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„Viele Beschwerden“ in Kiew -  Selenskyj attackiert Klitschko

Die Ukraine bahnt sich ihren Weg zurück ins Licht – doch ausgerechnet in der 3-Millionen-Hauptstadt Kiew gelingt die Wiederherstellung der Energie-Infrastruktur zu langsam.

Das behauptet jetzt Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj (44). Am Freitagabend ging er sogar auf Bürgermeister Vitali Klitschko (51) los. Selenskyj bemängelte: „Viele Kiewer Bürger waren mehr als 20 oder sogar 30 Stunden ohne Strom.“ Er erwarte vom Büro des Bürgermeisters Qualitätsarbeit, sagte er in selten offener Kritik an Klitschko.

Grundsätzlich verzeichnete das Land Fortschritte bei der Wiederherstellung der Stromversorgung nach den schweren Raketenangriffen durch die Truppen von Kreml-Tyrann Wladimir Putin (70). Mit der Lage in Kiew ist Selenskyj jedoch nicht zufrieden.

Der Präsident weiter: „Vor allem in Kiew gibt es viele Beschwerden.“ Funktionierende Wärmestuben gebe es nur in den Gebäuden des Zivilschutzes und am Bahnhof. „An anderen Stellen muss noch gearbeitet werden, um es vorsichtig auszudrücken“, sagte der Präsident. „Die Einwohner von Kiew brauchen mehr Schutz.“

Klitschko warnt in BILD am SONNTAG vor politischem Streit: „Der Schlüssel des Erfolgs der Ukraine nach dem Angriff Russlands auf unser Land ist der Zusammenhalt, sowohl national als auch international. Wir müssen weiter gemeinsam dafür sorgen, das Land zu verteidigen und die Infrastruktur zu schützen.“

Klitschko sagte, dass die Mitarbeiter in Kiew „in Rekordtempo“ an der Lösung der Probleme arbeiten. Und weiter: „Die Stadt hat wieder Wasser und 95 Prozent Heizung, jetzt arbeiten wir vor allem daran, dass der Strom überall zurückkommt.“

Zuvor hatte Klitschko berichtet, es seien bereits 400 dieser Anlaufstellen eingerichtet worden. Bei Stromausfällen von mehr als einem Tag sollen sich die Bürger dort aufwärmen können; es soll Strom, Wasser, Erste Hilfe und Internet geben.

Im Interview mit BILD-Vize Paul Ronzheimer ordnete Klitschko die Lage jedoch auch realistisch ein – und schwor die Bevölkerung seiner Stadt auf schwierige Tage und Wochen ein. Klitschko: „Drei Tage nach dem Angriff hat in Kiew nur jeder zweite Bürger Elektrizität. Nur 30 Prozent können heizen. Zum Glück ist es noch nicht so kalt, aber in den nächsten Tagen soll es fast minus 10 Grad kalt werden. Es ist eine große Herausforderung für jeden Bewohner unserer Stadt.“

Schon vor wenigen Tagen hatte Klitschko vor dem „ schlimmsten Winter seit dem 2. Weltkrieg“ gewarnt.

Die Selenskyj-Attacke kommt für viele vielleicht überraschend. Doch Beobachter erstaunt sie nicht – seit Jahren gelten der Präsident und der Ex-Box-Weltmeister als politische Konkurrenten. 2024 könnten Selenskyj und der in der Bevölkerung beliebte Klitschko bei der Präsidentschaftswahl gegeneinander antreten.

2019 unterstützte Klitschko Selenskyj-Konkurrent Petro Poroschenko (57). Doch der Amtsinhaber unterlag, musste den Posten für Selenskjy räumen. Dann wollte der neue Präsident Klitschko laut Medienberichten als Bürgermeister von Kiew absetzen – es gab eine regelrechte mediale Schlammschlacht zwischen den beiden Politikern. Selenskyj scheiterte aber, Klitschko bliebt Stadtoberhaupt.

Dann startete Russland seinen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Konkurrenten stellten ihre Differenzen zurück. Jetzt bricht der Konflikt erstmals wieder auf …

In der Nacht zu Samstag gab es weitere Raketenangriffe auf Cherson in der Ostukraine. Viele Millionen Menschen sind ohne Strom, Wärme und Wasser

Foto: Bernat Armangue/dpa

In der vor zwei Wochen zurückeroberten Stadt Cherson (Ostukraine) ist die Lage noch schlechter. Inzwischen hat die Regierung dort mit der Evakuierung von Zivilisten begonnen. Ein Zug brachte 100 Menschen in die Stadt Chmelnyzkyj im Westen des Landes.

Mit einem Schwarm von etwa 70 Raketen und Marschflugkörpern hatte Russland am Mittwoch die Energie-Infrastruktur der Ukraine überzogen und dabei schwere Schäden angerichtet. Er war die achte derartige Angriffswelle seit Mitte Oktober.

Selenskyj rechnete vor, dass am Freitagabend landesweit immer noch sechs Millionen Verbrauchsstellen ohne Strom gewesen seien. Unmittelbar nach dem Angriff am Mittwoch etwa waren es noch etwa doppelt so viele. Durch das gezielte Abschneiden der Elektrizität nimmt Putin den Ukrainern an vielen Orten auch den Zugang zu Wasser und Wärme. Internet und Telefon funktionieren nur schlecht.

Präsident Selenskyj beschwor seine Landsleute, sparsam zu sein, selbst wenn es Licht gebe. Er mahnte: „Wenn Strom vorhanden ist, bedeutet das nicht, dass Sie mehrere leistungsstarke Elektrogeräte gleichzeitig einschalten können.“

Zur Unterstützung will die EU der Ukraine 40 Generatoren liefern. Das teilte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem Gespräch mit Selenskyj mit. Die Geräte könnten jeweils ein kleines bis mittelgroßes Krankenhaus mit Strom versorgen.