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Physik hinter dem Kaffee: Wovon es abhängt, ob ein Espresso lecker, dünn oder bitter schmeckt

Physik hinter dem KaffeeWovon es abhängt, ob ein Espresso lecker, dünn oder bitter schmeckt

Die Frage nach dem perfekten Genuss wird heiss diskutiert – endlich liefert die Wissenschaft eine Antwort. Es hat auch mit der Korngrösse des Kaffeepulvers zu tun.

Eine Tasse Espresso: Wie lässt sich auf die bestmögliche Weise Kaffee brauen?

Eine Tasse Espresso: Wie lässt sich auf die bestmögliche Weise Kaffee brauen?

Foto: Gaëtan Bally (Keystone)

Forschende um den Mathematiker William Lee von der University of Huddersfield haben einen offenbar entscheidenden Faktor für den perfekten Espresso ins Visier genommen: die sogenannte Extraktion, also das Herausziehen der löslichen Inhaltsstoffe aus den gemahlenen Kaffeebohnen. Sie findet statt, wenn Wasser unter Druck durch das Bett aus Kaffeepulver hindurchfliesst.

Wie die Forschenden nun im Fachblatt «Physics of Fluids» berichten, läuft diese Extraktion oft ungleichmässig ab. Und damit wird – für Mathematiker vermutlich ein Albtraum – das Ergebnis schwer berechenbar.

Das Espressobrauen mathematisch zu modellieren, ist nicht trivial, im Gegenteil: Kaffee gehört mit seinen mehr als 2000 Inhalts- und Aromastoffen zu den komplexesten Getränken, die es gibt. Beinahe ebenso schwierig ist es, mit einer Siebträgermaschine die besten Geschmacksnoten aus den Bohnen herauszukitzeln. Insgesamt sind 30 Prozent des Kaffees wasserlöslich, vor allem Koffein und ätherische Öle. Bei einem Espresso sollten jedoch nur 18 bis 22 Prozent extrahiert werden. Je nachdem, ob das Brauwasser zu langsam oder zu schnell durchgelaufen ist, schmeckt der Espresso entweder fad oder bitter, so Lee und Smith.

Bohnen nicht zu fein mahlen!

Um das zu verhindern, gibt es in der Praxis eine gängige Rezeptur: Ein Espresso-Shot wird aus gerösteten Bohnen der Robusta- oder der Arabica-Kaffeepflanze hergestellt, indem man 95 Grad Celsius heisses Wasser mit etwa zehnfachem Atmosphärendruck durch ein Bett aus fein – aber nicht zu fein! – gemahlenem Kaffeepulver presst. Nur ungefähr 25 Milliliter Wasser kommen in einen einfachen Espresso, Baristi empfehlen acht bis neun Gramm Pulver.

«Das optimale Verhältnis aus Espressopulver und Wasser liegt bei 1 zu 2,5», erklärt Felix Killmayer, Leiter der Dallmayr Academy in München, an der Barista-Kurse angeboten werden. «Die Durchflusszeit sollte 20 bis 30 Sekunden betragen.»

Zwei Wege für das Wasser

Um die Physik dahinter zu entschlüsseln, wählten die beiden Mathematiker nun ein vereinfachtes Modell: Es beruht auf nur zwei möglichen Pfaden, die das Wasser beim Durchfliessen nehmen kann. Den Pfaden wiesen sie einen unterschiedlichen Porositätsfaktor zu, das heisst: Das Kaffeepulver ist in einer der beiden Pfadregionen dichter gepackt als in der anderen.

Das Ergebnis: Die Ausbeute bei der Extraktion hängt von der Korngrösse ab. Demnach ist es dem Espressogenuss nicht zuträglich, wenn die Kaffeebohnen zu fein gemahlen werden. Zudem stiessen die beiden Wissenschaftler auf eine Art Kipppunkt im Kaffee. Fliesst das Wasser schnell durch das Pulver, zieht es die Aromastoffe schneller heraus, und dadurch wiederum sinkt der Durchflusswiderstand: eine Feedbackschleife.

Noch eines zeigen ihre Ergebnisse: Selbst wenn der Espresso gut schmeckt, wenn also die Gesamtausbeute der Extraktion auf dem richtigen Level zu liegen scheint, bedeutet das nicht unbedingt, dass der Brauprozess optimal war. Es könne sich auch um ein Zufallsprodukt aus unterentwickeltem und bitterem Kaffee handeln, sagt Lee. Die Wissenschaftler möchten deshalb ihr Modell weiter verbessern, um ein ungleichmässiges Durchfliessen verhindern zu können. Womöglich müsse man auf ein ausgewogenes Seitenverhältnis achten oder die Masse des Siebs verändern, um künftig noch besseren Kaffee zu kochen – und dabei noch Kaffeepulver zu sparen.

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