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Russische Uran-Lieferungen: Axpo will neue Partner, ohne Russland zu vergraulen

Russische Uran-LieferungenAxpo will neue Partner, ohne Russland zu vergraulen

Nach Kritik am Russlandgeschäft führt der Stromkonzern Gespräche mit neuen Brennstoff-Lieferanten. Doch den Bruch mit dem kriegführenden Land wagt die Axpo weiterhin nicht.

Ein Teil der Brennelemente im Reaktor des Atomkraftwerks Beznau wird ersetzt. Blick ins Brennstablager. (Archivbild)

Ein Teil der Brennelemente im Reaktor des Atomkraftwerks Beznau wird ersetzt. Blick ins Brennstablager. (Archivbild)

Foto: Gaetan Bally (Keystone)

Block 2 des Kernkraftwerks Beznau steht still. Der Stromkonzern Axpo hat den Betrieb am Montag planmässig runtergefahren. Während der nächsten zwei Wochen werden Spezialisten 20 der total 121 Brennelemente im Reaktor ersetzen – ein Routinevorgang, der jedes Jahr stattfindet: Die uranhaltigen Brennelemente bleiben bis zu sieben Jahre in einem Reaktor, dann müssen sie ersetzt werden. 

Routiniert sind die Abläufe bis jetzt auch bei der Beschaffung des Urans gewesen. Die Axpo, die im Besitz der Nordostschweizer Kantone ist, hat den Brennstoff via Framatome in Deutschland vom russischen Staatskonzern Rosatom bezogen. Doch mit dem Ukraine-Krieg hat sich die Situation verändert. Linke sowie teils bürgerliche Politiker halten es für inakzeptabel, dass die öffentliche Hand indirekt den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mitfinanziere. Dies umso mehr, als Rosatom im März wegen seiner Rolle bei der illegalen russischen Besetzung des ukrainischen Kernkraftwerks Saporischschja in die Schlagzeilen geraten ist. 

«Unser Ziel ist, nicht schadenersatzpflichtig zu werden.» 

Noël Graber, Axpo-Sprecher

Die Axpo ihrerseits hat angekündigt, keine neuen Verträge mit russischen Lieferanten und Unterlieferanten abzuschliessen. Und sie prüft, wie sie sich unabhängiger von bestehenden russischen Anbietern machen kann. Von einer einseitigen Vertragsauflösung hat sie bislang aber abgesehen. Ein solcher Schritt, argumentiert die Axpo, würde hohe Schadenersatzzahlungen nach sich ziehen, «was insgesamt die russische Seite stärken würde». Insider sprechen von drohenden Zahlungen von 150 bis 200 Millionen Franken.

Inzwischen verdichten sich die Anzeichen, dass die Axpo einen Mittelweg beschreiten will. Der Plan: Sie hält an den bestehenden Verträgen fest, sucht aber gleichzeitig nach neuen Lieferanten. «Wir streben eine diversifizierte Beschaffungsstrategie für Kernbrennstoff an», sagt Axpo-Sprecher Noël Graber. «Unser Ziel ist, nicht schadenersatzpflichtig zu werden.» 

Inhalt der Verträge unbekannt

Wie die bestehenden Verträge im Detail aussehen, ist öffentlich nicht bekannt. Deshalb lässt sich auch nicht beurteilen, wie gross das juristische Risiko ist, welches die Axpo eingeht, sollte sie den Kreis ihrer Lieferanten mit neuen Verträgen ausweiten und in Zukunft allenfalls weniger Brennstoff aus Russland beziehen. Offenbar glaubt die Axpo, einen Weg gefunden zu haben, der sie ohne finanziellen Schaden zumindest einen Schritt weg von ihren Russlandgeschäften bringt. 

Das Atomkraftwerk Beznau wird mit russischem Brennstoff betrieben. (Archivbild)

Das Atomkraftwerk Beznau wird mit russischem Brennstoff betrieben. (Archivbild)

Foto: Ennio Leanza (Keystone)

Aktuell gelangt gemäss Axpo kein Uran aus Russland in die Schweiz, weil die Transportwege zwischen Russland und Westeuropa aufgrund des Krieges in der Ukraine erschwert oder blockiert sind. Die Axpo sagt, sie habe genügend Vorrat, um ihre Meiler mehrere Jahre betreiben zu können. Dazu gehört auch Leibstadt, wo die Axpo Hauptaktionärin ist (Gösgen bezieht kein Uran aus Russland).

Insofern stellt die Blockade derzeit kein akutes Problem dar. Doch auf lange Sicht sähe es anders aus. Alternativen gibt es indes, insbesondere in Kanada, den USA, Australien und Afrika hat es Anbieter. Die Axpo bestätigt, dass sie erste Kontakte hergestellt hat: «Es laufen Gespräche», sagt Sprecher Graber. Mit wem, lässt die Axpo offen.

Kritik an der Strategie

Die Atomkritiker beurteilen die Strategie des Stromkonzerns kritisch, und zwar grundsätzlich. «Die Axpo hat sich mit ihrem Urangeschäft in eine fatale Abhängigkeit begeben», sagt Fabian Lüscher von der Schweizerischen Energie-Stiftung. Der Schaden sei längst angerichtet. Dass die Axpo «saubere» Lieferanten finden wird, hält Lüscher für eine Illusion. Der Uranbergbau verursache weltweit ökologische und soziale Probleme. 

Die Nuklearbranche bestreitet das. Entscheidend sei, wie eine Mine betrieben werde – genau wie bei der Gewinnung von Eisen und Kupfer für den Bau von Windparks oder Solaranlagen. Heute stünden alle Uranminen unter behördlicher Aufsicht, zahlreiche davon seien nach Umweltnormen zertifiziert. 

Stefan Häne ist Redaktor im Ressort Inland. Er schreibt und recherchiert zum aktuellen Politgeschehen in der Schweiz. Mehr Infos

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