Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

WM 2022: Deutschland vs. Spanien - Niclas Füllkrug: Wegen solcher Geschichten macht Fußball doch noch Spaß

Der König der Reservisten: Joker Niclas Füllkrug lässt sich für sein Ausgleichstor feiern

Der König der Reservisten: Joker Niclas Füllkrug lässt sich für sein Ausgleichstor feiern

Foto: IMAGO/ULMER / IMAGO/Ulmer/Teamfoto

Dieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.

Ein Märchen: Ansehnlich war es immer wieder, was die deutschen Angreifer gegen Spanien auf den Rasen brachten: tolle Ballmitnahmen, Dribblings unter Druck. Auch der eine oder andere schöne Pass war dabei. So zu sehen, als Leroy Sané den auffälligen Jamal Musiala  in Szene setzte, der sich mit dem ersten Kontakt durch- und in den Strafraum absetzte. Wichtiger aber war, was dann passierte: Einwechselspieler Niclas Füllkrug, Spitzname »Lücke«, schob sich zwischen Ball und Mitspieler, stibitzte Musiala den Ball vom Fuß. Dann holte der Stürmer von Werder Bremen aus – und drosch den Ball zum Ausgleich ins Tor. Füllkrug zeigte eindrücklich, wie man einen kreativen Spielzug auch veredelt. Davon gab es ja gegen Japan schon genug, nur niemanden, der daraus auch Tore erzielt. Noch vor einem Jahr schoss Füllkrug Tore in der Zweiten Liga. Jetzt rettet er Deutschland bei einer WM und es wird darüber diskutiert, ob er nicht besser in die Startelf gehört. Ein Märchen. Wegen solcher Geschichten macht Fußball trotz all der Schlechtigkeiten doch noch Spaß.

Das Ergebnis: 1:1 (0:0) trennt sich die deutsche Nationalmannschaft von Spanien. Ein leistungsgerechtes Ergebnis, und das darf dem Team von Bundestrainer Hansi Flick als Kompliment ausgelegt werden. Hier geht es zum Spielbericht.

Auf ihren Füßen sollt ihr stehen: Bundestrainer Hansi Flick hatte überraschend nur drei Planstellen seines 26-Mann-Kaders für die WM mit defensiv tauglichen Mittelfeldspielern bestückt. Gegen Spanien wollte er sie alle von Beginn an sehen: Neben Joshua Kimmich begab sich dessen Bayern-Kollege Leon Goretzka auf die Doppelsechs, İlkay Gündoğan rückte auf die Zehn. Von dort nahm er Spaniens Sergio Busquets mitunter in Manndeckung. Die DFB-Elf stellte klar: Spaniens Herzstück, das Mittelfeld, sollte keinen Raum zur Entfaltung bekommen.

Entfesslungskünstler in Rot: Bloße Spielzerstörung war das Anliegen der deutschen Mannschaft aber nicht. Im Gegenteil: Beiden Teams war anzumerken, dass sie den Kombinations- dem Hauruckfußball jederzeit vorzogen. Auf hohem Niveau trafen organisiertes Pressing und ballsicheres Passspiel aufeinander, oft mit dem besseren Ende für die Spanier. Wenn diese sich durch den deutschen Block hindurchspielen konnten, wurde es gefährlich: Manuel Neuer lenkte einen Schuss von Dani Olmo an die Latte (8. Minute). Ferran Torres schob den Ball aus zehn Metern unbedrängt übers Tor – ein Treffer hätte wegen Abseits aber auch nicht gezählt (33.).

Flugshow wie in besten Zeiten: Mit einer starken Parade lenkt Manuel Neuer den Schuss von Dani Olmo an die Latte

Foto: MATTHEW CHILDS / REUTERS

Tonis tolle Torabschlüsse: Auf YouTube existiert ein Video  , das Antonio Rüdigers Schussversuche aus der Distanz protokolliert. Mehr als eine Million Aufrufe zählt der Zusammenschnitt, die Partie gegen Spanien fügte der Sammlung einen weiteren übereifrigen Gewaltschuss aus gut 30 Metern hinzu. »Alle 560 Abschlüsse geht mal einer rein«, kommentierte ZDF-Experte Sandro Wagner lakonisch. Tatsächlich kam Rüdiger einer deutschen Führung noch zweimal ganz nah: Einmal mit einem Kopfballtreffer aus dem Abseits (40.), einmal mit einem Volley aus spitzem Winkel (45.).

Bambi und die Best Ager: Nach der Ära Joachim Löw sollte Nachfolger Flick einen Umbruch einleiten. Der gelang nur bedingt: Gegen Spanien war die DFB-Elf so alt wie keine deutsche WM-Mannschaft mehr seit dem Finale 2002. Eine Ausnahme bildete der 19 Jahre alte Musiala, der sich im Triell der Wunderkinder mit Gavi (18 Jahre) und Pedri (20 Jahre) auf spanischer Seite messen durfte. Deutschlands Zukunftshoffnung tat sich lange schwer, war nach einem Dribbling, das Gegenspieler Busquets die Gelbe Karte einbrachte (44.), aber in der Partie. Je länger das Spiel ging, desto öfter fruchteten Musialas Tricks und schnelle Richtungswechsel. Dass Flick ihn als einzigen Offensiven durchspielen ließ, sprach über Musialas Stellenwert Bände.

Empfohlener externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Ordnung plus Erschöpfung gleich Chaos: Die zweite Hälfte wurde dann wilder, je weiter die Kräfte in diesem intensiven Spiel schwanden. Joshua Kimmich hatte die Führung auf dem Fuß (56.), der zur Pause eingewechselte Spanier Álvaro Morata machte sie tatsächlich (61.) und zeigte mit seinem anspruchsvollen Abschluss, als er eine Hereingabe mit dem ersten Kontakt ins Tor gleiten ließ, wie wertvoll so ein Mittelstürmer sein kann. Flick zog mit der Einwechslung von Füllkrug nach, der erst von Musiala übersehen wurde (73.), dann ausglich (83.) und zum Schluss fast mit dem ebenfalls eingewechselten Sané hätte jubeln können, der einen Konter jedoch nicht ganz sauber ausspielte (90.+6).

Alles in der eigenen Hand: Es klingt verrückt nach nur einem Punkt aus zwei Spielen, aber: Die deutsche Mannschaft braucht am Donnerstag (20 Uhr, TV: ARD/Magenta) keinerlei Schützenhilfe, um es ins Achtelfinale zu schaffen. Was sie stattdessen bräuchte, ist ein Sieg mit acht Toren Vorsprung gegen Costa Rica. Wahrscheinlicher aber ist Schützenhilfe aus Spanien. Gewinnt La Roja gegen Japan, reicht der DFB-Elf jeder Sieg. Bei einem Remis im Parallelspiel müsste Deutschland Costa Rica mit zwei oder mehr Toren Unterschied besiegen. Um es mit Manuel Neuers Worten zu sagen: »Das Wichtige ist: Wir leben noch.«