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Politisches Beben bei Regionalwahlen: Eine grosse Klatsche für Spaniens Linke

Politisches Beben bei RegionalwahlenEine grosse Klatsche für Spaniens Linke

Einst waren ihnen die grössten Städte sicher. Nun müssen die spanischen Linken zusehen, wie die Metropolen des Landes in die Hände der Rechten fallen – mit eindeutigem Ergebnis.

In der Region Madrid kann Isabel Díaz Ayuso vom konservativen Partido Popular (PP) künftig mit absoluter Mehrheit allein regieren. Parteichef Alberto Nunez Feijoo (Mitte) und Bürgermeister Jose Luis Martinez Almeida (rechts) feiern mit ihr. 

In der Region Madrid kann Isabel Díaz Ayuso vom konservativen Partido Popular (PP) künftig mit absoluter Mehrheit allein regieren. Parteichef Alberto Nunez Feijoo (Mitte) und Bürgermeister Jose Luis Martinez Almeida (rechts) feiern mit ihr. 

(Foto: Javier Soriano (AFP)

Ein solches Erdbeben hatten weder die Umfrage-Institute vorhergesehen, noch dürfte die spanische Regierung mit diesem Wahlausgang gerechnet haben. Wohl hatte man erwartet, dass es in manchen Städten ein knappes Ergebnis geben könnte, auch dass man vielleicht die eine oder andere Kommune an die Opposition verlieren könnte. Aber das Ergebnis, das nach diesem Wahlsonntag in Spanien feststeht, ist sehr viel eindeutiger: Es ist eine grosse Klatsche für Spaniens Linke.

36,6 Millionen Menschen waren an diesem Sonntag spanienweit zur Stimmabgabe aufgerufen. Gewählt wurden die Parlamente von zwölf der insgesamt 17 autonomen Regionen und die Stadträte und Bürgermeister aller 8131 Kommunen sowie der beiden autonomen Städte Ceuta und Melilla in Nordafrika. Die Abstimmung war ein Stimmungstest für die Parlamentswahl Ende des Jahres – entsprechend gross war das Engagement im Wahlkampf von Premier Pedro Sánchez und seinem Herausforderer Alberto Núñez Feijóo. Beide liessen keinen Zweifel daran, dass sie das Ergebnis persönlich nehmen würden.

So deutlich in zwei Blöcke geteilt wie lange nicht

Für Sánchez, der vielen als Hoffnungsträger der europäischen Sozialdemokratie gilt, ist es nun ein Denkzettel geworden. Besonders deutlich wird in den grössten Städten, wo die Sozialisten sich einst ihrer Anhängerschaft sicher sein konnten. Doch an diesem Sonntag fielen die sechs grössten Städte, jede einzelne von Spaniens Metropolen mit mehr als 500'000 Einwohnern, an die rechten Parteien. Madrid, Barcelona, Valencia, Sevilla, Zaragoza, Málaga – in keiner dieser Metropolen hat der Partido Socialista Obrero Español (PSOE) ein zufriedenstellendes Ergebnis eingefahren. Dabei sah es kurz vor der Wahl noch anders aus: Da hofften die Sozialisten nicht nur in Sevilla, der «Kathedrale des Sozialismus», auf eine Wiederwahl. Auch Barcelona hatte ihr Kandidat, Jaume Collboni, den Wahlsieg nach einem knappen Rennen mit der bisherigen linksalternativen Bürgermeisterin Ada Colau vor Augen.

Doch es kam anders. In Barcelona heisst der Wahlgewinner Xavier Trias. Der 76-Jährige trat als unabhängiger Kandidat für die konservative Unabhängigkeitspartei Junts an, der auch Carles Puigdemont angehört. Sozialist Collboni landete auf Platz zwei und Ada Colau rutschte knapp hinter ihm auf den dritten Platz in der Wählergunst ab. Das Erstarken der Rechten hat gerade in Katalonien noch eine weitere Komponente: Dort zieht die rechtsextreme Vox in sämtliche Parlamente der Provinzhauptstädte ein. Auch in der katalanischen Hauptstadt Barcelona werden künftig zwei Vox-Abgeordnete im Stadtrat sitzen.

