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Proteste nach Minister-Entlassung: Stoppt Netanjahu jetzt die Justizreform?

Weil sich die Lage in Israel immer weiter zuspitzt, könnte Ministerpräsident Netanjahu mit seinen Ministern einen Reformstopp beschlossen haben. Zu diesem hatte zuletzt auch Präsident Herzog aufgerufen. Und auch der Verteidigungsminister - woraufhin dieser seines Amtes enthoben wurde.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wird einem Medienbericht zufolge am Montagvormittag einen Stopp der umstrittenen Justizreform ankündigen. Das berichtet der Sender Kanal 12. Präsident Yitzhak Herzog rief zuvor die Regierung zum Einlenken auf. "Um der Einheit des israelischen Volkes willen, um der Verantwortung willen, fordere ich Sie auf, die Gesetzgebung sofort einzustellen", sagte er Montagfrüh. Die Menschen seien in tiefer Angst.

Netanjahu will sich Medienberichten zufolge Montagfrüh zur umstrittenen Justizreform äußern. Wie der öffentlich-rechtliche Sender Kan unter Berufung auf Quellen aus Netanjahus Umfeld berichtet, soll die Ansprache voraussichtlich um 10.00 Uhr Ortszeit (09.00 Uhr MESZ) sein. Das Büro des Regierungschefs wollte dies zunächst nicht bestätigen.

Sollte Netanjahu ein Einfrieren der Pläne bekannt geben, könnte dies in seiner rechts-religiösen Koalition zu massivem Protest führen. In der Nacht hatte sich Netanjahu mit mehreren Minister seiner Koalition beraten.

In der Früh gingen die Proteste vor dem Parlament in Jerusalem weiter. In Israel hat sich die politische Krise nach der Entlassung des Verteidigungsministers Joav Galant wegen dessen Kritik an einer höchst umstrittenen Justizreform dramatisch zugespitzt. Zehntausende Menschen strömten in der Nacht in Tel Aviv auf die Straße, um gegen die von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu angeordnete Entlassung und die Reformpläne seiner rechts-religiösen Regierung zu protestieren. Dabei kam es zu gewalttätigen Zusammenstößen mit der Polizei, die Wasserwerfer und Reiterstaffeln einsetzte.

Regierung will ihren Einfluss stärken

Gegen die Reform, mit der der Einfluss des Höchsten Gerichts beschnitten und die Machtposition der Regierung zulasten der unabhängigen Justiz gestärkt werden soll, gibt es seit Monaten heftige Proteste. Mit der Entlassung des Verteidigungsministers Yoav Galant erreichte der Streit am Wochenende einen vorläufigen Höhepunkt. In der Küstenmetropole Tel Aviv versammelten sich spontan Zehntausende, um gegen die Entscheidung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu protestieren. Sie blockierten die zentrale Straße nach Jerusalem.

Auch in anderen Städten Israels gab es in der Nacht Proteste. Demonstrierende versammelten sich etwa auch vor der Residenz Netanjahus in Jerusalem. Sie durchbrachen eine Straßensperre neben dem Wohnhaus des Regierungschefs. Proteste gab es zudem in der nördlichen Stadt Haifa und in Beer Scheva im Süden des Landes.

Justizreform verursacht Riss in Israels Regierung

Israels Verteidigungsminister, Yoav Gallant, rief dazu auf, das umstrittene Gesetzesvorhaben auf Eis zu legen. Daraufhin wurde er vom Premier entlassen. Mehr dazu. 

USA rufen zu Kompromiss auf

Die USA reagierten besorgt auf die Demonstrationen und riefen zu einem Kompromiss auf. "Wir sind tief besorgt über die heutigen Entwicklungen in Israel, die die dringende Notwendigkeit eines Kompromisses noch unterstreiche", teilte das Weiße Haus am Sonntagabend (Ortszeit) mit. Demokratische Werte seien immer ein Markenzeichen der Beziehungen zwischen den USA und Israel gewesen und müssten dies auch bleiben. Grundlegende Änderungen an einem demokratischen System - wie sie Israels Regierung mit einer Justizreform plant - sollten mit einer möglichst breiten Unterstützung durch die Bevölkerung angestrebt werden, hieß es weiter. "Wir fordern die israelische Führung weiterhin nachdrücklich auf, sobald wie möglich einen Kompromiss zu finden."

Der israelische Generalkonsul in New York, Asaf Zamir, legte aus Protest gegen die Entlassung Galants sein Amt nieder. Dies sei "eine gefährliche Entscheidung" gewesen, erklärte Zamir im Kurznachrichtendienst Twitter. Der Vorgang habe ihn zu der Einsicht gebracht, dass er "diese Regierung nicht länger repräsentieren kann".

Keine Kritik erlaubt?

Der bisherige Verteidigungsminister Galant hatte Samstagabend die eigene Regierung überraschend zum Dialog mit Kritikern aufgerufen. Galant warnte, dass die nationale Sicherheit schweren Schaden nehmen könnte. Hintergrund ist, dass zahlreiche Reservisten aus Protest gegen die Reform nicht zum Dienst erschienen. Darauf antwortete Netanjahu mit der Entlassung.

(APA/dpa/AFP)