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Kommentar zum Notgesetz: Die Politik kann Krise (ein bisschen zumindest)

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Kommentar zum NotgesetzDie Politik kann Krise (ein bisschen zumindest)

Das Parlament beschliesst innert kürzester Zeit alpine Solaranlagen und eine Erhöhung des Grimsel-Staudamms. Das ist erfreulich – und wirft dennoch grosse Fragen auf.

Die Staumauer am Grimselsee soll um 23 Meter auf 136 Meter erhöht werden. Jahrelang war das Unterfangen blockiert, nun gibt das Parlament die Freigabe, ebenso den Solaranlagen in den Alpen.

Die Staumauer am Grimselsee soll um 23 Meter auf 136 Meter erhöht werden. Jahrelang war das Unterfangen blockiert, nun gibt das Parlament die Freigabe, ebenso den Solaranlagen in den Alpen.

Foto: Peter Schneider (Keystone)

Sie können es ja doch. Probleme anpacken – und sie auch lösen. Nationalrätinnen und Ständeräte haben diese Woche den erleichterten Bau von Solaranlagen in den Alpen beschlossen, eine rasche Aufstockung des Grimsel-Staudamms und eine Solarpflicht für Neubauten, wenn auch eine eingeschränkte (hier lesen Sie den Hintergrund).

Es ist ein Zeichen an das Land. Und was für eines. Innerhalb weniger Wochen hat das Parlament ein Gesetz gebaut, wofür es gewöhnlich Jahre bräuchte. Innerhalb nur einer Session findet ein oft so zerstrittenes Parlament derart viele Kompromisse, dass man sich fragt: Warum geschieht das eigentlich nicht häufiger?

Die Politik handelt – auf Druck eines Krieges zwar und wegen hoher Energiepreise, aber sie handelt. Sie kann Krise (ein bisschen zumindest). Sie sendet Zuversicht im unüberschaubaren Kampf um fehlende Energie. Sie schafft Grundsätze, damit die benötigte Energie aus dem Inland kommt und weniger importiert werden muss. Gleichzeitig tut sich die Schweiz als Pionierin hervor und setzt den Grundstein für den ersten alpinen Solarpark im Walliser Saflischtal, zig Fussballfelder gross, im Winter dreimal so effizient wie Solarpanels im Flachland.

Schade nur, dass die bürgerlichen Kräfte die Solarpflicht für alle Neubauten derart abgeschwächt und in der Schlusslösung auf nur noch 30 Prozent aller Gebäude eingeschränkt haben. Das ist inkonsequent und widersprüchlich, wenn die gleichen Kräfte gleichzeitig Solarpanels in bisher unberührten Landschaften aufstellen wollen.

Reden muss man auch darüber, wie dieses dringliche Bundesgesetz zustande kam. Es gab keine Vernehmlassung, keine Schätzung der Kostenfolgen für den Steuerzahler. Der Umweltschutz wurde in einer ersten Version fast ganz abgeschafft, dann im Sinne eines Kompromisses behelfsmässig wieder zusammengeflickt. Und da ist noch die Frage, ob ein solcher Prozess künftig Nachahmer findet. Ein Prozess, in dem das Parlament Exekutive, Legislative und Judikative zugleich spielt. Zum Beispiel bei Menschenrechtsfragen. Das ist nicht ungefährlich – in der Zukunft.

Heute ist es, was es ist: ein erfreuliches Zeichen, dass die Politik handeln kann. Wenn sie nur will. 

Christian Zürcher ist Reporter. Er begann 2013 beim Tages-Anzeiger zu arbeiten.Mehr Infos

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