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Von Polizisten erschossen?: Jubel über WM-Aus kostet Iraner wohl das Leben

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Viele Iraner feierten das Ausscheiden ihrer Fußball-Nationalmannschaft.

(Foto: IMAGO/NurPhoto)

Der Iran scheidet bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar denkbar knapp in der Vorrunde aus. Für viele Iraner ist das ein Grund zu feiern, doch mindestens einen Menschen kostet die Freude in gewaltsamen Zeiten offenbar das Leben.

Ein Mann im Iran ist Menschenrechtsgruppen zufolge getötet worden, nachdem er das Ausscheiden der iranischen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM in Katar gefeiert hatte. Der 27-jährige Mehran Samak sei nach der Niederlage gegen die USA "von Sicherheitskräften in den Kopf geschossen" worden, erklärte die in Oslo ansässige Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights (IHR) am Mittwoch. Bei Twitter schreiben mehrere User, dass Polizisten der lokalen Behörden geschossen hätten. Das Center for Human Rights in Iran (CHRI) mit Sitz in New York bestätigte, dass Samak von Sicherheitskräften getötet worden sei, während er feierte.

Iran war am Dienstag durch Erzfeind USA aus dem Turnier in Katar geworfen worden, was zu enttäuschten, aber auch freudigen Reaktionen in der Heimat führte. Viele Iraner weigerten sich wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen die seit zwei Monaten andauernden Proteste im Land, ihr Nationalteam zu unterstützen. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisationen hatte Samak in der Stadt Bandar Ansali am Kaspischen Meer hupend in seinem Auto die Niederlage gefeiert, bevor er erschossen wurde.

"Masken werden fallen"

Der iranische Nationalspieler Saeid Ezatolahi, der gegen die USA 90 Minuten auf dem Feld stand, und wie der Erschossene aus Bandar Anzali stammt, schrieb auf Instagram, dass er Samak aus Kindertagen gekannt habe: "Nach dem bitteren Verlust von gestern Abend hat die Nachricht von deinem Tod mein Herz in Flammen gesetzt", schrieb der 47-fache Nationalspieler über seinen "Mannschaftskameraden aus der Kindheit". Er äußerte sich nicht zu den Umständen des Todes seines Freundes, sagte aber: "Eines Tages werden die Masken fallen und die Wahrheit ans Licht kommen". Er fügte hinzu: "Das ist nicht das, was unsere Jugend verdient hat. Das ist nicht das, was unsere Nation verdient."

Im Rahmen des Spiels war es innerhalb und außerhalb des Stadions zu Protesten iranischer Fans gegen das Regime in der Heimat gekommen war. Der dänische Reporter Rasmus Tantholdt veröffentlichte nach dem Spiel schockierende Bilder von verletzten iranischen Fans. Sie seien unter den Augen der lokalen Polizei von Schlägertruppen des iranischen Regimes attackiert worden.

Am späten Dienstagabend postete der im Exil lebende iranische Journalist Masih Alinejad Videos von Feiern auf Twitter und schrieb: "Der Iran ist ein Land, in dem die Menschen eine große Leidenschaft für Fußball haben. Jetzt sind sie in der Stadt Sanandaj auf den Straßen und feiern die Niederlage ihrer Fußballmannschaft gegen die USA."

Der Iran wird seit Mitte September von einer landesweiten Protestwelle erschüttert. Auslöser war der Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini im Polizeigewahrsam - sie war von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäß getragen haben soll. Die Behörden gehen mit ungebrochener Härte gegen die Demonstrierenden vor. Laut IHR wurden mindestens 448 Menschen durch Sicherheitskräfte getötet, das Militär spricht von mehr als 300 Todesopfern. Die iranische Nationalmannschaft hatte - wohl als Zeichen der Solidarität mit ihren protestierenden Landsleuten - vor dem ersten WM-Spiel gegen England auf das Singen der Hymne verzichtet. Daraufhin sollen Familienmitglieder der Spieler bedroht und unter Druck gesetzt worden sein. In den folgenden Partien bewegten die Spieler mit sichtbarem Unwohlsein bei der Hymne immerhin die Lippen.

Viele Iraner hatten sich geweigert, die Nationalmannschaft zu unterstützen, weil ein erfolgreiches Abschneiden in Katar als ein Geschenk für die iranischen Behörden empfunden worden wäre.