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Street-Parade-Chef Joel Meier (49) über Preiserhöhungen und Besucher aus dem Ausland: «Wie viele kommen, ist wie Kaffeesatzlesen»

Flavia Schlittler (Interview) und Siggi Bucher (Fotos)

Nach 1000 Tagen feiert morgen die grösste Technoparty der Welt mit der 29. Street Parade ihr Comeback. Um 13 Uhr starten 30 Love Mobiles ihre Motoren im Zürcher Seefeld und rollen mit dröhnendem Sound das Seebecken entlang. Im Gespräch mit Blick spricht Vereinspräsident Joel Meier (49) über den grössten Kraftakt seiner Karriere, Werte, Zoff und Preiserhöhung.

Joel Meier, was gibt es noch zu tun?
Joel Meier: Die grossen Bauten und Bühnen stehen. Morgen werden alle Getränke- und Foodstände aufgestellt, ab Mittag, wenn die Strasse gesperrt ist, steht noch die Sicherheitsabnahme an.

Das liest sich nach wenig, wenn man bedenkt, dass Sie erst Ende April grünes Licht für die Parade erhielten.
Das war für uns der grösste Kraftakt, da wir nicht damit gerechnet hatten, dass wir sie dieses Jahr durchführen können. So fehlten uns fünf Monate Vorbereitungszeit und viele Sponsoren, da die ihre Budgets jeweils im Herbst für das Folgejahr machen. Unser Stammteam von 13 Leuten ist auf sechs geschrumpft und wir mussten 800 freiwillige Helfer suchen. Doch alles hat überraschend gut geklappt, was uns sehr glücklich und stolz macht.

Das Coronavirus gibt es nach wie vor. Keine Angst vor einer grossen Ansteckungswelle?
Die Immunisierung ist sehr hoch, unser Anlass ist draussen, und die Menschen sind in Bewegung. Wir haben daher keine Angst davor.

Wie viele Hunderttausende erwarten Sie?
Das ist wie Kaffeesatzlesen oder ein Blick in die Kristallkugel. Da wir eine Gratisveranstaltung sind und es entsprechend keinen Vorverkauf gibt, haben wir absolut keine Ahnung. Da helfen auch Erfahrungswerte nichts. Wir hatten zwar noch nie so viele Zugriffe auf unsere Website und sozialen Kanäle, und es sind drei neue Jahrgänge zu erwarten, die 17-, 18- und 19-Jährigen. Ob sie morgen dabei sein werden, werden wir sehen. Unsere Herausforderung ist, dass wir eine gute und sichere Veranstaltung durchführen, auch wenn sehr viele Menschen kommen.

Was ist mit Gästen aus Italien und Deutschland, die einen grossen Gästeanteil ausmachten. Schwacher Eurokurs und Inflation wirken nicht sehr einladend.
Der Menschenverstand sagt, wahrscheinlich kommen nicht so viele. 2015 hatten wir auch die Situation, dass Franken und Euro eins zu eins waren und sie kamen trotzdem. Neu ist, dass es nach drei Jahren endlich wieder eine Street Parade gibt.

Sagt er lachend und nippt an seinem Wasser mit Kohlensäure.

In den vergangenen Jahren lagen die Ausgaben bei rund 2,8 Millionen Franken. Wie sieht es dieses Jahr aus?
Unser Budget bewegt sich in diesem Rahmen. Viele Lieferanten allerdings konnten nicht liefern oder nur Teillieferungen ausführen. So haben wir aus der ganzen Schweiz zusammengekramt, was ging. Im Endeffekt ist das Budget bei 2,8 Millionen, und wir sind zuversichtlich, dass wir mit einer schwarzen Null herauszukommen.

Vom Metzger zum Veranstalter

Mit 15 veranstaltete Joel Meier sein erstes Open Air in Bäretswil ZH. Anlass war, dass seine Eltern das längste Sandwich der Welt machen, damit es mit 1750 Meter Länge ins Guinnessbuch der Rekorde schafft. Im selben Alter begann er eine Metzgerlehre, widmete sich nach dem Lehrabschluss seiner Schlagzeugkarriere. Mittlerweile ist er ein erfolgreicher Veranstalter, am Open Air Gampel unterhält er ein Partyzelt. Im Herbst wird er in Uster ZH wieder ein Impf-Pop-up betreiben. Meier lebt in Horgen ZH. Privat liebt er es, im Sommer mit seinem Cabriolet über Bergpässe zu fahren.

