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Gesundheitskosten im Parlament: Seit Jahren herrscht Reformstau –während die Kosten steigen

Gesundheitskosten im ParlamentSeit Jahren herrscht Reformstau –während die Kosten steigen

Massnahmen gegen hohe Medikamenten- und Spitalkosten werden zwar diskutiert. Doch mit konkreten Eingriffen tut sich die Politik schwer.  

In der Schweiz werden zu wenig Generika verschrieben. Ein Grund ist der zu geringe Preisunterschied zu Originalpräparaten.

In der Schweiz werden zu wenig Generika verschrieben. Ein Grund ist der zu geringe Preisunterschied zu Originalpräparaten.

Foto: Gaëtan Bally (Keystone)

Ein Patentrezept gegen steigende Kosten im Gesundheitswesen hat die Politik bisher nicht gefunden. Gesundheitsminister Alain Berset versucht es mit einem Strauss von Einzelmassnahmen, die er dem Parlament vorgelegt hat. Dort hat er bisher nur wenige Vorschläge durchgebracht.

So wollte Berset die hohen Preise der Generika mit einem sogenannten Referenzpreis senken und damit rund 500 Millionen Franken jährlich einsparen. Die Krankenkassen hätten für die Nachahmerpräparate nur noch einen vom Bund festgelegten Maximalpreis vergüten müssen.

Doch das Parlament lehnte 2021 die Idee eines behördlichen Höchstpreises ab, nicht zuletzt auf Druck der Pharmaindustrie. Somit bleibt das Problem der im Vergleich zum Ausland doppelt so hohen Generikapreise ungelöst.

Kostenziele statt einer Bremse

Einen kleinen Schritt zur Kostenkontrolle hat das Parlament jedoch gemacht. Krankenversicherer und medizinische Leistungserbringer wie Ärztinnen und Ärzte sollen Kostenziele für einzelne Bereiche festlegen und Korrekturmassnahmen ergreifen, sobald die Kosten in einem Bereich stark steigen. Dies könnten etwa Tarifsenkungen sein, falls bestimmte Behandlungen übermässig oft verordnet werden.

Allerdings verwässerte das Parlament Bersets Kostenziele. Bundes- oder Kantonsbehörden sollen nicht eingreifen können, wenn sich die Tarifpartner nicht auf Kostenziele und allfällige Tarifsenkungen einigen.

Die Kostenziele sind der Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei. Diese will deutlich weiter gehen: Bundesrat, Parlament und Kantone sollen eingreifen müssen, wenn die Gesundheitskosten im Vergleich zur Lohnentwicklung zu stark steigen.

Die Mitte behauptet, dass rund 20 Prozent der Kosten eingespart werden können, ohne dass es zu einer Qualitätseinbusse für die Patientinnen und Patienten kommt. Allerdings lehnen die anderen Parteien die Initiative ab. Eine rigide Kostenvorgabe würde unweigerlich zur Rationierung von Gesundheitsleistungen führen, lautet die Befürchtung.

Die SP wiederum will mit einer Initiative die Prämienlast auf zehn Prozent des Haushaltsbudgets begrenzen. Das Parlament will die Forderung der SP mit einem Gegenvorschlag teilweise aufnehmen.

Der 12-Milliarden-Tarif

Die grösste Kostenzunahme verzeichnete in den letzten 20 Jahren der ambulante Spitalbereich. Dies belastet die Prämienzahlenden deshalb stark, weil sich die Kantone an ambulanten Behandlungen nicht beteiligen müssen. Gleichzeitig werden immer mehr Eingriffe ambulant statt stationär durchgeführt. Wird ein Eingriff stationär vorgenommen, übernehmen die Kantone 55 Prozent der Kosten.

Gegen die Kostenverlagerung von stationär zu ambulant zulasten der Prämienzahlenden gibt es ein einfaches Mittel: Künftig sollen die Kantonsbeiträge gleichsam bei stationären wie ambulanten Behandlungen fliessen. Die entsprechende Reform wälzt das Parlament seit über zehn Jahren. Hauptstreitpunkt ist die Forderung der Kantone, auch die Langzeitpflege in Heimen neu zu regeln. Dagegen wehren sich die Krankenversicherer.

Gerungen wird zudem seit Jahren um ein neues Tarifsystem zur Abrechnung ambulanter medizinischer Behandlungen. Dabei geht es um ein Kostenvolumen von 12 Milliarden Franken im Jahr. Das geltende Tarifsystem Tarmed ist 20 Jahre alt und gilt als veraltet. Manche Behandlungen werden zu hoch vergütet, weil der Tarif nicht immer die aktuellen Behandlungsmethoden berücksichtigt.

Zwar haben die Ärzteverbindung FMH und der Kassenverband Curafutura mit Tardoc einen neuen Tarif ausgehandelt. Doch der Bundesrat hat diesen bereits mehrmals an die Verhandlungspartner zur Nachbesserung zurückgewiesen.

Markus Brotschi ist Bundeshausredaktor von Tamedia, Schwerpunkt seiner Berichterstattung ist die Sozial- und Gesundheitspolitik. Er arbeitet seit 1994 als Journalist und Redaktor. Mehr Infos

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