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Kommentar zum Streit mit der Finanzkontrolle: Ueli, der Knecht des Milliardärs

Kommentar zum Streit mit der FinanzkontrolleUeli, der Knecht des Milliardärs

Statt die Steuergerechtigkeit zu fördern, ging der Finanzminister auf den obersten Aufpasser der Bundesverwaltung los. Das widerspricht dem Selbstbild des SVP-Magistraten.

So sieht sich SVP-Finanzminister Ueli Maurer am liebsten: Als Mann des Volkes. 

So sieht sich SVP-Finanzminister Ueli Maurer am liebsten: Als Mann des Volkes. 

Foto: Ennio Leanza (Keystone)

Ueli Maurer, der Anwalt des kleinen Mannes. In dieser Rolle sieht sich der Finanzminister am liebsten. Wo er eine Ungerechtigkeit wahrnimmt, ist der SVP-Magistrat zur Stelle. Etwa wenn es darum geht, überrissene Managerlöhne zu geisseln oder Freiheitsberaubung durch Corona-Schutzmassnahmen anzuprangern. 

Doch Ueli Maurer beherrscht auch eine andere Rolle. Etwa diejenige, sich schützend vor einen Milliardär zu werfen, wenn sich dieser durch allzu kritische Fragen zu seiner Pauschalbesteuerung bedrängt fühlt. Plötzlich rücken Steuergerechtigkeit und das gute Funktionieren des Staates in den Hintergrund.

Diesen frappanten Rollenwechsel hat Ueli Maurer im Fall des Waadtländer Unternehmers Frederik Paulsen hingelegt. Paulsen missfielen die Recherchen dieser Zeitung. Auch der kritische Blick von Michel Huissoud, dem Direktor der eidgenössischen Finanzkontrolle, auf sein Steuerregime passte ihm offenbar nicht. Nur so ist nachvollziehbar, dass sich Paulsen im Januar 2020 via seinen Anwalt an den Gesamtbundesrat wandte und diesen aufforderte, gegen Huissoud, den obersten Wächter über die Bundesverwaltung, ein Disziplinarverfahren zu eröffnen. 

Hat der Finanzminister nicht auch die Aufgabe, die Steuergerechtigkeit und einen fairen Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen zu fördern?

In seiner «Anzeige gegen Michel Huissoud» äusserte Paulsen seine Anliegen gegenüber der Schweizer Landesregierung ziemlich unverfroren. Der Bundesrat habe Huissoud ernannt, er könne ihn auch abberufen, heisst es im Schreiben. Und weiter: Gemäss geltendem Recht könne der Aufsichtsbehörde, also dem Bundesrat, jedermann Tatsachen melden, «wenn diese ein Einschreiten gegen eine Behörde von Amtes wegen und im öffentlichen Interesse erfordern».

Doch was war in dieser Situation im öffentlichen Interesse? Für Ueli Maurer war es, Paulsens Pauschalbesteuerung zu schützen und gegen Huissoud vorzugehen, indem er ihm ein Disziplinarverfahren androhte. Doch hätte Finanzminister Maurer nicht auch die Aufgabe, die allgemeine Steuergerechtigkeit zu fördern, divergierende Auffassungen beim Steuerrecht zu klären, um so einen fairen Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen zu garantieren und zu schauen, dass die Kantone die direkten Bundessteuern einheitlich eintreiben? 

Nach seiner Attacke auf Huissoud wirkt Ueli Maurer nun so, als stünde ihm der Milliardär näher als der Normalbürger, der brav seine Steuern zahlt. Das passt nicht zum Bild, das der Normalbürger von Ueli Maurer hat.

Philippe Reichen ist seit 2012 Westschweizkorrespondent mit Sitz in Lausanne. Er hat an den Universitäten in Zürich und Freiburg im Breisgau Geschichte, Philosophie und Allgemeines Staatsrecht studiert.Mehr Infos@PhilippeReichen

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