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Böhmermanns Nuhr-Persiflage: Da lachen die Boomer"

Die jüngste „ZDF Magazin Royale“-Sendung stand ganz im Zeichen der politisch unkorrekten Comedy: Persifliert wurden in „Nuhr im Zweiten“ Kabarettisten wie Dieter Nuhr und Lisa Eckhart. Die Reaktionen in Deutschland sind gespalten.

„Die vornehmste Aufgabe der Satire ist es, den Menschen den Spiegel vorhalten“, schrieb der deutsche Satiriker Jan Böhmermann auf Twitter mit dem Link zum aktuellsten „ZDF Magazin Royale“. Fast wortgleich fiel der Satz in der Sendung, ausgesprochen von Dieter Nuhr. Nein, nicht dem echten Nuhr, sondern einer Persiflage auf den Comedian, dargestellt vom Kabarettisten und Schauspieler Sebastian Rüger. Dieser Parodie auf Nuhr und seine Show „Nuhr im Ersten“ war die gesamte „ZDF Magazin Royale“-Sendung vom vergangenen Freitag gewidmet.

„Nuhr im Ersten“ ist ein Feindbild für viele, vor allem Linke. Dort machte Lisa Eckhart jenen Judenwitz, der ihr den Vorwurf des Antisemitismus einbrachte. Dort tritt der Comedian Luke Mockridge wieder auf, nachdem er pausieren musste, weil ihm seine Ex-Freundin sexualisierte Gewalt vorgeworfen hatte, und macht Frauenwitze. Nuhr selbst äußert sich üblicherweise kritisch zu Wokeness und gendergerechter Sprache. Zum Thema "Wokes Deutschland - Identitätspolitik als Bedrohung unserer Freiheit?" sprach er etwa bei einem Kongress im November.

An der Grenzen der politischen Korrektheit

Es sei „fast unmöglich, etwas zu sagen, ohne Gefühle zu verletzen“, meint nun die Nuhr-Persiflage in Böhmermanns Sendung. „Gesetze sind doch inzwischen ersetzt durch Gefühle“, konstatiert die Parodie. Wie in der echten Sendung treten dann vier Comedians auf. Alle – darum geht es Böhmermann offenbar – überschreiten zum Teil Grenzen der politischen Korrektheit zum Gaudium des Publikums.

Gleich zu Beginn reißt ein Falk McAllister, der wohl Mockridge darstellen soll, sexistische Witze. Er fantasiert über seine Mutter, die einfach „hot“ ist und unterstellt einer Zuschauerin wütend Prostituierte zu sein. Der Nuhr-Darsteller verlangt einen „großen Applaus für einen Ausländer, aber er ist einer von uns“. Ein offenbar türkischsstämmiger Comedian wird erst als Öztürk Özkan, später – um die Ignoranz gegenüber migrantischen Namen zu akzentuieren – unter anderem als Özdemir Öztürk bezeichnet.

Erst bei Witzen über Ausländer lacht das ältere Publikum

Gespielt wird er von dem Kabarettisten und Islamwissenschaftler Younes Al-Amayra, der in der Rolle wiederum den realen Comedian Abdelkarim nachmacht. Özkans Witze über Deutsche kommen nicht an – bis er anfängt, Witze über Ausländer zu machen. „Türken, Marokkaner, Kurden, Libanesen – alle gleich“, sagt er. Und das Publikum, das der „Boomer“-Generation angehört, zerkugelt sich.

Relativ harmlos – oder vielleicht ein Insidergag für die deutsche Comedy-Szene – ist der Auftritt eines 53-jährigen „Berufsjugendliche“ (gespielt von Harald Burmester), der eine 21-jährige Freundin hat.

Die Persiflage am Schluss bezieht sich indes eindeutig auf eine Person: Sophie Berger ahmt Lisa Eckharts Gesten und Sprechweise exzellent nach. Mehrfach setzt diese Probst zu einem Witz über Juden an. Hören tut man ihn nicht, es gibt einen harten Schnitt und das Publikum grölt vor Lachen. Damit mache die Sendung Eckharts Technik nach, meint der „Spiegel“, die den Tabubruch andeutet, „damit er im Kopf des Publikums vollendet werden kann“.

Medien halten Sendung für „Bashing“ und „brillante Parodie"

Das deutsche Nachrichtenmagazin sieht durch Böhmermanns Sendung gar einen „öffentlich-rechtlichen Comedy-Krieg“ dräuen. „Bashing“ wird Böhmermanns Satire dort auch genannt. Sie richte sich „gegen ein Format, das nicht nur jene großen Teile des Publikums erreicht, das sich sonst vom öffentlich-rechtlichen nicht mehr repräsentiert sieht“, heißt es. „Böhmermanns Kritik richtet sich auch gegen eine Sendung, die wie keine andere die weit verbreitete Annahme widerlegt, dass im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nur linksliberale Meinungen vertreten sind und dass dort als unliebsam angenommene Meinungen abgekanzelt werden.“

Für „eine brillante Parodie“ hält die „Süddeutsche Zeitung“ die Sendung und lobt, wie detailverliebt das Original nachgeahmt wurde. Doch stehe hinter der Persiflage eine offene Frage: „Was genau ist eigentlich offenbar salonfähiger rechter Humor?“

Ist die Satire Teil von Böhmermanns persönlichem Kampf?

Recht differenziert betrachtet Böhmermanns Sendung die „Berliner Zeitung“: „Die Reduktion des Humors von Dieter Nuhr und Lisa Eckhart auf eine rassistische und antisemitische Agenda ist eine bloße Unterstellung und verkürzt die Komplexität von Satire, die im Fall von Nuhr vor allem ein älteres Publikum begeistert, das sich, wie man so schön sagt, vom linksliberalen Diskurs 'abgehängt' fühlt“.

Die Sendung sei Teil eines größeren Kampfes Böhmermanns, heißt es dort: Denn der Satiriker sei der Meinung, es gebe einen „rechten Autoritarismus, der sich im Gewand des normalen Bürgers in die Wohnzimmer bundesdeutscher Haushalte schleicht“. Darum halte Böhmermann „den Einsatz des Vorschlaghammers“ für gerechtfertigt, selbst wenn dieser Kollateralschäden anrichte. Denn es bestehe die Gefahr „dass diese Art von Fingerzeig, den Böhmermann betreibt, zu einer Radikalisierung des bürgerlichen Milieus führt, das sich von linken Meinungsmachern diskreditiert sieht – und vom Gespräch mit diesem Milieu immer weiter abwendet“, so die „Berliner Zeitung“.

Nuhr, Eckhart und Co haben sich bislang noch nicht zu Böhmermanns Sendung geäußert. Ob sie es auf satirische Weise im Fernsehen machen? Möglich. Die nächste „Nuhr im Ersten“-Show wird am kommenden Donnerstag, dem 30. März aufgezeichnet, und am selben Tag um 22:50 Uhr ausgestrahlt.

(her)