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Wall-Street-Boni brechen ein: 177.000 Dollar Erfolgsprämie - trotz Bankenkrise

Wall-Street-Boni brechen ein 177.000 Dollar Erfolgsprämie - trotz Bankenkrise

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Day of Long Faces (DOLF): Der durchschnittliche Pro-Kopf-Bonus bei den Wall-Street-Banken ist im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Viertel gefallen, aber ...

(Foto: REUTERS)

2022 war eines der schlechtesten Jahre seit Langem in der US-Finanzindustrie: Die Boni brechen so stark ein wie seit 2008 nicht mehr. Trotzdem muss man sich um die finanzielle Gesamtsituation der US-Banker keine Sorgen machen.

Der Jahresanfang ist für Banker die wichtigste Zeit des Jahres. Nicht nur, weil sie da wie die meisten Menschen noch eifrig an der Umsetzung ihrer guten Vorsätze arbeiten. Sondern weil sich im Januar oder Februar alle Jahre wieder ein Ritual wiederholt: Die Angestellten der großen Geldhäuser bekommen die Höhe ihrer jährlichen Bonuszahlungen mitgeteilt.

Der Bonustag hat einen so hohen Stellenwert in der Wall-Street-Kultur, dass ihn die Finanzindustrie unter einem besonderen Namen kennt: der Day of Long Faces (DOLF). Dieses Jahr dürfte es am DOLF besonders viele traurige Gesichter gegeben haben. Denn der durchschnittliche Pro-Kopf-Bonus ist im Vergleich zum Vorjahr laut einem Bericht des New York State Comptroller's Office um mehr als ein Viertel gefallen - auf nur noch 176.700 Dollar. Aktienoptionen und andere Formen von variabler oder aufgeschobener Vergütung sind nicht mit eingerechnet. Im Rekordjahr 2021 waren es im Schnitt noch 240.000 Dollar gewesen.

Flaute an der Wall Street

Es ist der größte Einbruch seit dem großen Crash von 2008: Angesichts galoppierender Inflation, steigender Zinsen und schlechter Wirtschaftsaussichten strichen viele Konzerne ihre Finanzmarktaktivitäten zusammen. Für die Banker bedeutete das weniger Deals und damit schrumpfende Beratungshonorare und Gebühren für Anleiheplatzierungen, Börsengänge und Übernahmen. Das "Wall Street Journal" hatte schon im Dezember berichtet, dass die großen US-Banken ihre Bonus-Pools um bis zu 40 Prozent zusammengestrichen hätten.

Die Boni fallen damit wieder auf das Niveau vor der Corona-Pandemie. Insgesamt 33,7 Milliarden Dollar kassierten die Banker 2022 neben dem Festgehalt als Prämien, nach 42,7 Milliarden Dollar im Vorjahr. Das ist auch der Grund, warum der Comptroller, eine Art oberster Kassenwart des Bundesstaats New York, über die Ausschüttungen Buch führt: Sie sind ein enormer Wirtschaftsfaktor. Mehr als ein Fünftel der Steuereinnahmen des Staats und fast ein Zehntel der Stadt New York kommen aus der Finanzindustrie, jeder elfte Job hängt direkt oder indirekt von ihr ab.

Milliardenboni mitten in der Krise

Auch wenn die Boni jetzt für die Performance im vergangenen Jahr gezahlt werden, als es das Bankenbeben noch nicht gab: stattliche Erfolgsprämien in Milliardenhöhe an Banker unmittelbar vor dem Beginn weltweiter Finanzmarkturbulenzen dürften auf viele Durchschnittsverbraucher reichlich schräg wirken.

Das liegt aber auch an den Vergütungsstrukturen an der Wall Street: Neben dem Festgehalt ist der jährliche Bonus für viele Banker ein wesentlicher Teil ihrer Bezahlung und fest eingeplant - Bankenkrise hin oder her. Seit Mitte der 90er Jahre hat der Stellenwert der Extravergütung immer stärker zugenommen. Im Jahr 1993 lagen die Durchschnittsprämien noch bei 39.700 Dollar - im vergangenen Jahr waren es eben fast 200.000 Dollar. Der Gesamtwert der Boni hat sich zugleich in den letzten 20 Jahren fast versechsfacht.

Bei einem Geldhaus, wo es einen direkteren Zusammenhang zwischen Bankenkrise und Boni gibt, wird das Missverhältnis besonders offensichtlich. Die Credit Suisse hatte ihren Mitarbeitern laut "Bloomberg" versprochen, alle Boni und versprochenen Gehaltserhöhungen zu zahlen - kurz nach der Rettung durch den Rivalen UBS mit milliardenschweren Staatsgarantien.

In einem internen Memo hieß es demnach, alle Boni sollten am 24. März gezahlt werden, wie eine Sprecherin der Credit Suisse bestätigte. Laut anderen Medienberichten hatte die Bank ihren Mitarbeitern bereits eine Milliarde Euro zugesagt oder zum Teil ausgezahlt. Die Schweizer Regierung fror daraufhin alle Bonuszahlungen für die Geschäftsjahre bis 2022 ein. Für die Credit-Suisse-Banker dürfte das wohl der schlimmste DOLF ihres Lebens gewesen sein.