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EV6 GT: Ein E-Sportler als Imageträger

EV6 GTEin E-Sportler als Imageträger

Kia will mit dem EV6 GT ein Statement setzen: Mit einer Gesamtleistung von 585 PS ist er das bis dato stärkste Serienmodell der Südkoreaner.

585 PS oder 430 kW schlummern unter dem progressiven Blechkleid des neuen Kia EV6 GT.

585 PS oder 430 kW schlummern unter dem progressiven Blechkleid des neuen Kia EV6 GT.

Foto: Kia

Kia hat in den vergangenen Jahren einen bemerkenswerten Aufstieg hingelegt. Aus der einstigen Low-Budget-Marke ist einer der härtesten Konkurrenten für die europäischen und japanischen Autogiganten geworden. Mittlerweile wildern die Südkoreaner sogar im Revier von Tesla – dank der konzerneigenen Plattform E-GMP, auf der auch der Konzernbruder Hyundai Ioniq 5 oder der Genesiv GV60 steht, nehmen sie bei reinen Elektrofahrzeugen eine technologische Führungsrolle ein. Auch die wahrscheinlich über 70’000 Franken kostende neue Spitzenversion der EV6-Baureihe, der 430 kW / 585 PS leistende GT, kann dank seines 800-Volt-Bordnetzes den 77,4 kWh grossen Akku theoretisch in 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent laden (siehe Box).

Optisch zeigen sich schon die zivilen Varianten des internationalen «Autos des Jahres 2022» ziemlich offensiv. Das Design mag nicht jedem gefallen, der Mut scheint von der Käuferschaft aber belohnt zu werden. Seit dem Marktstart im vergangenen Herbst hat der Autobauer allein in Europa fast 25’000 Einheiten des EV6 abgesetzt.

Ab November kommt nun also der GT: Auch wenn der EV6 als ungewohnt flach geratener Crossover in keine Schublade passen soll, bezeichnet Kia ihn als klassischen Gran Turismo. Der knapp 4,70 Meter lange Fünfsitzer ist nämlich nicht nur schnell – sondern verfügt zumindest theoretisch mit 424 Kilometern auch über eine ausreichende WLTP-Reichweite für längere Strecken.

Ein Elektromotor pro Achse

Da das Grundmodell EV6 mit seiner aggressiv dreinblickenden Schnauze, der flachen Dachlinie sowie dem auffälligen Leuchtbogen am Heck optisch ohnehin schon ziemlich extrovertiert auftritt, hat sich Kia bei der GT-Version mit weiterer Sportschminke zurückgehalten. 21-Zöller im exklusiven Design, eine stärker akzentuierte Motorhaube sowie dezent modifizierte Front- und Heckschürzen inklusive eines markanteren Diffusors grenzen die Sportversion äusserlich vom Standard-EV6 ab. Neongelbe Bremssättel runden die Sportkur äusserlich ab. Innen spendiert Kia dem Topmodell in der vorderen Reihe Schalensitze. Dazu kommt ein neongelber Knopf am Lenkrad, mit dem der GT-Modus aktiviert wird.

Mit 585 PS fällt die GT-Version gleich um 260 PS (191 kW) stärker aus als die zweitstärkste Motorisierung EV6 AWD. Beide Varianten verfügen zwar über das gleiche Antriebslayout mit jeweils einem Elektromotor an beiden Achsen, bei der GT-Version gibt die hintere Maschine aber deutlich mehr Leistung ab. Der Unterschied ist in der Praxis beeindruckend: Wenn der GT-Mode aktiviert ist, in dem die Assistenzsysteme dem Fahrer deutlich mehr Spielraum lassen und die gesamte gebündelte Kraft der zwei Motoren zur Verfügung steht, sprintet der Fünfsitzer in 3,5 Sekunden von null auf hundert und erreicht theoretisch eine Spitzengeschwindigkeit von 260 km/h. Ist heutzutage zwar sinnlos, macht aber als Imageträger Eindruck. 

Eine dezente Diffusoroptik und 21-Zoll-Räder sind Erkennungsmerkmal der GT-Version.

Eine dezente Diffusoroptik und 21-Zoll-Räder sind Erkennungsmerkmal der GT-Version.

Fotos: Kia

Schon im Sportmodus lässt das elektronisch gesteuerte Dämpfersystem selbst in sehr schnell genommenen Kurven nahezu keine Seitenneigung und kaum Wankbewegungen zu. Gleichzeitig sorgt ein elektronisches Sperrdifferenzial dafür, dass die Räder mit dem meisten Grip mit besonders viel Leistung versorgt werden. Auch im Sport- und GT-Modus werden die Passagiere dabei nicht über Gebühr malträtiert. Lediglich kurze Stösse werden mitunter recht herb in den Innenraum weitergegeben. Das Handling kann getrost als narrensicher bezeichnet werden – zumindest, wenn man nicht gerade im GT-Modus unterwegs ist.

Imageträger mit diversen Trümpfen

Obwohl der EV6 GT insgesamt sehr ausgereift wirkt, gibt es auch einige Kritikpunkte: Zum einen könnte die grundsätzlich exakte, geschwindigkeitsabhängige Lenkung mehr Rückmeldung bieten, zum anderen passt das Zweispeichenlenkrad aus dem Standard-EV6 nicht wirklich in ein sportliches Auto – es wirkt nicht nur klobig, sondern verdeckt bei einem stärkeren Lenkeinschlag auch die Sicht auf die Anzeigen und teilweise sogar auf das Head-up-Display.

Zudem dauert es recht lange, eine angenehme Sitzposition zu finden. Dass Kia in der Topversion auf eine elektrische Sitzeinstellung verzichtet hat, macht es nicht einfacher. Die Verarbeitung ist zwar gut, die Koreaner setzen aber selbst im oberen Bereich der Türverkleidungen auf schnödes Hartplastik. Trotzdem wird Kia mit dem EV6 GT sein Ziel wohl erreichen: einen elektrischen Imageträger auf die Strasse zu stellen, der die direkte Konkurrenz leistungsmässig in den Schatten stellt und ein gewisses fahrdynamisches Talent mit alltagstauglichem Komfort sowie angemessener Langstreckentauglichkeit verbindet.

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