich

Im Sommer 1997 gewann Jan Ullrich als erster und einziger Deutscher die Tour de France. Sofort folgte ein dramatischer Absturz. Doping, Drogen, Alkohol, Verhaftung. "Ich war fast tot", sagt Radster, was Deutschlands Antwort auf Diego Maradona ist.

Am Ende der drei Wochen, die sein Leben für immer veränderten, war Jan Ullrich überglücklich. Der neue Radsport-Popstar winkte im gelben Trikot 200.000 jubelnden Fans auf den Champs Elysees zu und hielt in beiden Händen ein Kuscheltier. Und Deutschland, zur Radsportnation gewandelt, feierte den jungen Rostock, der ihn für immer durch ein dreiwöchiges Sommermärchen begleitete.

Ein Sommermärchen, an dem Ulrich fast zugrunde ging. "Ich war fast tot", sagte er in der fünfteiligenARD-Dokumentation"Being Jan Ullrich". Eine Karriere vom historischen Sieg bis zum kompletten Crash 20 Jahre später.

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Die Radsport-Legende 1997 auf dem Podest: Richard Virenque (l.), Jan Ullrich, Marco Pantani.

(Foto: picture alliance / augenklick / firo Sportphoto)

"Es war wie 1954"

Von der Sommertour 1997 stammt die Geschichte eine andere Fahrradwelt als die Tour 2022, die am Freitag in Kopenhagen beginnt. Eine Zeit, in der Radprofis noch bedingungslos vergöttert wurden. Ein 23-jähriges Kind versetzte das ganze Land in Hysterie. "Deutschland wurde 1954 Fußballweltmeister", erinnerte sich der legendäre Reporter Herbert Watelot. Und selbst mit dem Wissen um den Untergang und die Wendigkeit des Radsports in den 1990er Jahren kann man sich dem faszinierenden Charme dieser Bilder und Geschichten nicht entziehen.

Ulrich, der bei der Tour 1996 den zweiten Platz belegte, war als edler Helfer für Telekom-Kapitän und Titelverteidiger Byarnuris eingeplant. Spätestens bei diesem historischen Ereignis in Andorra-Alkalis am 15. Juli 1997 war jedoch klar, dass Ulrich stärker war. „Wenn du wirklich gute Beine hast, mach weiter“, sagte Riis zu ihm. Und Ulrich fährt. „Er stieg nur einmal aus dem Sattel und die Spitzengruppe explodierte“, schrieb Requip. Ulrich hat im Etappenziel eine gelbe Farbe.

Zwei Tage später wird das Einzelzeitfahren in Saint-Etienne zur absoluten Machtdemonstration. Ulrich überholt Richard Virenque, der vor drei Minuten gestartet ist. Die Franzosen sind immer noch Zweiter an diesem Tag. In den Alpen kontrolliert er seine härtesten Konkurrenten Virenque und Marco Pantani. Das ist eine große Show, die Millionen Deutsche vor den Fernseher lockt.

Crash

Und auf die Straße: Als die Tour in der letzten Woche das Elsass passierte, pilgerten Zehntausende über die Grenze, um neue Volkshelden zu erleben. Danach musste er nur noch eine knifflige Situation meistern: Ulrich litt unter einer Erkältung und einem durch Dauerstress geschwächten Grand Ballon. Helfer Udo Bolts stöhnt in der Legende.

Drei Tage später trat er als Sieger der Tournee in Paris ein. Ulrich hat 9:09 Minuten Vorsprung auf Virenque, und seitdem hat niemand so deutlich gewonnen. Am Ende dieser Tour beginnt ein neues Leben. "Plötzlich kamen Tausende Menschen zur Autogrammstunde. Ich konnte weder einkaufen noch ins Kino gehen. Ich musste erst lernen, mit dem Riesenboom umzugehen", sagte Ullrich gegenüber dem "Stern". Er hat nie wirklich gelernt.

Ulrich kam als Favorit zur Tour 1998 und holte ebenfalls ein Gelbes Trikot, verlor aber nach dem furchtbaren Einbruch auf dem Col du Galibier gegen Pantani. Ulrich trug Maillot Jones nie wieder. Es folgten große Erfolge (Buerta-Sieg 1999, Olympia-Gold 2000) und noch größere Skandale. 2006 musste Ulrich die Tour wie ein geprügelter Hund verlassen, weil er angeblich in den Dopingfall Fuentes verwickelt war. Inzwischen ist Ulrich ruhig geworden, es soll ihm schon viel besser gehen. Beruhigen Sie sich, besonders im Inneren: Es wird das beste Jubiläumsgeschenk sein.