Vox und der Partido Popular, der sich am Wahlabend in der Parteizentrale in Madrid als grosser Wahlsieger feiern liess, profitieren dabei auch vom Niedergang einer anderen Partei: Ciudadanos, bei der letzten Kommunalwahl noch ernstzunehmende liberale Kraft, ist von der Bildfläche verschwunden. Ihre Wähler sind vor allem zu den Konservativen abgewandert, in Teilen auch zu Vox und – in weit geringerem Ausmass – zu den Sozialisten. Ciudadanos war einst angetreten, um die harte Front zwischen Links- und Rechtsblock in Spanien zu queren, man wollte sich in der Mitte ansiedeln. Das Vorhaben ist gescheitert, Spanien ist nach diesem Wahlabend so deutlich in zwei Blöcke geteilt wie lange nicht mehr.

Der PP kam landesweit auf rund 32 Prozent, ein Plus von mehr als neun Prozentpunkten im Vergleich zur vergangenen Wahl 2019. Die Konservativen lösen damit die Sozialisten als stärkste Kraft auf Kommunalebene ab. Der PSOE kam auf gut 28 Prozent und verlor somit etwas mehr als einen Prozentpunkt.

Beobachter machten unter anderem das Desaster rund um das «Ja heisst Ja»-Gesetz für die Wahlniederlage verantwortlich.

Die Verluste der Sozialisten sind damit nicht so gross wie die Gewinne der Konservativen. Doch Beobachter und Kommentatoren werteten den Wahlausgang dennoch als wichtiges Signal für die Parlamentswahl Ende des Jahres. Die Sozialisten und ihr Koalitionspartner Podemos müssten dringend ihre Strategie für den Wahlkampf überdenken, hiess es etwa von der konservativen Tageszeitung El Mundo. Mehrere Beobachter machten unter anderem das Desaster rund um das «Ja heisst Ja»-Gesetz für die Wahlniederlage verantwortlich. Mit dem Gesetz unter Federführung der umstrittenen linkspopulistischen Gleichstellungsministerin Irene Montero wollte die Regierung Sánchez das Sexualstrafrecht reformieren. Es sollte ein feministisches Vorzeigeprojekt werden, doch Fehler in der Konzeption des Gesetzes mussten am Ende mit Hilfe der Opposition ausgebügelt werden, weil Podemos, Juniorpartner der Sozialisten, nicht zu einer Reform der Reform bereit war.

Erhielt Sánchez nun also die Strafe, die eigentlich seinem Koalitionspartner gebührt? Die Sozialisten müssen jedenfalls nicht nur in den grossen Städten Niederlagen verschmerzen. Auch in den autonomen Regionen Aragón, La Rioja, Extremadura, Kastilien-La Mancha, auf den Balearen und in der Region Valencia könnten künftig die Konservativen regieren. In Sachen Regierungsbildung kommt es nun darauf an, ob und wenn ja, wo der Partido Popular sich mit der rechtsextremen Vox zusammentut, um regieren zu können. Präzedenzfälle für derartige Bündnisse gibt es bereits: In der Region Kastilien-León regieren die Konservativen seit dem vorigen Jahr in einer Koalition mit den Ultrarechten; in Andalusien lässt man sich von ihr tolerieren.

In der Hauptstadtregion Madrid, wo die umstrittene Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso bisher mit Unterstützung von Vox regiert, gingen die Konservativen hingegen so gestärkt aus der Wahl, dass Ayuso künftig mit absoluter Mehrheit allein regieren kann. Ähnlich fiel das Ergebnis für José Luis Martínez-Almeida aus: Madrids konservativer Bürgermeister hält künftig ebenfalls die absolute Mehrheit im Rathaus. Ein Kantersieg in der Hauptstadt: Bei der Wahlparty im PP-Sitz in Madrid liessen sich entsprechend nicht nur die Lokalmatadore Ayuso und Almeida feiern, sondern auch PP-Chef Feijóo, der nun mit gestärktem Selbstbewusstsein in den Wahlkampf um das Amt des Ministerpräsidenten ziehen dürfte.

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