Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Ukrainetalk bei Maybrit Illner: "Ich möchte einen echten Frieden"

Während die russische Armee kontinuierlich wichtige Infrastruktur in der Ukraine zerstört, hat diese erstmals russisches Territorium mit Drohnen beschossen. Ob nun die Zeit für Friedensverhandlungen endlich gekommen ist, will Maybrit Illner im ZDF von ihren Gästen erfahren.

Die Ukraine hat erstmals Ziele in Russland mit Drohnen beschossen. Nach Meinung von Experten haben diese Waffen eine Reichweite bis in die russische Hauptstadt Moskau. Dass die Ukraine diese Möglichkeit in naher Zukunft nutzt, wird allerdings bezweifelt. Bisher galten die Angriffe russischen Militärstützpunkten, von denen aus wichtige ukrainische zivile Infrastruktur beschossen wurde.

In der ZDF-Talkshow Maybrit Illner haben am Donnerstagabend Experten aus Politik und Wissenschaft darüber diskutiert, wie sich die neue Situation auf den Krieg in der Ukraine auswirken könnte.

"Wichtiges Signal der Hoffnung"

Die Lage in ihrer Heimat sei sehr bedrohlich, sagt die in der Ukraine geborene Publizistin Marina Weisband. Der Beschuss der russischen Militäreinrichtungen sei deswegen "Ein wichtiges Signal der Hoffnung für die Ukrainer". Ihre Landsleute müssten frieren, Strom sei kaum vorhanden. Darum seien diese Erfolge der ukrainischen Armee wichtig für die Moral der Menschen, "denen gerade alles unter dem Hintern weggebombt wird." Dagegen sei die Situation für Russland prekär, besonders für den russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Mit der Massenmobilisierung und den Angriffen auf russischen Boden kommt der Krieg zu denen, die ihn verursachen und anfeuern. Das ist sehr gefährlich", so Weisband.

Für den Philosophen Julian Nida-Rümelin rücken damit Friedensverhandlungen wieder in den Fokus. Er weiß aber auch: "Die Welt kommt nur aus diesem Krieg heraus, wenn wir eine Perspektive haben, was danach geschieht." So fordert er von der UNO beobachtete Referenden auf der Krim.

Vor wenigen Tagen hatte der französische Präsident Emmanuel Macron gefordert, Europa müsse sich auf eine neue Sicherheitsarchitektur vorbereiten. Der Westen müsse bei Friedensverhandlungen auch auf russische Sicherheitsbedürfnisse eingehen. Dabei habe sich Macron laut dem Fernsehsender TF1 auch auf wiederholte Klagen Putins über die NATO-Erweiterungen bezogen.

Weisband nennt Ideen Macrons naiv

Putin habe seit Jahren klargemacht, dass es ihm einzig um die Zerstörung der Ukraine gehe, entgegnet Weisband. "Die Ukraine ist für Putin eine abtrünnige Republik, die Ukraine darf es auf der Landkarte nicht geben. Wie naiv muss man eigentlich als Regierungschef sein, wenn man glaubt, es ginge Putin um Sicherheitsinteressen? Macron steckt offenbar in einer geopolitischen Denke, in der der Kalte Krieg noch eine Rolle spielt, in der er sich in der Situation sieht, den Draht zu Russland weiter offenzuhalten."

Hier widerspricht Linken-Co-Chef Martin Schirdewan. Es sei ein kluger Schachzug Macrons, im Januar mit dem chinesischen Präsidenten Gespräche zu führen. China werde in den zukünftigen Friedensgesprächen eine wichtige Rolle spielen. Richtig sei auch, über eine europäische Friedensordnung nach dem Krieg nachzudenken. "Wir müssen darüber nachdenken, wie eine Zusammenarbeit der Völker und der Nationen Europas in Zukunft funktionieren kann."

Für den FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff ist der Zeitpunkt für Friedensverhandlungen jedoch noch gar nicht gekommen. Denn noch sei die Ukraine zu derartigen Gesprächen noch nicht bereit. "Verhandeln kann man erst, wenn sowohl die Ukraine als auch Russland der Meinung sind, militärisch geht nichts mehr. Und das Ergebnis muss ein dauerhafter Frieden sein. Dazu gehört, dass sich Russland endlich darüber klar werden muss, was es für ein Verhältnis zu Europa haben will. Will es wirklich dieses aggressive, revisionistische, neoimperialistische Verhalten an den Tag legen? Dann wird das Ergebnis ein kalter Frieden werden."

Auch Weisband hält Friedensverhandlungen für verfrüht. Sie fürchtet, ein Frieden werde darauf hinauslaufen, dass Russland weiter aufrüste, um danach die Ukraine erneut anzugreifen. "Ich möchte aber echten Frieden. Den erreichen wir nur durch echte Verhandlungen. Und die erreichen wir nur, wenn wir Fakten geschaffen haben, die Putin zwingen, sich an sein Wort zu halten."

Militärexperte Carlo Masala fügt hinzu, dass Putin nicht nur Maximalforderungen stelle. Mit den "Wahlen" in den von Russland besetzten ukrainischen Oblasten wolle er auch Fakten schaffen. Zudem kritisiert er die von einigen Politikern geäußerten Befürchtungen, durch die Bombardierung von russischem Gebiet durch die Ukraine könne der Krieg eskalieren. "Der einzige, der eskaliert, ist Russland, das die Ukraine in Schutt und Asche legt", sagt er. "Mit unserer Angst stehen wir auf der falschen Seite."

Für Weisband ist deswegen wichtig, dass die Ukraine in die Lage für Friedensverhandlungen gebracht wird. Dazu müsse die russische Armee gezwungen werden, das Land zu verlassen. Deswegen fordert sie dringend, die Ukraine weiter mit Waffen zu unterstützen. "Wenn wir jetzt zögern, machen wir uns mitschuldig daran, was dort weiter passiert", so die Publizistin.