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Wie Marsaleks Nowitschok-Leak Österreichs Ansehen schwer beschädigte

Vor seinem Verschwinden aus Deutschland im Juni 2020 hantierte der damalige Wirecard-Manager Jan Marsalek mit heiklen Unterlagen – mit deren Besitz er sich Dritten gegenüber brüstete.

Marsalek war offenbar 2018 an eine Kopie eines von den österreichischen Behörden als „geheim“ eingestuften Berichts gelangt, den die internationale Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) zu dem Russland zugeschriebenen Nowitschok-Anschlag auf den Überläufer Sergei Skripal im März 2018 im englischen Salisbury erstellt hatte.

WELT AM SONNTAG liegt nun ein vertraulicher Bericht des österreichischen Bundesamts zur Korruptionsbekämpfung zu diesem Vorgang vor. Aus dem Bericht vom 13. Juli 2021 geht hervor, dass Marsalek nach Einschätzung der Behörden tatsächlich – dank Quellen in Wien – im Besitz einer Kopie der heiklen Unterlagen war.

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Die Korruptionsbehörde schreibt in ihrem Geheimbericht, das Datenleck habe dem Ruf der Republik Österreich schwer geschadet. „Die widerrechtliche Weitergabe von sensiblen und klassifizierten Informationen und Dokumenten“, die dann ihren „Weg zu Jan Marsalek“ fanden, werfe „Österreich bei der internationalen Zusammenarbeit erneut massiv zurück und schädigt das Ansehen unserer Republik in einem schweren Ausmaß“, formuliert die Behörde.

Das Papier unterstrich auch die hohe Bedeutung, die ein Zugang zu diesen Unterlagen damals für die russische Seite hatte: „Für den russischen Militärgeheimdienst GRU, welcher in der internationalen Staatengemeinschaft für den Nervengiftanschlag in Großbritannien öffentlich verantwortlich gemacht wurde, bestand ein hoher Druck zur nachrichtendienstlichen Beschaffung von Informationen über den im Westen vorliegenden Ermittlungsstand.“

Ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter spricht erstmals

Im Gespräch mit WELT AM SONNTAG und dem Bayerischen Rundfunk äußerte sich nun erstmals der ehemalige österreichische Geheimdienstler Martin Weiss öffentlich, gegen den im Zusammenhang mit dem Verschwinden Marsaleks in Wien und München ermittelt wird.

Der frühere Abteilungsleiter im österreichischen Verfassungsschutz hatte noch Monate nach dem Verschwinden Marsaleks Kontakt mit diesem. Weiss sagte bei einem Treffen mit Reportern in Dubai, er habe bis ins Frühjahr 2021 hinein Anrufe von dem per Haftbefehl gesuchten Manager über die verschlüsselten Messengerdienste Signal oder Threema erhalten. Dann sei der Kontakt abgebrochen.  Nachprüfen lassen sich die Angaben von Weiss nicht.

Weiss, der heute in Dubai für ein Finanz- und Anlageunternehmen arbeitet, wies den Vorwurf der Fluchthilfe zurück.

Marsalek war am 19. Juni 2020 vom österreichischen Bad Vöslau nach Minsk geflogen. Zuvor war bekanntgeworden, dass in der Bilanz des deutschen Zahlungsdienstleisters eine Summe von 1,9 Milliarden Euro fehlten. Angeblich wollte Marsalek auf die Philippinen reisen, um zur Aufklärung beizutragen. Doch stattdessen reiste er vermutlich nach Moskau, wo er nach Erkenntnissen des Bundesnachrichtendienstes vom russischen Geheimdienst geschützt untergetaucht sein könnte.

Einen Tag vor der Flucht hatte Weiss noch an einem Essen mit Marsalek in München teilgenommen, der ihn dabei um die Organisation eines Fluges gebeten habe. Als Fluchthelfer sehe er sich aber nicht, wie er bei dem Treffen in Dubai sagte. Er verwies darauf, dass der Haftbefehl gegen Marsalek erst Tage später am 22. Juni 2020 ausgestellt wurde.

„Wie bei einer Ehe“

Weiss erklärte, er habe nach dem Ausscheiden aus dem Verfassungsschutz 2018 Kontakt zu Marsalek aufgenommen. Den habe er bereits drei Jahre zuvor in einem Wiener Ministerium getroffen. „Ich habe ihn gefragt, ob er nicht etwas für mich hätte. Er hat dann von einem Start-up gesprochen.“ Gemeint war die Beteiligungsgesellschaft von einem Geschäftsfreund Marsaleks in München, für die er an einigen Projekten mitgearbeitet hätte.

Der Ex-Geheimdienstler beschreibt Marsalek als weltoffen und gut informiert. „Ich würde ihn als jemanden charakterisieren, mit dem man über alle Themen reden kann, in vielen Sprachen.“ Obwohl auch gegen Weiss wegen der Flucht und möglicher Aufträge zu illegalen Abfragen staatsanwaltliche Ermittlungen laufen, klingen seine Worte nicht nach Groll. „Es ist nun mal im Leben so. Fast wie bei einer Ehe. Da wissen sie auch nicht, ob sie gut geht oder nicht.“

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