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Vorbereitung auf neue Offensive: "Russen haben Munitionsverbrauch drastisch reduziert"

Vorbereitung auf neue Offensive "Russen haben Munitionsverbrauch drastisch reduziert"

Bei den Vorbereitungen für eine neue Offensive im Donbass steht die russische Armee vor zwei zentralen Problemen, erklärt Brigadegeneral Christian Freuding im ntv-Interview. Erstens fehle die Logistik für eine ausgedehntere Front, zweitens könnten Lenkflugkörper und Raketen nicht schnell genug nachproduziert werden. Dennoch habe Russland noch genug Munition für ein ganzes Jahr, so Freuding. Er sieht Hinweise auf eine "schleichend vorangehende Mobiliserung".

ntv: Wir sehen wieder schwere Kämpfe in einigen kleinen Ortschaften im Osten der Ukraine. General Freuding, worum geht es dabei genau? Ist das schon schon eine Vorbereitung für die nächste Offensive?

Selenskyj überreichte dem Kongress eine ukrainische Flagge, die von den Frontsoldaten in Bachmut signiert wurde.
Selenskyj überreichte dem Kongress eine ukrainische Flagge, die von den Frontsoldaten in Bachmut signiert wurde.

Selenskyj überreichte dem US-Kongress eine ukrainische Flagge, die von den Frontsoldaten in Bachmut signiert wurde.

(Foto: Carolyn Kaster/AP/dpa)

Christian Freuding: In dem, was wir gerade am Boden erkennen, kann ich keine Vorbereitungen für eine nächste Offensive sehen. Es gibt schon seit mehreren Wochen harte Verteidigungskämpfe im Raum Bachmut, während an anderen Frontabschnitten eine relativ statische Gefechtsführung zu beobachten ist. Statisch heißt nicht, dass da nichts passiert. Täglich finden auch dort Artilleriegefechte statt. Aber natürlich richtet sich der Fokus derzeit auf die Region um Bachmut und Soledar.

Geht es dabei also eher um die Orte selbst?

Auf der ukrainischen Seite ist Bachmut auch zum Symbol geworden. Sie erinnern sich vielleicht an die Bilder von Präsident Wolodymyr Selenskyj, der die Fahne aus Bachmut in den US-amerikanischen Kongress trug. Das, was wir derzeit in diesem Frontabschnitt sehen, können wir nicht übertragen darauf, wie sich die Gefechte im Verlauf des Frühjahrs möglicherweise entwickeln werden.

Militärexperten rechnen damit, dass in den nächsten Wochen wieder Offensiven folgen könnten - womöglich auch von beiden Seiten. Womit rechnen Sie da ganz konkret?

Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Wochen beide Seiten versuchen werden, in die Initiative zu kommen und auch wieder Offensivoperationen durchzuführen. Das wird nicht über den ganzen Frontverlauf möglich sein. Wir sehen, dass auf russischer Seite Vorbereitungen für Offensivoperationen getroffen werden und die Mobilisierung im Prinzip schleichend vorangeht. Es ist ein Wettlauf, wer schneller fertig und wer schneller vorbereitet sein wird, um dann in die Initiative gehen zu können.

Die Russen hatten zuletzt große Probleme mit dem Nachschub. Es hieß, dass sie den Winter nutzen wollen, um ihre Lücken wieder aufzufüllen. Kann man bereits sehen, dass sie besser aufgestellt sind?

Russland steht vor einer logistischen Herausforderung, es ist auf diese Ausdehnung der Front nicht eingestellt und hat keine mobilen Logistik-Truppen, weil sie sich über Jahrzehnte ausschließlich auf ein sehr gutes ausgebautes Schienennetz verlassen haben. Wir sehen aber durchaus Anstrengungen, das zu kompensieren - zum Beispiel in der Nachbeschaffung und in der Nachproduktion von Munition. Das gelingt bei der Munition, die einfacher herzustellen ist, weil es Artilleriekaliber sind. Schwieriger wird es bei dem, wozu wir im Westen "Manufaktur" sagen würden: Lenkflugkörper und Raketen.

Heißt das, Russland könnte die Munition ausgehen?

Russland hat den Verbrauch an Artilleriemunition in den vergangenen Monaten bewusst reduziert. Auf dem Höhepunkt der russischen Offensivoperationen im Donbass - im Mai, Juni und Juli - haben wir einen Verbrauch an russischer Artilleriemunition von bis zu 60.000 Schuss am Tag angenommen. Das hat man drastisch reduziert. Bei den aktuellen Operationen verbrauchen die Russen noch ungefähr 20.000 Schuss Artilleriemunition pro Tag. Wenn dieser Verbrauch beibehalten wird, dann sind die russischen Operationen mit normalkalibriger Munition sicherlich noch für das Jahr 2023 durchzuhalten.

Mit General Christian Freuding sprach Nele Balgo.