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Kommentar zu den Krankenkassenprämien: Diese Krankheit kann geheilt werden

Kommentar zu den KrankenkassenprämienDiese Krankheit kann geheilt werden

Der Prämienschock ist hart, aber nötig. Damit steigt endlich der Reformdruck auf Politik und Kassen.

Die Gesundheitskosten kennen in der Schweiz nur eine Richtung: Steil nach oben. 

Die Gesundheitskosten kennen in der Schweiz nur eine Richtung: Steil nach oben. 

Foto: Keystone

Wir werden älter. Und wir bleiben gesünder. 

Eine erfreuliche Entwicklung – doch daran krankt unser Gesundheitssystem. Die Kosten steigen unaufhörlich; derzeit verschlingt es über 80 Milliarden Franken pro Jahr; allein die prämienfinanzierte Grundversicherung macht 36 Milliarden aus. Das bringt uns als Gesellschaft ins Dilemma: Niemand will ein derart exorbitantes Kostenwachstum. Aber alle wollen die bestmögliche Behandlung. 

Vor diesem Hintergrund ist der diesjährige Prämienschock bei den Krankenkassen heilsam. Die Prämienerhöhungen von durchschnittlich 6,6 Prozent werden zwar viele Menschen in Schwierigkeiten bringen, und das ausgerechnet in einer Zeit, in der Inflation und hohe Energiepreise die Haushaltsbudgets belasten.

Aber sie zwingen uns im Unterschied zu den Nullrunden der Vorjahre auch zu einem Realitätscheck: Die Kosten entstehen – also müssen sie bezahlt werden. Dass Bund und Kassen sie zuletzt mit einem Reserveabbau schöngerechnet haben, führt zum jetzigen Kostensprung. 

Strukturreformen bringen wenig, wenn bei medizinischen Behandlungen eine Flatrate-Mentalität vorherrscht.

Der Prämienschock erhöht deshalb den Druck auf die Politik. Um die Kosten einzudämmen, braucht es jetzt endlich wirksame strukturelle Reformen. Pflästerli wie immer ausgedehntere Prämienverbilligungen reichen nicht. Die Mitte-Partei hat mit ihrer Kostenbremseinitiative eine wichtige Diskussion angestossen. Das Parlament muss jetzt statt einer starren Kostenschranke griffige Kostenziele im Gesundheitswesen definieren, die von den Leistungserbringern verbindlich eingehalten werden. Zudem sind die Kantone gefordert, ihre Spitalplanung nicht auf Prestige, sondern stärker auf Effizienz auszurichten. 

Aber auch die Krankenkassen sind in der Pflicht: Sie sollten den peinlichen Streit ihrer Verbände Curafutura und Santésuisse über die Ausgestaltung des Ärztetarifs Tardoc, der das veraltete und kostenfressende System Tarmed ablösen soll, endlich beilegen und eine kostensparende Lösung vorlegen. 

Und schliesslich die Ärzteschaft und die Pharmabranche: Mit unnötigen Behandlungen und zu hohen Renditen sichern sie sich ihre Pfründen im Milliardengeschäft. Mit ihrer Blockade entsprechender Reformen halten sie die Kosten im Gesundheitswesen verantwortungslos hoch. 

Doch Verantwortung für die hohen Kosten trägt letztlich auch jede und jeder Einzelne von uns. Denn Strukturreformen bringen wenig, wenn bei medizinischen Behandlungen eine Flatrate-Mentalität vorherrscht. Die Covid-Pandemie hat diese Haltung befördert. Die Nachfrage generiert das Angebot – setzen wir doch auch da an.

Raphaela Birrer ist Leiterin des Ressorts Inland und Mitglied der Chefredaktion der Redaktion Tamedia.Mehr Infos@raphaelabirrer

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