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Wer ist hier der Terrorist?: Böhmermann entlarvt unangebrachten RAF-Vergleich

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Es ist nicht das erste Mal, dass Jan Böhmermann mit seiner Sendung eine Debatte auslöst.

(Foto: picture alliance/dpa)

Mit einem Aufruf im Stil eines RAF-Fahndungplakats treibt Satiriker Jan Böhmermann die Kritiker von Klima-Aktivisten der "Letzten Generation" auf die Barrikaden. "Geschmacklos" und "geschichtsvergessen" sei das, rufen viele - und merken zu spät, dass sie in die Falle getappt sind.

Satiriker Jan Böhmermann hat sich mit einem Tweet, in dem ein Fahndungsplakat mit zahlreichen prominenten Politikern, Journalisten und anderen Wortführern zu sehen ist, heftige Kritik eingehandelt. Das Plakat ist dem Stil einer öffentlichen Fahndung nach den Terroristen der linksextremistischen Roten Armee Fraktion (RAF) nachempfunden, die in den späten 1960er und 1970er Jahren zahlreiche Anschläge und auch Morde verübte. Böhmermann setzte unter anderem FDP-Finanzminister Christian Lindner und dessen Ehefrau Franca Lehfeldt auf die Liste, aber auch "Welt"-Chefredakteur Ulf Poschardt, FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff oder den Virologen Hendrik Streeck.

Auf dem Plakat ist zu lesen, diese gehörten der "Lindner/Lehfeldt-Bande" an - eine Anspielung auf die "Baader/Meinhof-Bande", die erste Generation der RAF. Auf dem Plakat, das es in ähnlicher Form tatsächlich gegeben hat, steht, es handele sich um linksradikale Gewalttäter, die "wegen Beteiligung an staatsfeindlichem Aktivismus, Bildung einer kriminellen Vereinigung, gemeinschaftlicher Vorbereitung schwerer staats- und menschheitsgefährdender Straftaten und anderen Straftaten" steckbrieflich gesucht würden. Es sei eine Belohnung für Hinweise, die zur Ergreifung führen, in Höhe von 100.000 Deutschen Mark ausgesetzt; und der Zusatz, die Straftäter machten "rücksichtslos von ihrem Jagdschein Gebrauch".

Nicht nur bei den Abgebildeten sorgte das Plakat für heftige Empörung. Die "Welt"-Kolumnistin Anna Schneider, die ebenfalls auf dem Plakat abgebildet ist, twitterte ironisch, es sei "völlig cool und normal, dass der auch von meinen Gebühren zwangsfinanzierte ÖRR-Clown mich und andere, die nicht denken wie er, zum Terroristen erklärt". Auch der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer zeigte sich schockiert und schrieb, der Tweet sei "geschmacklos, geschichtsvergessen und falsch". Allerdings hatte er selbst im Februar mit Blick auf die Klima-Proteste von "Ende Gelände", "Extinction Rebellion" und "Letzte Generation" vor einer "grünen RAF" gewarnt.

RAF-Vergleich, der hinkt

Und das ist auch des Rätsels Lösung: Was alle abgebildeten Vertreter aus Politik, Medien und Gesellschaft (abgesehen von Lindner) gemeinsam haben, erklärte Böhmermann am späten Freitagabend in seiner Sendung "ZDF Magazin Royale": Sie hatten die Aktivisten der "Letzten Generation" mit Terroristen oder gleichgesetzt oder sie als "Klima-RAF" bezeichnet. Für Böhmermann ist das ganz offensichtlich ein unzulässiger Vergleich - weshalb er in seiner Sendung den Spieß umdrehte. "Die Klima-RAF ist nur eine Suppe, nur einen Pritt-Stift davon entfernt, den Arbeitgeberpräsidenten zu erschießen! Die wahren Staatsfeinde haben sich jahrelang hinter einer bürgerlichen Fassade versteckt", erklärte Böhmermann mit reichlich Zynismus.

Den Journalisten der "Welt" warf er vor, sie seien "radikale Aktivistinnen und Aktivisten mit einer klar staatsfeindlichen Agenda. Hier müssen die Strafverfolgungsbehörden jetzt handeln!" Auch die FDP bekam ihr Fett weg: Sie sei eine staatszersetzende Gruppe, die sich in den deutschen Parlamenten ausgebreitet habe. "Da kann es nur eine Lösung geben: Präventivhaft für diese radikalen Staatsverächter und ihre willfährigen Helfer!", forderte Böhmermann in Anspielung an die Appelle diverser Politiker und auch aus Reihen der Polizei, man müsse die Klima-Aktivisten "einfach wegsperren", bevor sie weitere Autobahnen oder Flughäfen lahmlegen können.

"Linke haben keinen Humor"

Die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" waren zuletzt heftig in die Kritik geraten, nachdem einige von ihnen am Hauptstadtflughafen BER den Flugbetrieb lahmgelegt hatten. Die Aktivisten kletterten dazu durch den Sicherheitszaun und blockierten die Startbahnen auf dem Flughafengelände. Zahlreiche Politiker forderten Konsequenzen - und mahnten, der Rechtsstaat müsse nun handeln. Die Aktivisten haben inzwischen angekündigt, vorerst keine neuen Aktionen zu planen. "Ich denke, wir alle - Gesellschaft und Politik - können eine Verschnaufpause gut gebrauchen, um die erhitzten Gemüter etwas zu beruhigen", wurde "Letzte Generation"-Sprecherin Aimée van Baalen zitiert.

Böhmermann kommt die Aufregung um das gefakete Fahndungsplakat gerade recht, denn es löste in den sozialen Medien eine breite Debatte darüber aus, ob Vergleiche mit der RAF - wen auch immer sie treffen - angemessen sind. Für die empörte Frage seiner vornehmlich aus konservativen Kreisen stammenden Kritiker, ob das noch Satire sei, hat er indes kein Verständnis. "Linke haben keinen Humor", twitterte er.