Switzerland
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Stromabschaltung: Wie hart würde es Firmen wie SBB, Swisscom oder Migros treffen?

Blackout auf dem Brügglifeld

1 / 12

Blackout auf dem Brügglifeld

quelle: keystone / urs flueeler

Der Strom verschwindet aus der Luft

Video: srf

Das könnte dich auch noch interessieren:

Die drohende Strommangellage, Noten für den Bundesrat und Streit um den Emmentaler Käse: Das und mehr findet sich in den Sonntagszeitungen. Die Schlagzeilen in nicht verifizierten Meldungen:

Bei einem mehrstündigen Stromausfall stünden die Züge still. Selbst die Dampflok helfe vermutlich nicht viel, da die Bahntechnik ausfiele.

Bei einem mehrstündigen Stromausfall stünden die Züge still. Selbst die Dampflok helfe vermutlich nicht viel, da die Bahntechnik ausfiele.ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / CC BY-SA 4.0

Sollte der Strom knapp werden, käme es als Ultima Ratio zu Abschaltungen. Das würde auch Betreiber von kritischer Infrastruktur treffen – zum Beispiel die SBB, wie eine Aktennotiz zeigt.

Maja Briner / ch media

Auf dem Papier steht der Plan: Hat es zu wenig Strom, würden die Behörden zunächst zum Energiesparen aufrufen. Als nächsten Schritt könnte der Bundesrat gewisse energieintensive Geräte verbieten wie etwa Klimaanlagen, Rolltreppen oder Leuchtreklamen. Reicht das nicht aus, würden Grossverbraucher verpflichtet, Energie zu sparen. Ultima Ratio wären zyklische Abschaltungen von vier Stunden.

Doch das brächte grosse Probleme mit sich, wie eine Aktennotiz zeigt, über die Radio SRF am Donnerstag in der Sendung «Rendez-Vous» berichtete. Die Aktennotiz liegt auch dieser Zeitung vor. Es handelt sich um das Protokoll eines Treffens von Betreibern national kritischer Infrastrukturen, das Mitte Mai stattfand. Vertreten waren beispielsweise Post, Swisscom, Coop und Migros, Alpiq und UBS. Organisiert wurde es vom Bund.

Dabei machten die Vertreter des Bundes klar: Es ist kaum möglich, wichtige Infrastrukturbetreiber von Stromabschaltungen auszunehmen. Der «Worst Case», wenn der Strom für vier Stunden abgestellt würde oder es zu einem ungeplanten Blackout käme, hätte daher weitreichende Folgen.

Der Vertreter der SBB hielt am Treffen fest: Der Schienenverkehr könne sich etwa eine Stunde autonom mit Strom versorgen. «Wenn der Fall eines Blackouts eintrifft, dann würde dies noch ein kontrolliertes Herunterfahren erlauben», sagte er laut Aktennotiz. In anderen Worten: Nach einer Stunde stünden alle Züge still. Denn diese brauchen nicht nur Bahnstrom für die Fahrleitung, sondern auch Haushaltsstrom für die Bahntechnik wie etwa die Signale.

22. Juni 2005: Wegen eines landesweiten Stromausfalls wurde das gesamte SBB-System der Schweiz lahmgelegt, so dass Tausende von Pendlern in Zügen und Bahnhöfen festsassen.

22. Juni 2005: Wegen eines landesweiten Stromausfalls wurde das gesamte SBB-System der Schweiz lahmgelegt, so dass Tausende von Pendlern in Zügen und Bahnhöfen festsassen. Bild: KEYSTONE

Handynetz bliebe stumm

Auch das Mobilfunknetz fiele rasch aus. Am Treffen hiess es seitens der Swisscom, das aktuelle Notstromkonzept basiere «auf einer Stunde Autonomie über alle Netze». Die Aussage stiess auf Erstaunen: Ein Vertreter der Pflichtlagerorganisation der Mineralölwirtschaft sagte laut Aktennotiz: «Es wird als ziemlich schockierend wahrgenommen, dass das Mobilnetz lediglich eine Stunde Notstromversorgung nach einem Stromblackout aufweist.»

Eigentlich hatte der Bundesrat Ende 2020 entschieden, dass die Mobilfunknetze besser vor Stromausfällen geschützt werden sollen – damit zumindest Anrufe auf die Notrufnummern möglich wären. Doch das Vorhaben kommt nicht vom Fleck, wie diese Zeitung kürzlich berichtete.

Die beiden Beispiele von SBB und Swisscom sind offenbar keine Ausnahme. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz präsentierte am Treffen Zwischenergebnisse einer Umfrage unter den Betreibern von kritischer Infrastruktur. Ein Fazit: Besonders die periodischen Netzabschaltungen würden die Betreiber «vor grosse Probleme» stellen.

Das Mobilnetz hat eine Stunde Notstromversorgung.

Das Mobilnetz hat eine Stunde Notstromversorgung.Bild: KEYSTONE

Migros sieht Behörden in der Pflicht

Scharfe Kritik kam am Treffen seitens der Migros. Es müsse sichergestellt werden, dass Betreiber von kritischer Infrastruktur immer Strom erhielten. «In der Coronakrise konnte der Bund ein paar Dutzend Milliarden Steuergelder aufwenden. Es stellt sich deshalb die Frage, weshalb die kritischen Infrastrukturen keine Notstrominfrastruktur vom Bund erhalten.»

Sollte es zu einer Strommangellage kommen, könnte die Migros einen Teil ihrer Supermärkte schliessen. Wichtig sei aber, dass bei den geöffneten Läden der Zahlungsverkehr gewährleistet sei. Deshalb müssten Grossverteiler und auch der Zahlungsverkehr von der Netzabschaltung ausgenommen werden, forderte der Migros-Vertreter.

Wichtig sei, dass bei den geöffneten Läden der Zahlungsverkehr gewährleistet sei.

Wichtig sei, dass bei den geöffneten Läden der Zahlungsverkehr gewährleistet sei.Bild: KEYSTONE

Auch Strom sparen ist schwierig

Doch das scheint kaum möglich. Um gewisse Betreiber kritischer Infrastruktur auszunehmen, fehlten grösstenteils die technischen Voraussetzungen, hiess es vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz. Ein Vertreter des Bundesamts für Wirtschaftliche Landesversorgung ergänzte: Ausnahmen «sind Stand heute nur in Einzelfällen möglich».

Immerhin merkte der Vertreter an: «Ziel ist, dass periodische Netzabschaltungen so spät wie möglich verordnet werden.» Doch auch Strom zu sparen, scheint schwierig. Ein Swisscom-Vertreter sagt laut der Aktennotiz, Einsparungen in den Bereichen von 20 bis 30 Prozent seien «kaum möglich». Auch die Post merkte an, das Einsparpotenzial an Produktionsstandorten wie beispielsweise Briefzentren sei «limitiert».

Das erwähnte Treffen fand Mitte Mai statt. Bei den Firmen laufen die Vorbereitungen auf eine allfällige Strommangellage seither weiter. In die Karten blicken lassen sie sich aber noch nicht. Bei den SBB beispielsweise heisst es, aktuell würden gemeinsam mit der Branche und dem Bund entsprechende Konzepte erarbeitet. Ziel sei es, «konkrete Vorbereitungsmassnahmen einzuleiten».