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Ukraine-Ministerium verbreitete das Foto - Stammen diese Goldzähne wirklich von Folter-Opfern?

Es war ein grausiger Verdacht, den das ukrainische Verteidigungsministerium auf Twitter äußerte.

Ein Foto zeigte eine Kiste voll mit Zahnkronen, daneben eine Gasmaske. Dazu schrieb das Ministerium: „Eine Folterkammer in Pisky-Radkivski. 2 Fotos. Eine Gasmaske, die einem Opfer auf den Kopf gesetzt wurde, das mit einem schwelenden Lappen bedeckt und lebendig begraben wurde. Und eine Schachtel mit goldenen Zahnkronen. Ein Mini-Auschwitz.“

Internationale Medien wie der britische „Telegraph“ griffen die ungeprüfte Vermutung auf, die Zähne stammten aus russischen Folterkammern.

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BILD-Reporter suchten gestern das erst jüngst befreite Dorf Pisky-Radkivski in der Region Charkiw (Ost-Ukraine) auf und fanden Opfer, die Folter durch russische Soldaten bestätigten.

Allerdings: Die Zähne, die gefunden wurden, stammen offenbar nicht von Toten oder Gefolterten – sondern von Patienten eines örtlichen Zahnarztes.

„Diese Zähne sehen aus wie die aus meiner Sammlung, die hier geplündert wurde“, erzählte Sergey (60), den BILD mit dem Foto des Ministeriums konfrontierte. „Ich bin der einzige Zahnarzt hier. Also wenn sie hier gefunden wurden, müssen sie von mir sein.“

Der Mediziner vermutet, dass Russen die Zähne klauten, weil sie sie für echtes Gold hielten (tatsächlich handelt es sich um rostfreien Stahl) und weil sie die Ukrainer damit einschüchtern wollten. „Anwohner haben mir berichtet, dass Russen damit offenbar Menschen Angst gemacht haben“, berichtete Sergey.

Dorf-Zahnarzt Sergey (60) zeigt den BILD-Reportern seine Kiste mit Zähnen. Er geht davon aus, dass die vermeintlichen Goldzähne, die fotografiert wurden, ebenfalls aus seinem Haus stammen. Sein gesamtes Haus wurde geplündert

Foto: Sergey Polezhaka

Zur Frage, ob die Kronen von toten Menschen stammen könnten, sagte der Zahnarzt: „Oh mein Gott, nein! Sie stammen von Menschen, die ich all die Jahre behandelt habe. Ich habe diese Zähne herausgenommen, weil sie schlecht waren.“

Der Mediziner erzählte BILD weiter: „In 30 Jahren habe ich Zehntausende von Zähnen entfernt, dies ist nur ein Bruchteil davon. Manchmal ziehe ich am Tag fünf bis acht Zähne, und das in 33 Jahren meiner Praxis.“

Woher die Gasmaske auf dem im Internet geteilten Foto kam, ist nicht geklärt. Doch fest steht: In dem Dorf wurde – so wie in vielen anderen von Russen besetzten Orten – grausam gefoltert. Mehrere Anwohner sagten zu BILD, dass sie aus verschiedenen Gebäuden immer wieder Hilfeschreie hörten.

Anwohner berichten BILD-Vize Paul Ronzheimer von Russen-Folter

Foto: SERGII POLEZHAKA

Volodya (46) war eines der Folter-Opfer von russischen Soldaten in Pisky-Radkivski, ein Nachbar hatte ihn als pro ukrainisch angeschwärzt. Volodya: „Sie nahmen mich einfach mit. Als ich geschlagen wurde, sagten sie: ‚Wenn du nicht mit uns arbeitest, schießen wir dir in die Beine und das war’s‘. Und der andere sagte: ‚Warum sollen wir ihm in die Beine schießen, wir werden uns mit ihm befassen müssen, wie mit dem anderen‘. Und das Zimmer, das Dach des Zimmers, war voller Einschusslöcher. Ich glaube, sie wollten denjenigen, die vor mir da waren, Angst einjagen.“

Folter-Opfer Volodya erzählt in BILD, wie brutal die Russen mit ihm umgingen

Foto: SERGII POLEZHAKA

Andrey (46) wurde wochenlang von Russen festgehalten. Seine Frau Olga sagte BILD: „In unseren Hof kamen etwa acht Leute. Zwei haben die Papiere kontrolliert. Ich habe meine zurückbekommen, aber mein Mann wurde gleich mitgenommen, weil er auf der Liste stand.“

Zwei Monate war Andrey weg. Fünf Tage davon hielten die russischen Soldaten ihn in einem Keller fest, verprügelten ihn, verschleppten ihn in andere Städte und Ortschaften. Dort musste er Straßen säubern, später zwangen die russischen Soldaten ihn, in Lyman Schützengräben für russische Soldaten auszuheben.