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Italien vor den Wahlen: Das Bündnis gegen Meloni zerfällt schon nach wenigen Tagen

Italien vor den WahlenDas Bündnis gegen Meloni zerfällt schon nach wenigen Tagen

Um Italiens Rechte zu besiegen, müssen andere Parteien mühsam zueinanderfinden. Die Partnersuche der Linken wirkt dabei ziemlich panisch und verläuft in Streitereien.

Sucht seit Wochen unermüdlich Verbündete: Enrico Letta, Chef der Sozialdemokraten und Ex-Premier.

Sucht seit Wochen unermüdlich Verbündete: Enrico Letta, Chef der Sozialdemokraten und Ex-Premier.

Foto: Keystone

Partnersuche ist heikel, erst recht in Torschlusspanik. Doch so passiert es gerade in Rom. Wer sich mit wem warum verbündet, diese Frage bewegt in Italien die Parteien heftig, die nicht zur Rechten zählen. Medien veröffentlichen jeden Halbsatz, der fällt, ob es um einzelne Politiker oder Parteien geht.

Der Wahlkampf läuft an, während der Feiertag Ferragosto naht, spätestens am 15. August will jeder am Meer oder in den Bergen sein. Aber es sind auch nur sechs Wochen bis zur Parlamentswahl am 25. September, und das Wahlrecht treibt die Parteien, Partnerschaften vorher einzugehen.

Wenig bewegt sich in den Umfragen. Das Bündnis der postfaschistischen Fratelli d’Italia (FDI) mit der rechtspopulistischen Lega und Silvio Berlusconis bürgerlicher Forza Italia führt weiter klar mit um die 46 Prozent, gut die Hälfte ziehen allein Giorgia Melonis Brüder Italiens auf sich. (Lesen Sie auch das Meloni-Porträt «Die Ängstliche macht allen Angst».)

Meloni, die von sich sagte, sie blicke entspannt auf den Faschismus, die Viktor Orban als Modell sieht und bis zum Ukraine-Krieg Wladimir Putin bewunderte, hat beste Aussichten, Italiens Regierungschefin zu werden. Geradezu verzweifelt wollen andere Parteien das verhindern.

Allianz mit Fünf Sternen ausgeschlossen

Stärkster Konkurrent der Rechten ist der sozialdemokratische Partito Democratico (PD), der in Umfragen gleichauf oder knapp unter den FDI abschneidet. Um diese Kraft müsste sich eine Allianz bündeln, um eine Chance zu haben. PD-Chef Enrico Letta sucht seit Wochen unermüdlich Verbündete. Das ist mühsam, er hat es mit Kleinparteien zu tun. Ein Bündnis mit den dezimierten Fünf Sternen, die bei 10, 11 Prozent stehen, schloss Letta kategorisch aus, weil sie das Ende der Regierung von Mario Draghi ausgelöst haben.

Letta hat auch schon Partner ausgemacht: die von der früheren EU-Kommissarin Emma Bonino geführte Più Europa (Mehr Europa) und die mit dieser verbündete Azione (Aktion), die Sinistra Italiana (Italienische Linke) und deren Partnerin Europa Verde (Grünes Europa). Die Kleinen könnten laut Umfragen 10 Prozent beisteuern, aber insgesamt bleibt das 10 Prozent unter dem, was die Rechte erwarten kann.

Und Lettas Allianz ist schon gebröckelt, ehe sie recht stand: Nach wenigen Tagen hat Azione-Führer Carlo Calenda den Pakt mit der PD gekündigt.

Aus dem Bündnis mit den Sozialdemokraten ausgeschert: Azione-Chef Carlo Calenda.

Aus dem Bündnis mit den Sozialdemokraten ausgeschert: Azione-Chef Carlo Calenda.

Foto: AFP

Carlo Calenda ist ein selbstbewusster Mann jenseits des Politiker-Schemas in Italien. Er war in der Wirtschaft tätig und lange parteilos. Als Letta Premier war, berief er ihn 2013 als Vize-Wirtschaftsminister, Calenda diente noch zwei weiteren Premiers. Kurz war er PD-Mitglied: Vor der Wahl 2018 trat er ein, 2019 wieder aus. Er hielt die Koalition mit den Fünf Sternen für falsch und gründete die Azione. Er nennt sich liberal-progressistisch. Wie Letta ist er überzeugter Europäer, sie waren einig, die Agenda Draghi weiterzuführen.

Warum er dann den eben gewählten Partner versetzt hat, erklärte Calenda zuerst in der Fernsehsendung der Journalistin Lucia Annunziata. Es sei «die schmerzhafteste Entscheidung meines Lebens» gewesen, sagte Calenda. Zu lange habe der PD nicht für etwas gearbeitet, sondern gegen jemanden – Berlusconi. Nun, so sagt Calenda, drohe der PD das zu wiederholen – mit einem Bündnis, nur gezimmert, um eine Rechtsregierung zu verhindern. Stimmen anzuhäufen reiche aber nicht, es brauche eine programmatische Politik der Taten.

Der eloquente Renzi ist öffentlich stark präsent, aber seine Partei dümpelt wie die Calendas um die 2 Prozent.

Den Pakt mit Letta schloss Calenda, ehe jener Sinistra Italiana und die linke Europa Verde mit ins Boot nahm, obwohl sie in einigen Grundsatzfragen abweichen. So ein Bündnis, noch dazu mit desertierten Fünf-Sterne-Leuten, sei Wählern nicht vermittelbar und müsse scheitern, urteilte Calenda. Auch da traf er einen wunden Punkt, der PD zerfleischte sich lange in linken Flügelkämpfen. Er habe gehofft, so Calenda, dass der PD den Mut hätte, als die linksliberale Partei aufzutreten, die keine noch linkere Facette brauche.

Drittes Lager in politischer Mitte

Calenda hat dann, wenig überraschend, das Gespräch mit einem anderen prominenten früheren PD-Mann gesucht: Matteo Renzi, dem Ex-Premier, der die Partei aufgemischt und Letta 2014 unsanft als Regierungschef verdrängt hatte. Seit 2019 führt er seine Partei Italia Viva (IV) und will die grosse Leerstelle in Italiens Politiklandschaft füllen, die liberale Mitte.

Der eloquente Renzi ist öffentlich stark präsent, aber seine Partei dümpelt wie die Calendas um die 2 Prozent. Calenda war auch in Renzis Kabinett, sie sind fast gleich alt, 49 und 47 Jahre, und meinen, ganz gut zueinanderzupassen. Renzi war sofort begeistert, dass Calenda doch nicht mit dem PD antritt: Nun sei die grosse Gelegenheit da für ein «terzo polo», sagte er, ein drittes politisches Lager in der Mitte.

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