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USA blicken auf Olaf Scholz: Chaos-Kanzler oder cooler Stratege?

Die Panzerlieferungen an die Ukraine sieht Olaf Scholz als Beweis für seine strategische Schläue. In den USA gibt es einen anderen Eindruck: Dort gilt der Kanzler als der Verursacher von Chaos.

Vertraut mir, ich habe alles im Griff. Lasst Euch nicht vom Gerede stören. Ihr werdet schon sehen, dass ich recht behalte. So lautet, vereinfacht, das Selbstbild von Olaf Scholz. Genau nach diesem Motto ging der Kanzler auch bei der Panzerlieferung an die Ukraine vor.

Dass diese Selbstwahrnehmung des Kanzlers nicht immer der Realität entspricht, zeigt eine interne Nachricht, die zu einem besonders brenzligen Zeitpunkt verschickt wurde und die t-online vorliegt.

Es ist der vergangene Dienstag. Gegen 17 Uhr verschickt das Auswärtige Amt in Berlin an alle deutschen Auslandsvertretungen – also Botschaften, Generalkonsulate und Konsulate – eine offizielle Sprachregelung für Diplomaten. "Die Bundesregierung hat zur Frage der Lieferung von Kampfpanzern aus Deutschland noch keine Entscheidung getroffen", heißt es darin unzweideutig. Verschlusssache für den Dienstgebrauch. Nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Auch in der deutschen Botschaft in Washington liest man das Kommuniqué.

Das Problem: Zum Zeitpunkt des Versendens hatten die USA bereits durchsickern lassen, Abrams-Panzer an die Ukraine liefern zu wollen. Auch der Kanzler muss zu diesem Zeitpunkt längst entschieden haben, den Weg auch für deutsche Leopard-Panzer freizugeben. Denn um 18.31 Uhr veröffentlichte der "Spiegel" die entsprechende Meldung. Schnell musste das Auswärtige Amt die Sprachregelung wieder zurückziehen.

Hektik und genervte Beamte in den zuständigen Abteilungen des Außenamtes. Man fühlte sich übergangen. Ausgerechnet Baerbocks künftiger Botschafter in Washington, der bisherige Staatssekretär Andreas Michaelis, hatte die überholte Sprachregelung noch abgesegnet.

Nach t-online-Informationen stand das Auswärtige Amt zu diesem Zeitpunkt unter strikter Weisung des Bundeskanzleramtes. Auf gut Deutsch heißt das: Klappe halten. Besonders nachdem die Außenministerin im französischen Fernsehen gesagt hatte, Deutschland werde die polnische Regierung nicht blockieren, falls die Leopard-Panzer schicken wolle.

Scholz stiftet Chaos

Wir haben noch nicht entschieden, wir haben entschieden – wie kann so ein Widerspruch binnen 90 Minuten passieren? Möglichkeiten gibt es viele, etwa eine notorisch schlechte Abstimmung zwischen Scholz und seiner Außenministerin Baerbock.

Fehler können immer passieren. Doch es mehren sich die Anzeichen, dass der kommunikative Fauxpas auch damit zu tun hat, dass Scholz gern einsame Entscheidungen trifft – und dabei eben nicht allwissend ist, sondern auch selbst mal von Entwicklungen überrumpelt wird. Denn die Lesart des vergangenen Dienstags lautet zugespitzt so: Baerbock und ihr Ministerium wussten nicht, was Scholz wusste. Und auch Scholz scheint von Washington erst sehr kurzfristig ins Bild gesetzt worden zu sein.

Sowohl koalitionsintern als auch im transatlantischen Verhältnis herrschte in der Panzerfrage Chaos. Aber die Lesart des Kanzleramts lautet: Scholz hat mit diplomatischer Raffinesse erreicht, dass die Amerikaner Panzer liefern. Der Ukraine sei damit mehr geholfen als nur durch deutsche Leopard-Panzer. Garniert wird diese Geschichte von der Erzählung, es habe die Scholz'sche Bedingung gar nicht gegeben, Leopard-Panzer nur zu liefern, wenn die USA Abrams zusagen.

Zähes Ringen bis zum Schluss

In Washington geht die Erzählung anders: Laut Berichten von "Washington Post" und "New York Times" versuchte Bidens Regierung bis zum Schluss, den Kanzler von einem anderen Plan zu überzeugen. Statt Abrams sollte es Schützenpanzer geben. Aus Sicht des Pentagons waren sie die sinnvolle Ergänzung zu den Leoparden. Je weniger verschieden die Systeme, desto besser für die Ukraine.

Wenigstens die Leopard-Freigabe für andere Staaten wollte das Weiße Haus dem Kanzler mit diesem Argument abringen. Dann aber brachte auch die Konferenz in Ramstein keinen Fortschritt.