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Leroy Sané: Ein Ausgebooteter ist jetzt Deutschlands Trumpf

Leroy Sané hat gezeigt, wie er das deutsche Team besser machen kann. Trainer Hansi Flick steht im Showdown unter Zugzwang.

Al-Bayt/Wien. Bekäme Joachim Löw noch einmal die Chance, vielleicht würde er sich anders entscheiden. Vor der WM 2018 überraschte er als deutscher Teamchef damit, Leroy Sané nicht mit nach Russland zu nehmen. Zu wenig Commitment für die Mannschaft, zu viel Eigensinnigkeit auf dem Platz, lauteten die mutmaßlichen Gründe. Der damalige Shootingstar von Manchester City musste Deutschlands WM-Vorrunden-Aus jedenfalls im Fernsehen sehen. Vier Jahre später ist genau dieser Sané einer der Hoffnungsträger, dass sich dieses Schicksal heute (20 Uhr, live, ORF1) gegen Costa Rica nicht wiederholt.

Bei Bayern München hat Sané in dieser Saison in Hochform agiert, doch eine Knieverletzung bremste ihn für den WM-Auftakt gegen Japan aus. Was der 26-Jährige in der deutschen Offensive zu bewegen vermag, bewies er gegen Spanien. Gute 20 Minuten stand der Angreifer nach seiner Einwechslung auf dem Platz und zeigte insbesondere durch das blinde Verständnis mit Klubkollegen Jamal Musiala, bislang Um und Auf im DFB-Team, auf: Sané bereitete Musialas Topchance vor, sein Lochpass leitete auch das 1:1 durch Niclas Füllkrug ein, und in der Nachspielzeit hatte Sané selbst noch den Siegtreffer auf dem Fuß.

Auf Wellenlänge mit Musiala

„Leroy ist ein Unterschiedsspieler. Er kann ein Spiel allein drehen“, lobte Teamchef Hansi Flick. Ob Tempodribblings, das Überraschungselement in Eins-gegen-eins-Situationen oder seine Wege in die Tiefe, Sané beherrscht das Repertoire des modernen Offensivspielers, allein im Nationaltrikot hat er es in seinen bisherigen 49 Einsätzen zu selten gezeigt. So liegt das letzte seiner bislang elf Tore über ein Jahr zurück, kein entscheidender Treffer, sondern eine Randnotiz bei einem 9:0-Kantersieg über Liechtenstein.

Der DFB-Teamchef aber kennt den im Bayern-Trikot so starken Sané aus nächster Nähe, es war schließlich Flick, der ihn nach dem Wechsel von Manchester 2020 in München empfing. Unter Flicks Ägide debütierte auch Musiala, und Nachfolger Julian Nagelsmann hat in dieser Saison vorgezeigt, wie sich diese beiden Ausnahmekönner in gegenseitiger Nähe regelrecht beflügeln. Bei Bayern sucht und findet sich das Duo im fließenden Übergang zwischen Mittelfeldzentrum und Flügel. Das besondere Verhältnis der beiden manifestiert sich über das Zusammenspiel hinaus. „Jamal und ich verstehen uns sehr, sehr gut, und zwar auf und neben dem Platz“, sagte der 26-Jährige zu seinem sieben Jahre jüngeren Mitspieler.

Das Gedränge im Mittelfeld

Soll Sané gegen Costa Rica neben Musiala in die Startelf rücken, steht Flick vor der harten Entscheidung, wer dafür seinen Platz räumen muss. Neben Abräumer Joshua Kimmich scheint Leon Goretzka nach seinem bärenstarken Auftritt gegen Spanien gesetzt, womit es İlkay Gündoğan treffen könnte. Dabei schien der City-Kapitän bei dieser WM endlich in jener Führungsrolle aufzugehen, die er auf Klubebene schon lang ausstrahlt. Eigentlich hatte der 32-Jährige nach der EM 2021 bereits zurücktreten wollen, Flick aber wusste, was er als Taktgeber und Strategen an ihm hatte, und stimmte ihn um. Das Kippen der Partie gegen Japan stand für viele mit seiner Auswechslung in Zusammenhang.

Ilkay Gündogan
Ilkay Gündogan APA/AFP/INA FASSBENDER

Im deutschen Team hatte Gündoğan, dessen Großvater einst als Gastarbeiter aus Dursunbey ins Ruhrgebiet gekommen war, angesichts von Nebengeräuschen wie dem skandalträchtigen Erdoğan-Foto (mit Mesut Özil) und harter Konkurrenz stets einen vergleichsweise schweren Stand. Seine große Flexibilität – der beste deutsche Torschütze der Premier League fühlt sich fast überall auf dem Platz wohl – ist zugleich sein vielleicht größter Nachteil, denn so scheint Gündoğan in der Außenwahrnehmung auf keiner fixen Position unverzichtbar.
Er selbst ordnete seinen Einsatz im Entscheidungsspiel gegen Costa Rica dem größeren Ziel unter. „Ich glaube, dass wir jetzt im Turnier sind, wo wir sein wollten, und es jetzt nicht mehr um den Einzelnen geht, sondern um die Mannschaft.“