Mit 15 veranstaltete Joel Meier sein erstes Open Air in Bäretswil ZH. Anlass war, dass seine Eltern das längste Sandwich der Welt machen, damit es mit 1750 Meter Länge ins Guinnessbuch der Rekorde schafft. Im selben Alter begann er eine Metzgerlehre, widmete sich nach dem Lehrabschluss seiner Schlagzeugkarriere. Mittlerweile ist er ein erfolgreicher Veranstalter, am Open Air Gampel unterhält er ein Partyzelt. Im Herbst wird er in Uster ZH wieder ein Impf-Pop-up betreiben. Meier lebt in Horgen ZH. Privat liebt er es, im Sommer mit seinem Cabriolet über Bergpässe zu fahren.

Teurere Lieferanten, heisst das auch, alles wird teurer an der Street Parade?
Ja, jedoch moderat. Wir erhöhen die Getränke um je 50 Rappen, was sehr moderat ist. Als nicht gewinnorientierter Verein ist uns das wichtig.

Was sind die teuersten Posten?
Die Sicherheit, dazu gehört auch die Sanität. Die Abfallentsorgung und die Bühnen.

Nachhaltigkeit ist auch ein grosses Thema.
Wir lassen zum zweiten Mal aus dem Bioabfall Biogas herstellen. Seit zehn Jahren gibt es an den Ständen nur biologisch abbaubare Behältnisse, die Stände dürfen nur Alu und Pet herausgeben, das getrennt und rezykliert wird.

Weshalb haltet Ihr am Non-Profit-Status fest?
Weil die Seele der Street Parade immer noch eine Demonstration ist, bei der es um die positiven Werte wie Respekt geht. Dass, wenn man lieb miteinander umgeht, ein Miteinander immer besser ist als ein Gegeneinander. Das möchten wir vorleben und kann man mit Geld nicht anschreiben, auch wenn wir Rechnungen zahlen müssen.

Sie zofften sich mit den Veranstaltern des Parade Market im Hauptbahnhof, der nun auf Ihr Insistieren hin nicht stattfindet. Ihnen wurde vorgeworfen, es ginge um den Verkauf von Getränken, von denen Sie nichts hätten.
Das ist totaler Quatsch. Das ganze Shopville ist ein einziger Supermarkt voller Schnellverpflegungsstände. Uns geht es rein um die Sicherheit für unsere Besucher. Wenn wir den Leuten sagen, kommt mit dem Zug, wollen wir auch sicher sein, dass sie gut ankommen und gut wieder wegfahren können. Als Veranstalter sehen wir uns in der Verantwortung, auf mögliche Risiken hinzuweisen.

Als Sie 2008 das Amt des Vereinspräsidenten übernahmen, wollten Sie es nur zehn Jahre lang machen.
Tatsächlich. Die Organisation ist die letzten 30 Jahre organisch gewachsen. Als ich das Amt von Martin Schorno, dem grossen Know-how-Träger übernahm, hat es neun Jahre gebraucht, um alles zu wissen, was berücksichtigt werden muss. Gespräche mit Quartiervereinen, wo muss noch ein Gitter hin, welche Tafel weg. Meine Übergabe wird wohl genauso lange dauern. Ich wollte es Jüngeren übergeben und war dabei auch gut unterwegs, doch die beiden Kandidatinnen haben während der Pandemie neue Herausforderungen gefunden. Wie es da mit mir weitergeht, weiss ich noch nicht.

Womit hadern Sie?
Es ist ein Job, bei dem es im Sommer viel zu viel zu tun gibt. Ich werde nicht jünger, der Druck und das Arbeitspensum, muss man aushalten können. Handkehrum gibt es im Winter fast nichts zu tun. Dies auf sich zu nehmen, ist eine Charakterfrage. Wer sich gerne voll reinhängt, will nicht ein halbes Jahr Ferien machen. Mein Ziel ist es, im Sommer die Jobs auf viel mehr Schultern zu verteilen oder im Winter etwas Neues auf die Beine zu stellen, sprich mehr Arbeit zu beschaffen.

Wie sieht Ihr morgiger Tag aus?
Bis gegen 22 Uhr renne ich herum. Wenn dann das letzte Love Mobile im Ziel angekommen ist, stosse ich mit einem Glas Rosé an.

Street-Parade-Chef Joel Meier wird heute um 12 Uhr live bei Blick TV sein.