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Wahl in Niedersachsen: Das stille, aber kräftige Comeback der AfD

Im Osten fährt die AfD schon seit Jahren erschreckend gute Ergebnisse ein. Nun stellt sich heraus: Auch im Westen ist die Partei auf dem Weg, zweistellig zu werden. Damit wäre sie mehr als eine reine "Ostpartei".

Ausgerechnet in Niedersachsen, einem Bundesland, in dem die AfD sogar während der Flüchtlingskrise 2015 nicht über acht Prozent in Umfragen erreichte, könnte es jetzt zu einem Ergebnis von 10 bis 11 Prozent kommen. Im Juni lag die AfD in den Umfragen noch bei mageren 6 Prozent. Ein Alarmsignal für die anderen Parteien - auch für die Linke.

Während mit Ausnahme der Grünen alle anderen verlieren dürften, ist eine Verdoppelung für die AfD im Vergleich zu den 6,2 Prozent bei der Landtagswahl 2017 durchaus im Rahmen des Möglichen. Aber warum eigentlich?

"Stunde der Populisten"

Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler und Redakteur der Monatszeitschrift "Blätter für deutsche und internationale Politik", widerspricht der These, dass die AfD bis jetzt nur eine reine "Ostpartei" gewesen sei.

Im Gespräch mit ntv erklärt von Lucke: "Die AfD ist beileibe nicht nur eine Ostpartei, das war sie schon in der Fluchtkrise 2015 nicht. Sie erfährt immer dann bundesweiten Zuspruch, wenn die Krise besonders groß ist, aber auch der Zweifel an der dominierenden Politik. Dann ist die Stunde der Populisten mit den einfachen Antworten gekommen."

Trotzdem stimmt: Im Westen ist die AfD deutlich weniger erfolgreich als im Osten. Niedersachsen könnte ein Comeback darstellen und ein erster Hinweis darauf sein, dass die Zukunft der AfD vielleicht doch nicht nur in Ostdeutschland liegt.

Götz Frömming, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, sagte ntv: "Wir haben inzwischen auch bundesweit ein festes Stammwählerklientel, auf das wir uns verlassen können. Die liegt bei etwas unter 10 Prozent. Um wie viel es dann höher geht, das hängt davon ab, welche Fehler die anderen machen - aus Sicht der Bürger. Dann kommen auch Protestwähler wieder dazu."

Zudem, so Frömming, zeige der Blick in andere Länder, dass die Existenz eines "politischen Angebots rechts der Mitte" mittlerweile zur demokratischen Normalität gehöre: "Deutschland hat diese Entwicklung, die sich beispielsweise in Österreich oder in Schweden schon früher abzeichnete, mit einer gewissen Verzögerung nachgeholt."

"Rechtspopulistischer Protest verfängt mehr"

Vor allem für die dezimierte Linke dürfte der Rückenwind der AfD ein Dorn im Auge sein. Denn letztlich buhlen AfD und Linkspartei um die gleiche Klientel, meint auch Albrecht von Lucke. "Offensichtlich hat die AfD damit mehr Erfolg. Ein rechtspopulistischer Protest verfängt derzeit also mehr als ein linkspopulistischer."

Zudem müsse man feststellen: "Im Westen schwindet offenbar die früher noch vorhandene Sensibilität, eine solche, in Teilen dezidiert rechtsradikale Partei wie die AfD nicht zu wählen", sagt von Lucke. Auch die prorussische Haltung der AfD-Spitze um Alice Weidel und Tino Chrupalla schade nicht, im Gegenteil: "Die Tatsache, dass die AfD Russland ausgesprochen nahe steht, ist für viele Menschen offenbar auch im Westen irrelevant", sagt der Politikwissenschaftler. Die AfD verspreche die völlig irrationale, aber schnelle Lösung: Wenn wir nur keine Waffen mehr liefern und die Sanktionen beenden, dann wäre der Krieg bald beendet und damit auch unsere Energie- und Wirtschaftsprobleme. "Genau das stößt bei vielen Menschen in ganz Deutschland auf offene Ohren."

"Wir wollen schon mitregieren"

Die große Frage ist: Was will die AfD eigentlich? Will sie mitregieren auf Landes- oder gar Bundesebene? Frömming hält sich das offen: "Natürlich muss man, zum Wohle des Landes, auch bereit sein, in eine bürgerliche Koalition mit der geläuterten CDU oder mit der FDP einzutreten. Wir wollen schon mitregieren, aber natürlich nicht um jeden Preis."

Sollte die AfD bei der Wahl in Niedersachsen am Sonntag wirklich über zehn Prozent kommen, dann dürfte jedenfalls auch im Berliner Politikbetrieb angekommen sein, dass der vermeintliche Abgesang der AfD vorbei ist. Und der Winter in Deutschland hat noch nicht mal wirklich begonnen.