Austria
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Dieser Wahlkampf-Jahrgang wird kein guter sein

Ein Land zwischen Kleingarten und Fast-Food-Kette: Spin, Parolen und Leaks dominieren schon ein gutes Jahr vor der Nationalratswahl. Politik mit Substanz hat da kaum eine Chance. Eine Wirtschaftskrise kündigt sich an.

Während die Weinlese noch gar nicht zu Ende ist, kann man schon mit einiger Gewissheit sagen: Der Wahlkampf-Jahrgang 24 wird kein guter sein. Hat diese Woche doch im Zeitraffer gezeigt, worauf man sich einstellen muss: Spin, Parolen und Leaks ersetzen substanzielle Politik. Das irrtümlich öffentlich gewordene Papier eines Meinungsforschers für die SPÖ offenbart, neben einem durchaus nachvollziehbaren Lapsus, zwei grundsätzlichere Probleme. Auch nach Jahrzehnten der Klagen über Verhaberung ist es immer noch möglich, viel zu viele Personen, die im politnahen Bereich eine Rolle spielen, mühelos und unwidersprochen einer Partei zuzuordnen. Und im Grunde findet auch niemand etwas dabei.

Doch das patscherte Papier von Sora, das inhaltlich keine Raketenwissenschaft ist, zeigt auch, dass politische Haltung zu oft gegen wechselnde Strategien getauscht wird. Ständig wird sich für oder gegen jemanden positioniert. Ja, das wäre, ginge es um Inhalte, das Wesen der Politik. Doch dreht es sich zu selten um die Sache, sondern bloß um irgendwelche Sachen. In der Migrationsfrage, deren Lösung tatsächlich Raketenwissenschaft wäre, wird längst nicht mehr um eine taugliche Antwort gerungen, sondern taktische Überlegungen dominieren. Soll man Schmied statt Schmiedl sein oder mit weltfremder Verdrängung die Probleme seiner Klientel bedienen?

Burgerlich statt bürgerlich

Auch die beklemmendste Form der Armut, jene, die Kinder betrifft, ist zu einem Spielball im Stimmen-Match gemacht worden. Statt klar zu benennen, wo und vor allem warum der Sozialstaat nicht greift, hält Andreas Babler das Thema vage am Köcheln. Während die Affäre rund um die umgewidmeten Kleingärten für SPÖ-Kader zeigt, wie weit moralischer Anspruch und gelebte Funktionärswirklichkeit auseinanderliegen. Karl Nehammer macht in seiner Video-Suada seine Partei flugs von einer bürgerlichen zu einer burgerlichen. Freude hat damit höchstens die beworbene Fast-Food-Kette. Dieser flapsig-populistische Ton des Kanzlers steht weder diesem Amt/dieser Partei, noch ist er dem heiklen Thema angemessen. Mit klaren Fakten über eines der dichtest gewebten Sozialnetze Europas könnte der Aufregung sachlich begegnet werden (und wenn nicht, muss man schleunigst etwas ändern).

Während das skurrile Treffen von Ex-FPÖ-Funktionären mit den Taliban (!!) Wellen schlägt, wird ein internationales Uni-Ranking ignoriert. Keine hiesige Hochschule schafft es unter die besten 200. Na und? Auch die Tatsache, dass ein geregelter Schulbetrieb mit fertig ausgebildeten Lehrenden nicht mehr selbstverständlich ist, sorgt nicht für angemessene Beunruhigung. Ähnlich der Umgang mit der prognostizierten Wirtschaftsentwicklung. Nachdem die Pandemiefolgen mit Gießkannen rasch in ein tiefes Budgetloch gespült wurden, klingelt nun doch die Wirtschaftskrise an der Tür. Statt überrascht zu öffnen, brauchte es einen Plan. Bei Gelingen könnte dieser dann ruhig auf diversen Mailverteilern landen.

E-Mail: florian.asamer@diepresse.com