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Vorbote für Stuttgart 21: ICE-Strecke Wendlingen-Ulm ist fertig

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Erster Fahrgast auf der neuen Strecken: Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann (r) neben Bahnchef Lutz.

(Foto: picture alliance/dpa)

Während der milliardenteure Tiefbahnhof Stuttgart 21 weiter auf sich warten lässt, ist die 60 Kilometer lange Neubaustrecke zwischen Wendlingen und Ulm fertig. Der Bahnbeauftragte der Bundesregierung wertet die Neueröffnung als "Revolution der Reisezeit" für das ganze Netz.

Nur ein teurer Zeitgewinn oder ein entscheidender Schritt nach vorne? Eine Viertelstunde sparen Reisende zwischen Stuttgart und München durch die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm, über die Züge von diesem Sonntag an erstmals offiziell fahren werden. Abseits der Kosten von knapp vier Milliarden Euro sind viele Hoffnungen mit dem Projekt verbunden. Auch im Fahrplan wird sich das eine oder andere ändern. Freigegeben wird die Neubaustrecke zum Fahrplanwechsel am Sonntag.

Im Beisein von Ministerpräsident Winfried Kretschmann wurde die Strecke bereits am Vormittag offiziell eröffnet. "Die Neubaustrecke ist in mehrfacher Weise ein Gewinn: Sie verkürzt Reisezeiten und schafft mehr Verbindung. Stuttgart und Ulm rücken näher zusammen. Aber auch Paris und Budapest. Für uns als Exportland im Herzen Europas ist das ein wichtiger Aspekt", sagte der Grünen-Politiker.

Bahnchef Richard Lutz schwärmte: "Die Strahlkraft der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm reicht weit über die Region hinaus. Sie ist der neue Tempomacher für die Bahn und eine tragende Säule in unserem Schienennetz. Schon heute ist der Nutzen für die Menschen und die Wirtschaft enorm. Und er wird noch größer sein, wenn in drei Jahren Stuttgart 21 eröffnet wird." Der Bahnbeauftragte der Bundesregierung, Michael Theurer, sprach von einer "Revolution der Reisezeit" und einer ingenieurtechnischen Meisterleistung.

Während die 60 Kilometer lange Neubaustrecke fertig ist, lässt Stuttgart 21 auf sich warten. Deshalb könne der Bau zwischen Wendlingen und Ulm seine Vorteile in Summe erst ab 2025 mit der geplanten Fertigstellung des neuen Stuttgarter Hauptbahnhofs ausspielen, teilten Bahn und Land mit. Selbst dann werden viele Teile des Projekts nur auf dem Papier stehen und nicht umgesetzt sein. Profitieren werden von der neuen Schiene unter anderem Zugreisende zwischen Tübingen, Reutlingen und Ulm. Hier verkürzt sich die Fahrzeit über die Neubaustrecke um bis zu 40 Minuten. Zwischen Ulm und Wendlingen fahren künftig zudem stündlich Regionalzüge mit Tempo 200. In beide Richtungen fährt außerdem einmal pro Stunde ein ICE über die Neubaustrecke. Mit ihr gibt es laut Bahn ein verbessertes tägliches Angebot zwischen Stuttgart und München um rund 20 auf 90 Fahrten.

Weitere Verkürzung der Reisezeit beim Start von Stuttgart 21

Der Wermutstropfen des sogenannten Vorlaufbetriebs: Die Trasse deckt nur einen Teil der geplanten Strecke zwischen Stuttgart und Ulm ab. Je nach Fahrtrichtung wird vor oder hinter Wendlingen erstmal gebremst. Denn wegen der hohen Streckenbelastung zwischen Wendlingen, Plochingen und Stuttgart können die Regionalzüge laut Bahn nicht direkt nach Stuttgart geleitet werden. In Wendlingen heißt es also "Umsteigen" für Reisende im Regionalverkehr - sie müssen mit der Neckar-Alb-Bahn weiter. Der Fernverkehr fährt neben der neuen Trasse nach wie vor auch über die bisherige Strecke via Geislingen und Göppingen durch das Filstal.

Mit dem Start der Neubaustrecke, die teilweise parallel der Autobahn 8 verläuft, verkürzt sich die Reisezeit im Regionalverkehr zwischen Ulm und Stuttgart zunächst um vier bis sieben Minuten. ICE-Züge brauchen auf dieser Strecke dann rund 15 Minuten weniger. Erstmalig wird zudem der neue Regionalhalt Merklingen angesteuert. Wird schließlich auch der Stuttgarter Tiefbahnhof mit seinen Anschlüssen 2025 in Betrieb genommen, soll die Fahrzeit zwischen Stuttgart und Ulm insgesamt rund eine halbe Stunde kürzer sein.

Das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm umfasst neben der Neubaustrecke auch den Tiefbahnhof in der Stuttgarter Innenstadt samt unterirdischer Anbindung an den Flughafen. Das Projekt kostet mehr als 9 Milliarden Euro. Im Finanzierungsvertrag waren 2009 noch 4,5 Milliarden Euro festgelegt worden. 1995 hatten Bahn, Bund, Land und Stadt die Kosten mit rund 2,6 Milliarden Euro veranschlagt. Als Gründe für die Steigerungen werden unter anderem gestiegene Baupreise, Fehlkalkulationen, Auflagen aus Genehmigungen sowie Änderungen technischer Vorschriften aufgeführt.