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Um eigene Sanktion zu vereiteln: Ungarn stellt sich gegen Ukraine-Hilfen

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Ungarn droht die Sperrung von EU-Hilfen in Höhe von mehr als 13 Milliarden Euro.

(Foto: IMAGO/SNA)

Wegen Korruptionsverdachts droht Ungarn die Sanktionierung bedeutender EU-Gelder. Um den Prozess zu verlängern und die Gunst anderer Mitgliedsstaaten für sich zu gewinnen, stimmt das Land nun gegen ukrainische Finanzhilfen. Man dürfe sich davon nicht "erpressen lassen", warnt das EU-Parlament.

Ungarn blockiert weiter EU-Finanzhilfen von 18 Milliarden Euro für die Ukraine. Der ungarische Finanzminister Mihaly Varga stimmte beim Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel gegen die Freigabe der Gelder, die Einstimmigkeit erfordert. Damit erreichte Ungarn zugleich einen Aufschub im Streit um Rechtsstaats-Mängel: Die Finanzminister vertagten ihre ursprünglich geplante Abstimmung über die Kürzung von Milliardenhilfen für Budapest.

"Es ist bedauerlich, dass wir heute keine Entscheidung getroffen haben über die unverzichtbare finanzielle Hilfe für die Ukraine", sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner nach dem Treffen. "Das verantwortet Ungarn." Die 26 anderen EU-Ländern müssten nun "schnellstmöglich eine Übereinkunft finden", wie sie die Milliarden für Kiew bereitstellen könnten.

"Unser Ziel bleibt es, Anfang Januar mit der Auszahlung der Hilfen für die Ukraine zu beginnen", sagte der tschechische Finanzminister Zbynek Stanjura, dessen Land noch bis Jahresende den EU-Ländern vorsitzt. Nach seinen Worten suchen die EU-Staaten nun eine Alternativlösung ohne Ungarn. EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn sagte, Brüssel werde "das Bestmögliche tun", um der Ukraine die 18 Milliarden Euro bereitzustellen, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Kiew für das kommende Jahr bereits in Aussicht gestellt hat.

"Keinen Rabatt aus Opportunismus"

Ungarn will mit seiner Blockadehaltung laut Diplomaten verhindern, dass die anderen Mitgliedsländer EU-Hilfen im Umfang von insgesamt mehr als 13 Milliarden Euro für Budapest sperren. Die EU-Kommission hatte das Sperren der Mittel unter anderen wegen massiver Probleme bei der Korruptionsbekämpfung in Ungarn empfohlen. Allerdings gibt es unter den Mitgliedstaaten bisher nicht die erforderliche Mehrheit für eine solche Sanktion. Vor allem osteuropäische Länder fürchten, dann ebenfalls wegen Rechtsstaats-Problemen belangt zu werden.

Der Ministerrat forderte die Kommission auf, in den nächsten Tagen eine neue Stellungnahme zu Ungarn abzugeben, die auch die aktuelle Gesetzgebung einbezieht. Am Mittwoch wollte das ungarische Parlament erste Rechtsstaats-Reformen auf den Weg bringen, die Ministerpräsident Viktor Orban angekündigt hatte. "Hier darf es aus Opportunismus keinen Rabatt geben", betonte Lindner mit Blick auf Ungarn. Die EU müsse "genau wissen, hat sich tatsächlich substanziell etwas verändert".

Seine niederländische Kollegin Sigrid Kaag forderte eine "harte Haltung" gegenüber Orban. Kritik wurde dagegen aus dem Europaparlament laut: Die EU dürfe sich nicht von Rechtspopulisten "erpressen lassen", erklärte der Abgeordnete und deutsche Linken-Parteichef Martin Schirdewan.

Der ungarische Finanzminister Varga warf der EU seinerseits einen "gefährlichen Präzedenzfall" vor, wie sein Sprecher auf Twitter schrieb. Die EU-Kommission hatte im April erstmals ein Verfahren unter dem neuen Rechtsstaatsmechanismus gegen Ungarn eingeleitet. Sie empfahl vergangene Woche, 7,5 Milliarden Euro an EU-Fördermitteln für das Land einzubehalten sowie 5,8 Milliarden Euro aus dem Corona-Aufbaufonds für Budapest. Im Europaparlament wird befürchtet, dass diese Empfehlung nun aufgeweicht werden könnte.